Die Nachricht von der Auflösung des Vereins Forum am Bahnhof (FAB), die der Vorstand beschlossenen hatte, kam für die Mitglieder überraschend und hat in deren Reihen für große Verwunderung gesorgt. In einem Mitgliederbrief, der von vier der sechs Vorstandsmitglieder unterzeichnet ist, schildert das Vorstandsteam um den Vorsitzenden Jörg Wisser nun seine Sicht der Dinge, die zur Entscheidung für die geplante Auflösung führten.

Das Gebeäude der ehemaligen Uhrenfabrik Staiger, in dem der Verein Forum am Bahnhof seit 2010 auch untergebracht ist. Nach dem Willen ...
Das Gebeäude der ehemaligen Uhrenfabrik Staiger, in dem der Verein Forum am Bahnhof seit 2010 auch untergebracht ist. Nach dem Willen des Vorsitzenden Jörg Wisser, der auch Inhaber des Gebäudes ist, soll der Verein aufgelöst werden, da er dem Verein die Räumlichkeiten nicht weiter zur Verfügung stellen will. | Bild: Sprich, Roland

In dem Schreiben, das dem SÜDKURIER vorliegt, werden demnach unter anderem haftpflichtversicherungstechnische Themen als Grund genannt. Ein weiterer sei, dass das Technik-Museum aufgrund von Corona bereits erhebliche Einbußen und Verluste zu verzeichnen habe. Daneben habe es in der Vergangenheit auch Auseinandersetzungen mit den Eisenbahngruppierungen gegeben. All diese Punkte hätten letztlich dazu geführt, „dass wir den Verein nicht mehr mit unterstützen und mit entwickeln können.“

Mehrere Funktionen

Jörg Wisser und seine Frau Susanne sind sowohl Vorsitzender beziehungsweise Schatzmeisterin im Verein Forum am Bahnhof als auch Eigentümer des Technik-Museums, das im ehemaligen Staiger-Gebäude in der Industriestraße, gegenüber des Bahnhofs, untergebracht ist.

Herzstück des Technik-Museums sind die zahlreichen Oldtimer und anderen technischen Errungenschaften aus vergangenen Jahrzehnten.
Herzstück des Technik-Museums sind die zahlreichen Oldtimer und anderen technischen Errungenschaften aus vergangenen Jahrzehnten. | Bild: Sprich, Roland

Die verschiedenen Eisenbahngruppierungen, auf die sich das Schreiben bezieht, sind inzwischen alle aus dem Fabrikgebäude ausgezogen. Darunter ist auch die Gruppe von Hans-Jürgen Götz, der aktuell Beisitzer im Vorstand ist. Gegen ihn persönlich richten sich auch Behauptungen, die Götz auf Nachfrage unserer Zeitung als „haltlose Unterstellungen“ kommentiert.

Vereinsvermögen im Blick?

So wird in dem Schreiben unterstellt, dass Götz es auf das Vereinsvermögen abgesehen habe. Und er im Falle, dass der Verein nicht aufgelöst werde und der amtierende Vorstand daraufhin zurücktreten würde, zusammen mit anderen Mitgliedern der Eisenbahngruppierung den Vorstand stellen und so an das Vereinsvermögen gelangen würde. Diese Behauptung weist Götz entschieden zurück. „Ich habe keinerlei Ansinnen und stehe für ein Vorstandsamt definitiv nicht zur Verfügung“, macht er deutlich.

Dutzende alte Fahrzeuge sind im Technik-Museum zu bestaunen. Andere Komponenten wie verschiedene Eisenbahngruppierungen, die den Besuch ...
Dutzende alte Fahrzeuge sind im Technik-Museum zu bestaunen. Andere Komponenten wie verschiedene Eisenbahngruppierungen, die den Besuch des Museums abwechslungsreich machten, sind inzwischen aufgrund von Querelen mit dem Gebäudebesitzer längst ausgezogen. | Bild: Sprich, Roland

Auch wird in dem Schreiben die Befürchtung geäußert, dass sich der Vereinsschwerpunkt auf das Thema Modelleisenbahn verlagern würde, wonach der ursprüngliche Vereinszweck nicht mehr gegeben sei und allein schon deshalb sowohl eine Namens- als auch eine Satzungsänderung notwendig wäre. Auch der örtliche Fortbestand sei ungeklärt, nachdem Jörg Wisser als Gebäudeeigentümer dem Verein die Räumlichkeiten gekündigt hat. Da der Verein sich in den elf Jahren seines Bestehens ein finanzielles Polster angelegt habe, sei „die Motivation nachvollziehbar, dass Götz an einem Fortbestehen des Vereins interessiert ist“, so die Formulierung.

Auflösung „alternativlos“

Da bislang niemand einen Plan vorlegen könne, wie es mit dem Verein weitergehen könnte, sei deshalb „die alternativlose Auflösung des Vereins die logische Konsequenz, um den Querelen ein Ende zu bereiten und unsere Energie in die Fortführung unserer Aktivitäten im Museum zu stecken.“

Transparentes Verfahren für Mitglieder gefordert

Hans-Jürgen Götz ist über die Behauptungen wenig verwundert. „Das ist inzwischen Stil der Familie Wisser“, sagt er enttäuscht. Zu den Behauptungen, dass er lediglich am Thema Modelleisenbahn interessiert sei, sagt Götz, dass er „selbst drei Oldtimerfahrzeuge habe und der Verein deswegen für mich so perfekt war, weil hier sowohl Oldtimer als auch Modelleisenbahn und Technik unter einem Dach vereint sind.“ Dass er sich gegen die Vorgehensweise des Vorstands wehrt, habe damit zu tun, „dass ich für die Mitglieder ein transparentes Verfahren erreichen möchte, wo die Mitglieder in einer Präsenz-Hauptversammlung die Dinge nachverfolgen können.“

Nicht einverstanden

Neben Götz ist auch Lutz Henselmann, dritter Vorsitzender im Verein Forum am Bahnhof, mit dem aktuellen Verfahren des Vorstands nicht einverstanden. „Als die Mitglieder von dem Auflösungsvorhaben erfuhren, stand mein Telefon zwei Tage nicht still. Unter den Mitgliedern herrscht völliges Unverständnis über diese Entscheidung, die wollen wissen, was los ist.“

„Kein Interesse an Schlichtung“

Den Versuch, eine Schlichtung herbei zu führen, lehnt Jörg Wisser offenbar ab. „Er hat an einer Schlichtung kein Interesse“, fasst Henselmann das Ergebnis eines Gesprächs zwischen ihm und dem Vorsitzenden zusammen.

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In dem Gespräch habe sich Wisser auch darüber beklagt, dass das, was er in den vergangenen zehn Jahren seit Bestehen des Vereins für die St. Georgener Kulturlandschaft geleistet habe, von den Mitgliedern offenbar zu gering wertgeschätzt worden sei. „Keine Frage, er hat mit dem Aufbau des Museums sehr viel geleistet, das will ihm niemand absprechen“, so Henselmann. Doch gleichzeitig könne man auch anfügen, dass die Leistung der Mitglieder, die unzählige Arbeitsstunden in die Renovierung des Fabrikgebäudes investiert haben, ebenso wenig gewürdigt worden sei.

Jörg und Susanne Wisser haben auf eine Anfrage des SÜDKURIER und die Bitte um eine Stellungnahme nicht reagiert.