Ein unglücklich formulierter Elternbrief bezüglich eines sexualpädagogischen Konzepts sorgte jüngst für einen Aufschrei bei Eltern von Kindern im katholischen Kindergarten „Maria Königin“ in Tennenbronn. Inzwischen scheint dort wieder Ruhe eingekehrt, wie die Kindergartengeschäftsführung mitteilt. Man habe einen Konsens mit den Eltern gefunden, und setze auf künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit
Konkret heißt das, dass die Kindergartenleitung Abstand davon nimmt, dass ein separater Raum eingerichtet werden sollte, damit Kinder dort ungestört auf „Entdeckungsreise ihres Körpers“ gehen können.

Der sexualpädagogische Inhalt ist ein Teil eines umfangreichen Kinderschutzkonzepts des 2012 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetzes, das bis Ende vergangenen Jahres von den Kindertageseinrichtungen erarbeitet wurde und jetzt umgesetzt werden muss.
Konzept in St. Georgen bereits erarbeitet
In den vier städtischen Kindertageseinrichtungen in St. Georgen ist man vor dem Zeitplan. „Wir haben bereits vor fünf Jahren im Kinder- und Familienzentrum Weidenbächle mit der Erarbeitung eines Schutzkonzeptes begonnen. Heute liegt das Schutzkonzept in allen städtischen Einrichtungen vor“, erklärt Markus Esterle, verantwortlich für den Bereich Bildung und Soziales bei der Stadt St. Georgen.
Die Schutzkonzepte als Teil des gesetzlichen Schutzauftrags sind im Kern gleich und werden auf die jeweiligen Einrichtungen und deren Gegebenheiten individuell angepasst.
Es geht um den Schutz der Kinder
Mit Martina Obergfell, Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Weidenbächle, steht der Stadt zudem eine „erfahrene Fachkraft für Kindswohlgefährdung zur Verfügung“, wie Esterle sagt. Obergfell gehört zu einem speziell geschulten Personenkreis, die in psychologischen oder pädagogischen Bereichen im Schwarzwald-Baar-Kreis arbeiten, über umfangreiches Fachwissen im Kinder- und Jugendschutz verfügen und die Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung beurteilen und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen in die Wege leiten können.
In dem Schutzkonzept ist unter anderem geregelt, wie Kinder vor Gewalt geschützt werden und welche präventiven Maßnahmen vorgenommen werden können und wie Kindergartenpersonal angemessen reagiert.
„Laut Erhebungen ist jedes fünfte Kind in einer Kindertageseinrichtung Opfer von Gewalt“, nennt Martina Obergfell erschreckende Zahlen. Dabei geht es um Gewalt in der Familie. Die muss nicht immer körperlich sein. Auch seelische Gewalt, beispielsweise Beschimpfungen, Zurückweisung und Ablehnung durch die Eltern sowie sexuelle Übergriffe fließen in die Erhebung mit ein.
Kinder fragen ab und an nach
Auf das sexualpädagogische Konzept angesprochen, das in Tennenbronn für Aufschrei sorgte, sagt Martina Obergfell, dass es immer mal vorkomme, dass sich Kinder für das andere Geschlecht interessieren. In dem Schutzkonzept sei definiert, wie die Erzieherinnen diesbezüglich mit Fragen umgehen, etwa, wo die Babys herkommen.
„Hier haben wir verschiedene Materialien wie Bücher“, sagt Obergfell. Sie betont, dass auf die Fragen kindgerecht eingegangen werde. „Wir machen hier keine Aufklärung wie bei Pubertierenden. Und es gibt in sämtlichen städtischen Einrichtungen keinen gesonderten Raum für ‚Doktorspiele‘.“