Wo früher mittags durchgehend geöffnet war oder es einen Ruhetag die Woche gab, sieht es jetzt plötzlich so aus: Zwei Tage die Woche zu, Mittagspause von 14 bis 17 Uhr, geöffnet nur noch an drei Abenden in der Woche. Im „Seehaus“ und im Gasthaus „Zur Stadt Frankfurt“ kämpfen die Wirte aktuell nicht mehr nur damit, die Corona-Folgen zu nivellieren. Sondern auch gegen den Personalmangel. Mit gelinde gesagt eher mäßigem Erfolg. Wenn überhaupt. Im Klimperkasten wird bereits darüber nachgedacht, möglicherweise wieder ganz zuzumachen, wenn die 2G-Regelung kommt.
„Zur Stadt Frankfurt“
Seit mehreren Wochen sucht Wolfram Morat für sein Restaurant „Zur Stadt Frankfurt“ eine Bedienung und eine Küchenhilfe. Bewerbungen, die seitdem eingegangen sind: Null. „Es hat sich keiner gemeldet“, sagt Morat. Er klingt nicht mal überrascht. Das Problem ist nicht neu für ihn. Es ist nur schlimmer geworden: „Jemand neues zu finden, war noch nie so schwer.“

Anders als manche Kollegen sieht er aber nicht, dass es durch Corona schlimmer geworden wäre. „Das Problem, Mitarbeiter zu finden, hat sich durch Corona nicht verschärft.“ Es war einfach schon immer da. Auch er hat Personal in den vergangenen Monaten verloren. Aber aus anderen Gründen. Einmal ein Umzug, einmal konnte die Teilzeitstelle aufgestockt werden und der Nebenjob wurde überflüssig.
Lohnerhöhung sieht er kritisch
Die Öffnungszeiten sind bereits seit längerem reduziert. Dienstag und Mittwoch sind Ruhetage. Morat arbeitet als Koch in der Küche. Er hat eine Küchenhilfe. „Fällt die aus, sind 50 Prozent weg“, sagt Morat. Irgendwie schaffe er es trotzdem. „Dann wird der Tag halt länger“, sagt er. Zu sagen, man müsse einfach die Löhne erhöhen, dann wäre das Problem gelöst, das sieht Morat kritisch. „Dann müsste ich auch die Möglichkeit bekommen, die höheren Löhne zu bezahlen, ohne die Preise unverhältnismäßig hoch zu setzen.“
Was, wenn er niemanden mehr findet? Gibt es noch mehr Ruhetage? Das wohl eher nicht, sagt Morat. Aber, wenn er keine zweite Bedienung findet, kann es sein, dass er nicht mehr so viele Gesellschaften annehmen kann oder auch Sonntagmittag die Zahl der Gäste reduzieren muss.
Und jetzt? Wie geht es weiter? „Aufgeben kann ich nicht“, sagt er. „Ich hoffe, dass sich irgendwann jemand meldet.“
„Klimperkasten“
Sie hatten es sich anders vorgestellt. Er und sein Bruder Uwe. Als sie nach Monaten der Zwangspause wieder öffnen konnten, dachte sie, es würde wie früher werden. Oder zumindest annähernd so.
„Wir haben keine Mitarbeiter mehr, wir haben aber auch keine Arbeit mehr.“Andreas Reich, „Klimperkasten“
Und dann saßen Abend für Abend mal zwei, mal drei, mal fünf Gäste da. „Das war einfach nicht mehr wirtschaftlich“, sagt Reich. Darum haben sie jetzt nur noch an drei Abenden am Wochenende offen. Da kommen dann immerhin etwa die Hälfte der Gäste, die sie vor Corona hatten. Entlassen mussten sie niemanden. „Die sind alle selber gegangen“, sagt Reich. Er hat die Aufhebungsverträge aufgesetzt. Er war niemandem böse. Im Gegenteil. Er konnte es nur zu gut verstehen.
„Die Verluste zu minimieren, das ist unser Ziel.“Andreas Reich, „Klimperkasten“
„Wir versuchen es, um die Verluste zu minimieren“, sagt Reich. An den Tagen an denen geschlossen ist sparen sie schließlich auch Personalkosten, Stromkosten, etc. So lange sie es so schaffen, bleibt der Klimperkasten geöffnet. Wird es irgendwann eine 2G-Regelung geben oder auch wenn jetzt bereits die Tests selber bezahlt werden müssen – dann stellen sie das ganze wieder auf den Prüfstand. Kommen zu wenig Gäste, machen sie ganz zu.
Saisongeschäft bleibt als Notlösung
Und dann? Wird danach wieder aufgemacht? „Wann danach?“, fragt Reich. Es wisse doch keiner, wie lange es noch dauert. Aber ja, sie werden versuchen, den Klimperkasten wieder neu aufzumachen. „Vielleicht machen wir ein Saisongeschäft daraus“, sagt Reich. Von Mai bis September. „Die Biergartensaison läuft immer gut.“
Andreas Reich hat so ein Gefühl. Am Ende kamen ihnen nicht nur die Gäste abhanden. Die Corona-Pandemie hat auch die Gäste verändert. „Hier in unserer Kneipe kommt es auf Nähe an, man sitzt zusammen und ist gesellig.“ Das ist alles weg. Die Leute, sagt Reich, haben ihre Gewohnheiten geändert in den vergangenen zwei Jahren. „Die haben jetzt den Stammtisch in der Garage.“ Irgendwann, ja. Irgendwann werde es vielleicht wieder wie früher werden. Aber wer weiß das schon genau?
„Seehaus“
Karin Szczygiol, Chefin im Seehaus, fehlt eigentlich nicht viel. „Eine einzige Vollzeitkraft würde schon reichen.“ Sie hat über Wochen einen Aushang an der Tür gehabt, in allen sozialen Netzwerken gepostet, es in ihren Whats-App-Status geschrieben. Die Resonanz: Nichts. „Es gab keine einzige Bewerbung.“ Also haben sie jetzt Montag und Dienstag geschlossen. Und eine Mittagspause einführen müssen. „Von 14 bis 17 Uhr haben wir zu.“ Nur so können die Ruhezeiten für die Mitarbeiter eingehalten werden.
Wählerisch bei den Arbeitszeiten
Das es ein Problem ist, kein Personal zu haben, liegt auf der Hand. Mitunter ist es aber auch ein Problem, selbst wenn Personal da ist. „Man hat Personal, aber das möchte nicht abends, oder am Wochenende arbeiten“, sagt Szczygiol. Zwei Arbeitskräfte kamen ihr durch die Corona-Pandemie abhanden, die arbeiten jetzt in anderen Bereichen. „Es war schon immer schwer in der Gastronomie gutes Personal zu finden“, sagt sie. „Das Problem hat sich jetzt aber noch verschärft.“

Szczygiol hadert nicht damit. Was würde es auch bringen? „Man muss halt das beste draus machen.“ In ihrem Fall zwei Ruhetage und eine lange Mittagspause.