Politischer Farbenwechsel im Villinger Rathaus: Nach 16-jähriger Amtszeit des Sozialdemokraten Rupert Kubon (61) tritt zum 1. Januar 2019 ein CDU-Mann dessen Nachfolge an. Die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters hat am en Sonntag Jürgen Roth, 55-jähriger Bürgermeister der Nachbargemeinde Tuningen, für sich entschieden. Er erreichte 53,7 Prozent der Stimmen und distanzierte klar seinen härtesten Konkurrenten, den von SPD und Grünen unterstützten Jörg Röber, der auf 39,3 Prozent kam.

Bild 1: Der neue Oberbürgermeister der Stadt heißt Jürgen Roth
Bild: Hans-Jürgen Götz

Gespannt verfolgten zahlreiche Bürger vor dem Villinger Rathaus und auf der SÜDKURIER-Wahlparty im Foyer des Franziskaner Kulturzentrums – kommentiert von Politikprofessor Ulrich Eith und SÜDKURIER-Redaktionsleiter Norbert Trippl – auf Großleinwänden die Zwischenergebnisse der Auszählung. Um 19.15 Uhr war alles gelaufen – und eine Überraschung ausgeblieben. Jürgen Roth, der bereits den ersten Wahlgang vor 14 Tagen mit 48,3 Prozent der Stimmen klar dominiert, aber die absolute Mehrheit von 50 Prozent knapp verfehlt hatte, machte alles klar. Jörg Röber (38), seit zweieinhalb Jahren Leiter des OB-Referats der Stadtverwaltung, konnte das Blatt im zweiten Wahlgang nicht mehr entscheidend wenden.

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Die drittplatzierte Kandidatin Marina Kloiber-Jung (36), die im ersten Wahlgang noch auf 12,2 Prozent der Stimmen kam, wurde durch das polarisierende Duell der beiden Favoriten im zweiten Wahlgang ziemlich zerrieben. Ihr Stimmergebnis aus dem ersten Wahlgang wurde nahezu halbiert, sie kam gerade noch auf 6,3 Prozent der Stimmen. Die zwei weiteren Bewerber Cem Yazici (0,5 Prozent), der Wirt aus Schwenningen, und OB-Dauerkandidatin Fridi Miller (0,2 Prozent) aus Sindelfingen spielten keine Rolle.

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Auf dem Münsterplatz vor dem Villinger Rathaus hatten sich viele hundert Menschen versammelt und warteten gespannt auf die amtliche Verkündigung des Wahlergebnisses durch OB Kubon. Dieser äußerte sein Bedauern, dass es nicht gelungen sei, die Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang noch einmal "noch vorne zu bringen". Nur 40,9 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimmen ab. Vor 14 Tagen waren es noch 42,3 Prozent. Sein artiger Glückwunsch an den Wahlsieger Roth kam Rupert Kubon recht hölzern über die Lippen. Es ist kein Geheimnis, dass der CDU-Mann Roth nicht Kubons Wunschnachfolger gewesen ist, sondern sein persönlicher Referent Jörg Röber (parteilos). Jürgen Roth hatte seine Wahlkampf in klarer Abgrenzung zur Politik Kubons akzentuiert.

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Mit diesem Amtswechsel auf dem Rathaus-Chefsessel bleibt Villingen-Schwenningen seinem Wechselspiel von Rot zu Schwarz treu. Nach dem langjährigen Sozialdemokraten Gerhard Gebauer (1972-1994), dem Architekten der Doppelstadt, folgte für eine Wahlperiode der CDU-Mann Manfred Matusza (1995-2002), bevor Sozialdemokrat Kubon für zwei Amtszeiten das Zepter übernahm.

Dass Villingen-Schwenningen, 1972 aus zwei selbständigen Städten fusioniert, noch immer ein heterogenes Gebilde ist, unterstreicht auch das Wahlergebnis vom Sonntag. Jürgen Roth, ein gebürtiger Villinger, verdankt seinen Sieg kurioser Weise vor allem den Wählern in Schwenningen. Dort räumte er mit 61,4 Prozent der Stimmen noch mächtiger ab als im ersten Wahlgang vor zwei Wochen. Sein Gegenspieler Jörg Röber kam nur auf 33,0 Prozent. Im badischen Stadtbezirk Villingen ging es indes weitaus knapper zu. Hier kam Jörg Röber mit 45,6 Prozent fast an Roth heran, der es in seiner Heimatstadt auf 47,2 Prozent brachte. Damit haben die Schwenninger Wähler, wie schon bei der Wahl Kubons 2003 und 2010, den Ausgang entscheidend beeinflusst.

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Das klare Ergebnis für Roth vor allem in Schwenningen wird von vielen Beobachtern unter anderem auf eine negative Stimmung gegen Amtsinhaber Rupert Kubon gedeutet. Dieser hatte sich in politischen Kreisen Schwenningens zuletzt unbeliebt gemacht, weil er die Zentralisierung der Stadtverwaltung auf einem Kasernengelände in Villingen vorantreibt. Diese negative Grundstimmung war wohl eine größere politische Hypothek für den promovierten Politik- und Verwaltungswissenschaftler Jörg Röber, den viele Wähler als Kubons politischen Zögling betrachteten. Nach 16 Jahren Kubon machte sich eine Wechselstimmung breit, die Jürgen Roth geschickt zu nutzen verstand.

Er wurde vor dem Villinger Rathaus von einer großen Menschenmenge kräftig bejubelt. Ebenso gratulierte zahlreiche politischer Prominenz aus der Region, darunter viele von Roths Bürgermeisterkollegen aus den Umlandgemeinden. Mit dem "Badnerlied" gratulierte die Stadt- und Bürgerwehrmusik dem neuen Stadtoberhaupt. Roth sprach von einem "klaren Ergebnis", das ihm Kraft gebe, die großen Aufgaben der nächsten Jahre anzugehen. Der Wahlsieger bedankte sich namentlich bei seinen Mitbewerbern Jörg Röber und Marina Kloiber-Jung herzlich "für den fairen Wahlkampf". Röber nahm die Niederlage sehr gefasst und gratulierte Roth als erster, gefolgt von Marina Kloiber-Jung.