Es sind absolut außergewöhnliche Zeiten: Die Corona-Krise greift immer stärker in das Leben der Menschen ein und auch in der Doppelstadt sind die Auswirkungen der Landesverordnung massiv zu spüren. Fast alle Geschäfte haben geschlossen, in der Stadt sind kaum mehr Menschen unterwegs. Über die konkreten Vorgaben und wie die Stadt diese umsetzt, hat Pressesprecherin Oxana Brunner informiert. Die Kindergartengebühren werden für die Zeit, in der Eltern ihre Kinder zuhause betreuen müssen, nicht erhoben.
Kontrollen
„Oberste Priorität hat im Moment die Umsetzung der Rechtsverordnung der Landesregierung.“ Da diese aber in nicht allen Punkten klar formuliert ist, sei das eine schwierige Angelegenheit, vor allem in einer Stadt mit 86 000 Einwohnern. Um die Verordnung umzusetzen, seinen viele Kontrollen notwendig. „Hier hat uns zum Glück die Polizei schon unterstützt und hat beispielsweise die Fitness-Studios kontrolliert.“ Die acht Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes seien ebenfalls pausenlos im Einsatz, um die Einhaltung der neuen Beschränkungen zu kontrollieren. „Allerdings sind die Kollegen oft krassen Beschimpfungen ausgesetzt“, so Brunner.
Sie betont: „Wir alle wissen, dass die Lage neu und drastisch ist und dass bei vielen Menschen gerade die Existenz gefährdet ist.

Aber die Mitarbeiter erledigen nur ihren Job.“ Die Stadt muss die Umsetzung der Landesverordnung kontrollieren und wenn sie Verstöße feststellt, muss der Kommunale Ordnungsdienst Anzeige erstatten. „Das geht dann an die Staatsanwaltschaft und wir haben ganz klar die Strafverfolgungspflicht.“

Allerdings stoße die Stadt mit dieser Aufgabe im Moment an ihre Grenzen: „Wir haben mehr als 400 Gaststätten, umzählige Spielplätze, Bolzplätze, Freizeiteinrichtungen“, zählt Brunner auf. Man müsse an jedem Spielplatz ein Schild aufstellen, dass dieser aktuell gesperrt ist. Man sei mit voller Mannschaft dabei, dies alles zeitnah umzusetzen.
Mitarbeiter umschichten
Intensiv prüfen die Ämtern, in wieweit Mitarbeiter in anderen Bereichen tätig werden können. Nicht alle Erzieherinnen seien in den Notgruppen tätig. „Im Moment machen sie noch Dienst ohne Kinder, dann prüfen wir den Einsatz in anderen Bereichen und das letzte Szenario wäre die Freistellung“, betont Oxana Brunner. Klar sei aber auch, dass im Kommunalen Ordnungsdienst nur entsprechend ausgebildete und geschulte Mitarbeiter eingesetzt werden können. Im Moment sind 125 Kinder in der Notbetreuung in 35 Kindertageseinrichtungen untergebracht und 17 in der Tagespflege. Im Schulbereich sind es nur 28 Schüler, die betreut werden, davon alleine 10 an der Gartenschule in Schwenningen. Am Mittwochabend hat die Verwaltung bekannt gegeben, dass für die Zeit, in der die Kindertagesbetreuung entfällt, keine Beiträge erhoben werden. Diese Entscheidung zugunsten der Familien bedeute für viele sicher eine finanzielle Erleichterung, so Roth. Allerdings sei bei der Summe, um die es insgesamt geht, der Gemeinderat zuständig. Roth hofft hier auf eine Lösung im Sinne der Eltern. Familien, die die Notfall-Betreuung in Anspruch nehmen, müssen ihre regulären Beiträge für die Betreuung entrichten.
Keine Trauerfeiern mehr
Krasse Auswirkungen hat das Coronavirus auch auf Bestattungen: Waren bislang noch Trauerfeiern möglich, sind dies ab sofort auch verboten. „Erlaubt ist nur eine Beisetzung direkt am Grab im engsten Familienkreis“, erklärt Oxana Brunner. Hier sind maximal 20 Personen erlaubt und diese müssen exakte Vorgaben beim Abstand einhalten. Auch der Abschied von den Verstorbenen ist nur für enge Familienmitglieder möglich, auch für die Aufbahrungsräume gelten strenge Regeln.
Viele offene Fragen
Da die Landesverordnung in einigen Bereichen sehr unklar ausformuliert ist, will jetzt das Landratsamt versuchen, diese Lücken einheitlich zu schließen. „Was ist beispielsweise mit Nagelstudios, Tattoo-Läden oder Hörgeräte-Geschäften“, so Angelika Sautter vom Kreis-Ordnungsamt. Werden diese als Einzelhandel, Dienstleister oder Handwerker eingestuft – dies sei jetzt kreisweit zu klären. Wie Oxana Brunner ausführt, dürfte die Eisdiele geöffnet bleiben, wenn sie auch Speisen anbietet.
Videoansprache des OB
Erstmalig hat sich Oberbürgermeister Jürgen Roth auf der Internetseite und über den Facebook-Kanal der Stadt im Zuge der Corona-Krise mit einer Ansprache an die Bürger gewandt. Er erläutert die in der Nacht auf Mittwoch in Kraft getretene Verordnung des Landes mit den verfügten Einschränkungen des öffentlichen Lebens. „Wir werden viele Einschränkungen erdulden müssen in unserer Solidargemeinschaft“, betont der OB. „Wir werden trotzdem spazieren gehen können und Sie können auch mit dem Hund Gassi gehen“, versichert er. Die Einschränkungen umfassten viele Details und die Stadtverwaltung stehe den Bürgern für alle Fragen zur Verfügung. Roth: „Die Versorgung in Villingen-Schwenningen war, ist und wird gesichert bleiben.“ Die Menschen sollten jetzt mit ihren Mitbürgern „gut und solidarisch umgehen“, um sich selbst und die Schwachen zu schützen. In nächster Zeit will sich der Oberbürgermeister immer wieder per Video-Botschaft an die Bürger wenden und so hat er schon am Mittwochabend eine neue Botschaft gepostet, in der sich mit den Kindergarten-Gebühren beschäftigt hat.
Mangelware Desinfektionsmittel
Die Apotheken in der Stadt verzeichneten einen Kundenansturm. „Die Nachfrage war allgemein sehr hoch, viele haben sich noch einen Medikamentenvorrat geholt“, berichtet Apotheker Carsten Orth von der Schwarzwald-Apotheke in der Niederen Straße. Stark nachgefragt war das Schmerz- und Fiebermittel Paracetamol, nachdem die Weltgesundheitsorganisation WHO die Empfehlung abgegeben hatte, auf das vergleichbare Produkt Ibuprofen zu verzichten. Ebenfalls stark gefragt war auch das von Apotheker Carsten Orth selbst hergestellte Desinfektionsmittel. Orth erläutert dazu, dass von den Lieferanten derzeit keine original Desinfektionsmittel zu bekommen seien. Da er selbst noch größere Mengen 96-prozentigen Alkohol im Keller bevorratet hatte, entschloss er sich, mit seinem Team daraus Desinfektionsmittel herzustellen, sogar in Zusatzschichten und sonntags. Er belieferte damit Arztpraxen und verkaufte das Mittel auch in der Apotheke. Eine Kundin hatte sich beim SÜDKURIER über den hohen Preis beschwert: Dass er für 100 Milliliter 6,99 Euro verlangt, sei kein Wucher, betont er. Die Fläschchen und der Alkohol seien teuer, die Mitarbeiter müssten bezahlt werden, „da bleibt nicht viel Gewinn übrig“. Die Rückmeldungen der Kunden, die andernorts keine Mittel bekommen haben, seien überwiegend positiv.