Der neue Oberbürgermeister hat Kassensturz machen lassen im Rathaus. Die Bewertungen und die Ergebnisse, welche die Ämter zusammengetragen haben, sind bestürzend. Über eine Milliarde Euro beträgt der Sanierungsstau in Villingen-Schwenningen. Übersetzt heißt das: Soviel Geld bräuchte VS jetzt in der Kasse, um alles, was baufällig, porös, altersschwach oder erneuerungsbedürftig ist, erledigen zu lassen. Über eine Milliarde Euro – ein Schock. Keine Frage.
Dieser Riesenberg an Dingen, die eigentlich erledigt werden sollten, türmt sich allerdings nicht völlig aus dem Nichts auf. Immer wieder gab es Stimmen auch aus den Reihen der Räte, die exakt nach dem Gesamtumfang dringender Sanierungen gefragt haben – und die teils von Ratskollegen anderer Fraktionen verhöhnt wurden ob ihrer Bedenken.
Auch der Umstand, dass viele Bürger seit vielen Jahren Straßensanierungen einfordern, ist ein Zeichen dafür, dass diese Themen nun nicht plötzlich unerwartet hinter den Aktenschränken in den Amtsstuben hervorkippen. Erschreckend sind heute allerdings die Dimensionen der Malaise: 980 Millionen Euro nur für die Straßensanierungen, das ist eine Aufgabe für Jahrzehnte – die man, bitteschön, nun endlich auch einmal anpacken und vor allem koordiniert umsetzen sollte. Irritierende Vorgänge wie eine sich bis heute seit Jahren hinziehende Sanierung der Waldstraße sind ein Unding – für alle Beteiligten.
Es kann bei diesem Thema aber nun nicht um Vergangenheitsbewältigung gehen. Die Stadt muss, gerade angesichts dieser Umstände, konzentriert nach vorne schauen. Es wird die große Aufgabe des neuen Gemeinderates sein – unter dem Vorsitz seines neuen Oberbürgermeisters als Mitglied dieses Gremiums – hier eine konzertierte Aktion zu starten und diese über, im Falle der Straßen, mindestens die nächsten zehn Jahre zu planen. Wie schwierig diese Herausforderung ist, macht eine Fragestellung deutlich: Gibt es genügend Baufirmen, die diese Arbeiten ordentlich ausführen können? Die Antwort heißt nein. Nicht nur die Kommune VS stellt fest, dass Ausschreibungen solcher Arbeiten oft nur von einem Anbieter angeboten werden. Ein Umstand, der sich wiederum auf das Preisniveau dieser Arbeiten niederschlägt. Es steigt seit Jahren rapide. Und: Auch dies sei nicht verschwiegen: Günstiger werden diese Arbeiten in den kommenden zehn Jahren sicherlich nicht.
Die Botschaft hinter der Nachricht von Mittwoch, 10. April 2019 ist: Der bereits beschlossene Haushalt für dieses Jahr wird noch einmal aufgeschnürt. Das ist gut und richtig und muss für kein Projekt einen Nachteil bedeuten. Es wird darum gehen, mit Prioritäten die Dinge zu erledigen. Schritt für Schritt, was bezahlbar ist – und mit viel Geduld.
Roth hat mit seiner Präsentation zur Finanzlage auch markiert, wie er das Rathaus übernommen hat. Nun aber muss er Führung zeigen. Enorm schwierige Entscheidungen stehen an, es könnte zu politischen Verteilungskämpfen kommen. Deutlich wird dies wieder anhand einer einfachen Fragestellung: Was ist zu priorisieren, weil wichtiger: Kindergärten- oder Schulsanierungen? Und wie viel Straßen Reparatur kann sich die Stadt dann noch leisten? Mit Hauen und Stechen, wie oft in den letzten Jahren, kommt VS nicht voran. Das ist eine der Lehren zum Lagebericht in der Stadtkasse.