Hans-Georg Voss und seinem Nachbarn Gerhard Schempp sind sie ein Dorn im Auge: Die drei Hochbeete, die seit drei Tagen vor Voss Haus in der Turmgasse in Villingen stehen. „Wir sind der Meinung, dass die Stadt wenig Sensibilität für das hiesige, historische Kleinod gezeigt hat“, sagt Voss. Bei den Verantwortlichen fehle offensichtlich das Gespür für eine gewisse Ästhetik. Mit „historischem Kleinod“ meint Voss das Ensemble aus alten Häusern, Garten und Romäusbrunnen in der Nähe des Romäusturms.

Die Hochbeete in der Turmgasse gehören zum Urban-Gardening-Projekt „Gemeinsam Gärtnern in VS“ des Amts für Straßenbau, Stadtgrün und Altlasten. An mehreren Standorten wurden in den vergangenen zwei Wochen Hochbeete aufgestellt, die nun von Hobbygärtnern bepflanzt werden. Diese hatten sich vorab bei der Stadt gemeldet. „Ich finde die Sache gut, dass Leute selbst etwas anbauen“, betont Voss.
Dem stimmt auch sein Nachbar Gerhard Schempp zu. Möglichkeiten, um im städtischen Raum zu gärtnern, sollten aber vor allem dort geschaffen werden, wo es keine grünen Flächen gebe, finden die beiden Anwohner der Rietgasse. „Aber hier schaut es aus, als ob jemand vergessen hätte, die Kisten abzuholen“, so Schempp.

Die beiden Nachbarn wundern sich, dass die Hochbeete in der Turmgasse überhaupt aufgestellt werden konnten. „Als wir unsere Häuser umbauten, mussten wir extrem hohe denkmalpflegerische Auflagen erfüllen“, sagt Voss. Er glaube daher nicht, dass der Standort mit der Denkmalpflege abgestimmt wurde.
Doch, die Denkmalpflege sei bei der Standortsuche für die Hochbeete miteinbezogen worden, sagt die Pressesprecherin der Stadt, Oxana Brunner, auf SÜDKURIER-Anfrage. Die Anwohner jedoch wurden nicht befragt. Die Hochbeete in der Turmgasse stünden allerdings auch auf einer öffentlichen Fläche. Die Öffentlichkeit sei über die Presse informiert worden, so Brunner: „Die Verwaltung ist aber immer Ansprechpartner für Kritik und Anregungen.“
Die Stadt sei nicht der Ansicht, dass die Beete, wie von den Anwohnern moniert, das historische Ensemble in der Turmgasse störten, sagt Brunner: „Bei den Hochbeeten handelt es sich um relativ kleine Objekte. Sie wurden vom Material und den Farben her auch so gewählt, dass sie sich möglichst neutral in die Umgebung einfügen.“ Bisher seien bei der Stadt bezüglich Hochbeete auch keine Beschwerden eingegangen.
Auf dem Sozialen Netzwerk Facebook erfährt das Urban-Gardening-Projekt der Stadt viel Zustimmung. In der Gruppe „Stadtgeflüster VS“ finden sich unter einem Bild der Hochbeete in der Turmgasse Kommentare wie „super Idee“. Gleichzeitig werden Befürchtungen geäußert, die Beete könnten beschädigt werden, „wie so vieles in VS“.
Urban Gardening
Mit Urban Gardening wird die gärtnerische Nutzung des städtischen Raums bezeichnet. Dazu zählen etwa Gemeinschafts- oder Nachbarschaftsgärten, das Bepflanzen von Grün- und Brachflächen oder wie in VS von hierfür zur Verfügung gestellten Hochbeeten.
Das Projekt „Gemeinsam Gärtnern in VS“ des Amtes für Straßenbau, Stadtgrün und Altlasten geht auf die Idee von Stephanie und Rudolf Winker zurück. Bei seiner Sitzung im März hat der Technische Ausschuss dem Plan zugestimmt, dass an zehn Standorten in VS insgesamt 29 Hochbeete aufgestellt werden. Laut Stadt haben sich bis jetzt 14 Personen beziehungsweise Gruppen gemeldet, die die Beete bepflanzen und gemeinschaftlich nutzen werden. (maj)