Der VS-Gemeinderat hat die Sozialquote für private Investoren, die neue Wohnungen bauen, abgelehnt. Damit ist ein Element der städtischen Wohnraumstrategie, bis 2020 rund 1000 neue Wohnungen allein im sozialen Wohnungsbau zu schaffen, weggebrochen. Doch wie geht es nun weiter? Es wird ja derzeit viel neu gebaut, doch das kommt nur zum Teil denjenigen zugute, die nicht über viel Geld verfügen. "Die Stadt muss Verantwortung übernehmen, der Markt richtet es nicht", forderte beispielsweise Anita Neidhardt-März, Liga-Vorsitzende und Geschäftsführerin des Diakonischen Werks. Die Liga ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher Beratungsstellen.
Die Situation werde sich weiter verschärfen, sie sei derzeit schon nicht gut, meinte sie. Es gebe, auch in der Doppelstadt eine verdeckte Wohnungsnot, die sich dadurch äußere, dass zum Beispiel eine mehrköpfige Familie in einer Zwei-Zimmer-Wohnung hause und der Vater im Sommer auf dem Balkon übernachte oder dass gerade Jugendliche ohne Bleibe wechselweise bei Bekannten schliefen. Nach einer früheren Erhebung des Diakonischen Werks fehlen kreisweit pro Jahr 400 Wohnungen, die meisten schon in Villingen-Schwenningen. Der Druck sei gestiegen, berichtete auch Reinhold Hummel, ebenfalls vom Diakonischen Werk. Von der Wohnungsbaugesellschaft kenne er die Zahl, dass bei einem Angebot von 40 Sozialwohnungen sich 600 Leute bewerben.
Wohnungsbaugesellschaft erfüllt Sozialquote
"Wir erfüllen die Sozialquote jetzt schon", betonte der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft (Wbg), Rainer Müldner, auf Anfrage, bei manchen Projekten wie Neckar-Fair zu 100 Prozent. Aber die städtische Wohnungsbaugesellschaft und die Baugenossenschaften könnten "es nicht allein richten". Er geht davon aus, dass es in der Stadtverwaltung auch weitergehende Überlegungen gebe, wie private Objekte für günstigen Wohnraum gefördert werden könnten. Das könne in Richtung billigere Baugrundstücke oder weniger Gebühren bei speziellen Bauprojekten gehen. Pläne, dass die Wbg nun in noch mehr günstige Wohnungen investiere, gebe es nicht. "Wir tun dies schon", sagte Müldner, ein noch größeres Engagement sei aus personellen Gründen gar nicht möglich.
Klassenkampf im Gemeinderat
Die von der Stadtverwaltung forcierte Strategie, die Sozialquote auch bei privaten Investoren einzuführen, war bereits im Vorfeld kritisiert worden. Die Befürchtung: Private Bauträger könnten die Doppelstadt künftig meiden. Allerdings hatte die Stadt schon im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung den Investor, der das frühere Schwenninger Klinik-Gelände bebaut, davon überzeugt, eine bestimmte Zahl an günstigen Wohnungen anzubieten. Dies könne die Verwaltung weiterhin tun, betonte in der Gemeinderats-Diskussion CDU-Sprecherin Renate Breuning. Sie regte an, die Anforderungen für Wohnberechtigungsscheine, die auch junge Lehrer oder Anwälte bekämen, neu zu justieren.
Ein Hauch von Klassenkampf durchwehte die Debatte, als SPD-Sprecher Edgar Schurr die Liberalen als "Klientelpartei" angriff, die sich gegen die Sozialquote aussprach. Allerdings lehnten auch Vertreter von CDU und Freien Wählern die Quote ab. Beim Wohnbau auf städtischen Grundstücken ist sie nicht umstritten, hier gilt der Anteil von 30 Prozent ab zehn Wohneinheiten, die als sozialer Wohnungsbau angeboten werden müssen.