Nachhaltige Mode, nachhaltige Lebensmittel, nachhaltige Mobilität, nachhaltiger Urlaub – kaum ein Lebensbereich bleibt vom Thema Nachhaltigkeit unberührt. Die Gründe liegen auf der Hand: Millionen Tonnen an Kunststoffen treiben durch die Meere, die so warm sind wie nie zuvor, weltweit ringen und debattieren Regierungen um Klimaziele, erst am Mittwoch wurde bekannt, dass 2019 in Brasilien 85 Prozent mehr Regenwald abgeholzt wurden als 2018 – die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Global denken, lokal handeln
Große Herausforderungen, denen sich die Menschen weltweit stellen müssen. Herausforderungen, denen man auch in kleinen Schritten begegnen kann, findet Maike Walpuski aus Villingen: „Jeder kleine Schritt ist besser als gar nichts.“ Die 43-Jährige versucht schon seit Längerem, so nachhaltig wie möglich zu leben: Mit möglichst wenig Plastik, möglichst wenigen Autofahrten, mit dem Gebrauch von Kosmetik und Reinigungsmitteln, die Umwelt und Ressourcen schonen. Funktioniert es? Eine Zwischenbilanz.
Die Idee
Der Wunsch, nachhaltiger zu leben, beschäftigt Maike Walpuski schon seit Längerem und besonders, seit sie Mutter ist. 2015 wurde ihre Tochter Emily geboren. „Man fragt sich ja schon, welche grundlegenden Werte man seinem Kind mitgeben möchte“, sagt die gelernte Fremdsprachensekretärin, die außerdem als Yogalehrerin tätig ist. Dazu gehören für sie ein respektvoller Umgang mit der Natur und Ressourcen – was zugleich elementarer Beistandteil der Yoga-Philosophie sei.
Der Denkanstoß
Besonders intensiv betreibt Maike Walpuski ihre Nachhaltigkeitsstrategie seit dem „Plastik-Experiment“ des Fernsehreporters Jenke von Wilmsdorff, der sich unter ärztlicher Aufsicht vier Wochen lang intensiv mit Plastik umgab: Es gab nur Fast Food aus der Packung, er trug Kleidung aus Kunstfasern und trank Wasser aus Plastikflaschen.

Die erschreckende Bilanz: Nach nur vier Wochen hatten sich verschiedene Blut- und Urinwerte drastisch erhöht. So war etwa der Anteil gesundheitsschädliche Weichmacher um das 400-fache gestiegen.
Umstieg auf Glas
„Das war der erste und eigentlich einfachste Schritt, den jeder gehen kann“, sagt sie. Milch und Joghurt gibt es bei Maike Walpuski nur noch aus dem Pfandglas, Essig und Öl lässt sie sich im Fass-Laden in mitgebrachte Flaschen füllen. Ein Trinkwassersprudler verwandelt seit einigen Monaten Leitungswasser in Sprudel. „Der hat sich schnell gerechnet“, sagt sie. Zudem falle das Kistenschleppen weg.
Regionale Lebensmittel
Obst, Gemüse und Käse kauft Maike Walpuski meist in Hofläden in der Umgebung oder in Geschäften, die das Mitbringen eigener Verpackungen erlauben. „Aber auch im normalen Supermarkt kann man vieles plastikfrei kaufen“, sagt sie. Zu plastikverpackten Obstsorten beispielsweise gebe es schließlich immer Alternativen. „Und oft sind das dann auch die regionalen Produkte und nicht die aus Übersee.“ Sie nutzt Mehrwegbeutel, die mittlerweile in allen Supermärkten für Obst und Gemüse angeboten werden. Der Nebeneffekt: „Wir kochen und kaufen seitdem viel gezielter ein, was wiederum auch Geld spart.“
Pflege- und Reinigungsmittel
Ob Waschmittel oder konventionelles Deo: Es gibt für fast alles eine Alternative, die sich zum Teil auch selbst herstellen lässt. Hier sind Maike Walpuskis Erfahrungen durchwachsen. Ein selbst hergestelltes Geschirrspülmittel aus Essigessenz und Orangenschalen beispielsweise ist bei ihr komplett durchgefallen, ebenso eine Haarseife. „Die Haare fühlten sich einfach nicht sauber an.“

Auch Zahntabletten, die sich im Mund auflösen und die als Alternative zur Zahncreme aus der Tube angeboten werden, haben sie nicht überzeugt: „Bei mir blieb ein komischer Belag im Mund zurück.“ Waschmittel aus zerschnittenen und in Wasser eingeweichten Kastanien hat Maike Walpuski schon selbst hergestellt und war zufrieden. Aktuell hat sie ein flüssiges Waschmittel in Gebrauch, das ihre Schwiegermutter unter anderem aus Kernseife und Natron gemischt hat. „Ich habe die Familie inzwischen angesteckt“, sagt sie lachend. In einer Facebook-Gruppe holt sie sich viele Anregungen und Ideen. Als nächstes möchte sie Dusch- und Badezusätze selbst herstellen.
Mobilität und Urlaub
Derzeit hat die Familie noch zwei Autos, da Maike Walpuskis Partner außerhalb arbeitet. „Mein Auto ist geleast, und ich überlege, ob ich es nach Vertragsablauf zurückgebe.“ Ein kompletter Auto-Verzicht passe jedoch momentan nicht hundertprozentig zu ihrem Leben. Oft, auch bei Regenwetter, holt sie ihre Tochter nach der Arbeit mit dem Fahrradanhänger in der rund drei Kilometer entfernten Kita ab. „Bei Schnee und Eis würde das aber eher nicht funktionieren, und zu Fuß kostet es zu viel Zeit“, sagt sie.
„Man hat sich auch jahrelang an einen gewissen Komfort gewöhnt.“ Den Urlaub verbringt die Familie verstärkt in der Nähe. Gemeinsam mit den Schwiegereltern wurde ein Wohnmobil angeschafft, das sie im Wechsel nutzen. Das Vinschgau und die Alpen sind als erste Ziele geplant. „Ich würde schon auch gerne mal wieder eine Fernreise unternehmen“, räumt sie ein. „Aber für ein Kind ist das ohnehin nichts, und wir haben tolle Ecken, die weitaus näher liegen.
Es muss nicht immer neu sein
Da zu ihrem Freundeskreis viele Familien gehören, hat Maike Walpuski für Emily schon immer viele Kleidungsstücke geschenkt bekommen. „Kinder passen nur so kurze Zeit in ihre Sachen, da ist vieles wie neu. Und selbst wenn nicht: Beim Toben draußen gehen Sachen ohnehin schnell kaputt.“ Inzwischen kauft sie einiges gezielt aus zweiter Hand und gibt wiederum Sachen weiter, aus denen Emily herausgewachsen ist. „Mir gefällt die Vorstellung eines Kreislaufs.“