Alle Fastnachtsumzüge in Villingen waren abgesagt, doch es wurde am Fastnachtsmontag gefeiert wie zu Zeiten, als Corona noch ein Fremdwort war. Tausende Besucher und Narren drängten sich nachmittags auf den Straßen, als würde es die Pandemie nicht geben. Spätestens beim traditionellen Maschgarelauf spielten Abstandsregeln und Mundnasenschutz keine Rolle mehr (wir berichteten). Ist die „wilde Fasnet“ aus dem Ruder gelaufen?

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Anselm Säger, der Zunftmeister der Historischen Narrozunft, hat die Entwicklung am Montag mitverfolgt und kann nur bestätigten: „Ab Mittag war es Straßenfastnacht wie in den besten Zeiten.“ Die Frage ist: Hat es die Zuggesellschaft und mit ihr die Stadt versäumt, vorab ein kontrolliertes Umzugs- und Hygrienesystem festzulegen wie im benachbarten Rottweil, damit genau das nicht passiert?

Anselm Säger zum Fastnachtsmontag: „Für uns Fastnachter war der Montag ein wunderschöner Tag.“
Anselm Säger zum Fastnachtsmontag: „Für uns Fastnachter war der Montag ein wunderschöner Tag.“ | Bild: Narrozunft

Zunftmeister Säger sieht das nicht so. „Das war kein Versäumnis.“ Diese Fragen seien ja diskutiert worden. Doch nachdem das Land die Corona-Verordnung vorzeitig gelockert habe, sei einfach zu wenig Zeit geblieben, um solch ein Konzept in Villingen zu realisieren.

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In Rottweil gebe es an der Fasnet, im Gegensatz zu Villingen, schon immer Zugangskontrollen und damit ein eingespieltes Zugangssystem. In Villingen seien die örtlichen Gegebenheiten mit den vielen Durchgängen und Schlupflöchern außerdem viel aufwändiger zu kontrollieren. Da hätte es sehr viel Personal gebraucht, um dies zu organisieren.

Die Zeit hat nicht gereicht

In der Kürze der Zeit sei dies nicht möglich gewesen, betont Säger. Aus seiner Warte gab es daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder verbietet die Stadt oder das Land jegliche Fasnet, oder es gibt eine unorganisierte Narretei, die man dann halt laufen lassen muss.

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„Es war natürlich klar, dass die Besuchermenge explodiert, wenn das Wetter passt“, räumt Säger ein. Aber letztlich sei das gesamte Treiben nicht in der Verantwortung der organisierten Fastnacht gelegen, die vorab alles abgesagt hatte. Jeder sei daher eigenverantwortlich, ob er zu so einer Veranstaltung gehe oder nicht. Reguliert und gesteuert werden konnte damit nichts mehr: „Es ist jetzt so wie es geworden ist.“

Stadtverwaltung bleibt cool

Dass die Obrigkeit nicht mit Restriktionen und Bußgeldern einschritt, wird vom Zunftmeister ausdrücklich begrüßt. „Für uns Fastnachter war es cool, dass die Stadtverwaltung nicht eingeschritten ist“, betont er. Zumal es, von den Abstandsregeln abgesehen, rund um die historische Fastnacht „sehr geordnet und zivil“ zugegangen sei.

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Auch die Polizei hielt sich im Hintergrund. Da alles friedlich blieb, sind die Beamten nicht eingeschritten. Ordnungswidrigkeiten wegen Corona-Regeln wurden nicht geahndet. „Wie bei den sogenannten Spaziergängen gilt auch hier immer die Verhältnismäßigkeit. Die Kollegen vor Ort müssen im Einzelfall entscheiden“, sagte am Montag ein Polizeisprecher.

Aufatmen nach der Pandemie

Dass die Menschen in den Straßen fröhlich feierten, ist nach dem Erleben von Säger, der selbst als Narro unterwegs war, auch Ergebnis der langen Zeit der Einschränkungen. Viele Menschen hätten die sozialen Kontakte vermisst. Jetzt auf der Straße wieder bekannte Gesichter zu treffen, sei für viele ein Grundbedürfnis und eine große Freude gewesen und hätte zu der fröhlichen Stimmung in den Straßen beigetragen.

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„Die Menschen gingen sehr herzlich miteinander um“, hat er beobachtet. Sein Fazit: „Für uns Fastnachter war der Montag ein wunderschöner Tag.“