Mit einer ganz knappen Mehrheit von acht gegen sieben Stimmen hat der Verwaltungsausschuss des Gemeinderates am Mittwoch ein „Paket“ an Einsparungen und Einnahmen-Erhöhungen empfohlen, um die Finanzen der Stadt bis 2024 zu sanieren. Die spannende Frage bleibt, ob diese knappe Mehrheit noch Bestand haben wird, wenn der Gemeinderat voraussichtlich am 3. Februar den endgültigen Beschluss fassen wird.

Die Diskussion im Ausschuss zeigte, dass fast alle Gemeinderäte vom Ernst der Lage und der Notwendigkeit der Haushaltsanierung überzeugt sind. Doch einzelne Punkte, vor allem die vorgeschlagene Erhöhung der Kindergartengebühren und die Kürzungen bei der Ganztagesbetreuung von Schulkindern sowie Steuererhöhungen, sorgten für Polarisierungen.

Die Ausgangslage

Hintergrund der Debatte: Die Ausgaben der Stadt steigen seit Jahren stark an, die Einnahmen halten nicht mehr Schritt. Die Stadtkämmerei geht von einem „strukturellen Defizit“ bei den jährlichen Ausgaben und Einnahmen von rund 17 Millionen Euro aus. Dieses Haushaltsloch soll bis 2024 stufenweise geschlossen werden. Sonst droht der Stadt die finanzielle Handlungsunfähigkeit. Als Diskussionsgrundlage liegt nun ein „Vorschlagspaket“ auf dem Tisch. Es sieht Personaleinsparungen, Gebühren- und Steuererhöhungen sowie Einsparungen und Leistungskürzungen vor. Bereits am Dienstag hatte der Technische Ausschuss beschlossen, dass ab 2022 beim städtischen Winterdienst gespart wird (wir berichteten).

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In der Debatte im Verwaltungsausschuss gab es einige unstrittige Punkte. Zum Beispiel, dass die Stadtverwaltung ein Effizienzprogramm auflegt, durch das bis 2024 insgesamt 66 Personalstellen bei der Stadt sozialverträglich abgebaut werden können. Oder die Erhöhung der Parkgebühren. Kräftig knirschte es aber bei den Vorschlägen zur Kinderbetreuung. Hier geht es zum einen um eine Erhöhung der Elterngebühren für die Kindergartenbetreuung. Zum anderen um den Vorschlag, den Betreuungsschlüssel bei der schulischen Ganztagsbetreuung anzuheben. Die pädagogischen Kräfte müssten dann 25 statt 20 Kinder betreuen. Das würde Personalkosten sparen.

Linkes Lager wehrt sich

Die Fraktionen von Grünen und SPD lehnten dies entschieden ab. Joachim von Mirbach sagte, die Grünen könnten den höheren Kita-Gebühren nur zustimmen, wenn die Stadt eine soziale Staffelung einführe. Sein Antrag: Die Stadt verzichtet auf diese beiden Sparmaßnahmen und erhöht stattdessen die Grundsteuer um 60 Punkte statt der bislang vorgeschlagenen 30 Punkte. Diese Erhöhung würde Hausbesitzer und Mieter im Einzelfall nur geringfügig belasten, im Gegensatz zu den Kindergarten-Eltern, die bei der geplanten Gebührenanhebung deutlich stärker zur Kasse gebeten würden.

Vertreter von CDU und Freien Wählern lehnten es dagegen ab, das Gesamtpaket wieder aufzuschnüren. „Wenn wir damit anfangen, wird es schwierig, den Haushalt zu sanieren“, warnte Ulrike Heggen (Freie Wähler). Denn jede Fraktion habe an irgendeinem Punkt Bedenken. Es gehe darum, eine dramatische Haushaltsage in den nächsten Jahren abzuwenden. „Wenn wir wollen, dass die Stadt handlungsfähig bleibt, müssen wir zustimmen.“

Dies bekräftigte auch Olaf Barth (AfD). Er stellte fest, dass die steigenden Ausgaben für die Kinderbetreuung, inzwischen 42 Millionen Euro im Jahr, die Hauptbelastung für den Haushalt bedeute. Die vorgeschlagenen Erhöhungen seien für die meisten Eltern, wenn sie doppelt verdienen können, gut verkraftbar. Viele Eltern seien bereit, etwas mehr zu zahlen. Wichtiger sei ihnen, dass sie flexible Betreuungszeiten für ihre Kinder bekommen.

Frank Bonath (FDP) lehnte eine Erhöhung der Kindergartengebühren ab. „Dies trifft die Mitte unserer Gesellschaft, die Leute, die den Karren ziehen“, sagte er. Die FDP lehne auch alle anderen Steuer- und Gebührenerhöhung in der jetzigen Wirtschaftslage ab, sei aber für alle Einsparungen offen. Wie der Gemeinderat aber das Defizit ausgleichen könne, ohne Gebühren und Steuer zu erhöhen, ließ er offen.

Bei den anschließenden Abstimmungen wurden die Anträge von SPD und Grünen hinsichtlich der Kindergartengebühren, der Ganztagsbetreuung und der damit verbundenen Erhöhung der Grundsteuer abgelehnt. Das gesamte Sparpaket wurde anschließend mit acht gegen sieben Stimmen dem Gemeinderat zur Annahme empfohlen. Es beinhaltet unter anderem auch eine Erhöhung der Grundsteuer, der Gewerbe- und der Vergnügungssteuer.

Mit einer breiten Mehrheit empfahl der Ausschuss anschließend den Haushaltsplan für 2021 zur Verabschiedung. Beschlossen wurde auch der Stellenplan der städtischen Verwaltung. Er sieht eine Aufstockung um 38,5 Vollzeitstellen vor. Damit steigt die Zahl der Mitarbeiter auf 1207 Vollzeitstellen an. Der Gemeinderat hatte sich im letzten Juli bei einer Klausurtagung geeinigt, dass bis 2024 keine zusätzlichen Stellen geschaffen werden sollen. Ausnahmen gibt es lediglich für den Ausbau der Kindergartenkapazitäten, für gesetzlich vorgeschriebene neue Aufgaben und für Stellen, die von Dritten finanziert werden oder mit eigenem Personal günstiger als mit fremden Personal erfüllt werden können. Sämtliche zusätzlichen Stellen erfüllen diese Anforderungen. Von den 38,5 zusätzlichen Stellen werden allein 27 für neue Erzieherinnen benötigt.

Konflikt um Ordnungsdienst

Zum Konflikt führte der Antrag von Oskar Hahn (Grüne), den unterbesetzten Kommunalen Ordnungsdienst (“Stadtsheriffs)“ mit acht Mitarbeitern aufzustocken. Hahn argumentierte, dass sich diese Stellen durch vermehrte Einnahmen von Bußgeldern „selbst finanzieren“. Dies wurde von den bürgerlichen Parteien bezweifelt und abgelehnt. Klaus Martin (CDU) beharrte darauf, dass der vereinbarte Stellenstop bis 2024 eingehalten werde.

Kritik vom Gewerbeverband

Der Gewerbeverband Oberzentrum, der die örtlichen Unternehmen und Selbständigen repräsentiert, lehnt die Haushaltspläne des Gemeinderates ab. Eine Erhöhung der Grund- und der Gewerbesteuer führe zu neuen Belastungen der Steuerzahler und vor allem der Wirtschaft, kritisiert jetzt GVO-Präsident Joachim Müller in einer Stellungnahme. Dabei habe die Wirtschaft schon unter den Folgen der Pandemie-Beschränkungen und der kaum, oder nur teilweise ausbezahlten staatlichen Hilfen zu leiden.

Eine Einnahmensteigerung habe nichts mit Sparen zu tun, betont Stefan Beetz vom GVO-Vorstand. Er zeigt sich jedoch kompromissbereit: Wenn schon eine Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern unumgänglich seien, dann müssten diese Maßnahmen zeitlich befristet werden. Die Erhöhung könnte zum Beispiel für maximal drei Jahre beschlossen werden.

Rainer Böck, Vertreter der GVO-Sparte Handel, kritisiert die angedachte Erhöhung der Parkgebühren. Dies wirke sich negativ auf den Einzelhandel aus und sei kontraproduktiv für die Belebung der Innenstädte nach Corona. „Wir vermissen konkrete Ansätze, wie die Verwaltung verschlankt werden könnte, ohne dabei ihre Leistungen zu reduzieren“, so die Meinung des gesamten GVO-Präsidiums. (est)