Praxistest endet vor dem Startschuss
„Klingt interessant“, so mein erster Gedanke, als die Pressemitteilung der Stadtverwaltung im Redaktionspostfach landete. „Müssen wir testen“, lautete die weitere Überlegung. Gesagt, getan. Ich nahm mir vor, die neuen Scooter am Dienstag zu testen, angefangen von der Anmeldung, über das Bezahlen, bis hin zum Praxistest. Gut vorbereitet mit allerlei Kameras, Handy und Fahrradhelm legte ich gleich am Morgen an meinem Arbeitsplatzrechner los. Alle nötigen Informationen auf der Webseite sammeln, Zeus-App in Googles Playstore herunterladen und installieren, in der App ein Benutzerkonto angelegen und dann, ja dann war auch schon Schluss.

Was war passiert? Eigentlich gar nichts. Aber ohne eine Kreditkartennummer ging es bei der Registrierung schon mal nicht weiter. Ich besitze nämlich keine Kreditkarte. So ein Zahlungsmittel benötige ich in der Regel nicht. Gewöhnlich nutze ich ganz altmodisch Bargeld und EC-Karte. Und ich bin großer Fan anderer digitaler Zahlungsdienste wie Paypal. Mit diesem Mix ist man gewöhnlich überall gut unterwegs. Bislang bin ich mit meiner Zusammenstellung noch nie auf die Nase gefallen, weder auf Reisen, noch bei Bezahlvorgängen.
Paypal klappt auch nicht
Hinzu kommt, dass auf der Internetseite von Zeus Paypal als Zahlungsmöglichkeit angegeben ist. Sonst hätte ich es ja gar nicht erst versucht. Nur leider ist das in der Praxis nicht so einfach. Bei genauerem Hinsehen habe ich gelernt, dass Paypal nur über den Dienst „Google Pay“ funktioniert. Das habe ich selbstverständlich gleich versucht. Das Ergebnis war ernüchternd. Warum, ist nicht klar. Nach mehreren Registrierungsanläufen und zwei netten Gesprächen mit einem Herrn vom Zeus-Kundenservice wurde das Problem schließlich ungelöst an die Computerspezialisten des Unternehmens weitergeleitet. Der Herr versprach, sich zu melden, sobald es Antworten gibt. Darüber möchte ich nicht meckern.
Weil es bislang noch keine Neuigkeiten gab, habe ich noch einmal alles überprüft und mich mit einer anderen E-Mail-Adresse angemeldet. Das Problem trat wieder auf. „Google Pay“ meldet nach Absenden des Formulars einen Fehler. Also gab es wieder keine Testfahrt für mich.
Die verschiebe ich nun erst einmal, möchte aber dennoch auf ein paar weitere Punkte eingehen.
Verbesserungen nötig
Ganz ohne Kreditkarte sind die Zeus-Roller offenbar nicht zu bewegen. Auch geht es nicht, ohne Smartphone die Roller auszuleihen, etwa über Gutscheine oder Prepaid-Karten. Die Ausleihe von mehr als einem Scooter über einen Zugang ist ebenfalls nicht möglich. Pro Roller muss ein Handy, ein Zugang sowie eine verknüpfte Kreditkartennummer vorhanden sein.
Meiner Meinung ist das nicht mehr zeitgemäß und schließt einige potenzielle Nutzer von vorneherein aus. Hier sollte Zeus schnell Verbesserungen entwickeln, ansonsten sehe ich schwarz für die E-Mobile in VS. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten ist hier sicher mehr möglich. Die gute Nachricht: Der Herr am Telefon stellte in Aussicht, dass an Verbesserungen gearbeitet werde.
Kein günstiges Vergnügen
Ein weiterer Punkt, der viele Nutzer abhalten könnte, ist meines Erachtens der Preis. Pro Aktivierung eines Rollers wird ein Euro fällig. Danach tickt die Uhr. 19 Cent kostet jede Nutzungsminute. Wer kurz anhält, um mit Bekannten zu quatschen, zahlt weiter. Man könnte nun die Parkzeit aktivieren, dann kostet die Nutzung nur noch 5 Cent pro Minute, aber die Uhr läuft trotzdem weiter, nur günstiger.
Kosten sparen lässt sich zum Beispiel über Guthabenpakete, die für 10 bis 50 Euro erworben werden können. „Boosters“ nennt es das Unternehmen. Kunden erhalten dabei zusätzliche Gutschriften zum Kaufbetrag hinzu, nach Einkaufswert gestaffelt. Aktuell ist auch eine „Narrenkarte“ im Angebot. Die begrenzte Aktion verspricht 60 Euro Guthaben für den Preis von 25 Euro.
Wer solch ein Angebot nutzt, kann die regulären Kosten von 19 Cent pro Minute entsprechend reduzieren. Eine Fahrt von 30 Minuten kostet im Normaltarif unter dem Strich 6,70 Euro. Wer ein Narrenticket besitzt, kommt auf einen Minutenpreis von 8 Cent. Auch die Aktivierungskosten reduzieren sich so, da über ein Punktesystem abgerechnet wird. Man fährt dann so deutlich günstiger.
Was andere Angebote kosten
Im Vergleich zum öffentlichen Busverkehr können die neuen Roller bei längeren Strecken durch das Stadtgebiet preislich nicht mithalten. Für 2,40 Euro fahren Erwachsene mit dem Stadtbus einmal quer durch die Stadt. Hin und zurück sind es 4,80 Euro in einer Zone, die jedoch ganz Villingen und Schwenningen umfasst. Wer nur kurze Wege in Angriff nimmt, die mit Roller unter zehn Minuten erreichbar sind, kann mit den Rollern etwas sparen, wird dafür aber auch nicht chauffiert.
Die E-Bikes, die in Villingen-Schwenningen zum Beispiel von der Wirtschaft und Tourismus GmbH verliehen werden, wenn Corona es zulässt, kosten 15 Euro für einen halben und 28 Euro für einen ganzen Tag. Der Minutenpreis liegt dann bei etwa 5 bis 6 Cent.
Beim E-Carsharing Anbieter Deer, der mit den Stadtwerken VS kooperiert, kostet ein E-Auto 6,50 Euro pro Stunde, was einem Minutenpreis von rund 10 Cent entspricht. Allerdings wird zuvor noch eine einmalige Anmeldegebühr von knapp 40 Euro fällig. Der Vorteil: Es können mehr Personen einsteigen und man kann auch den Einkauf transportieren. Das bieten die Roller nicht. Dort ist für Gegenstände lediglich auf dem Rücken der Fahrer Platz.
So funktioniert die Ausleihe
Wo sich freie Roller im Stadtgebiet befinden, erfährt man über eine Kartenansicht in der Zeus-App. Am Roller angekommen, muss man den QR-Code am Lenker scannen. Danach wird der Roller aktiviert. Aufsteigen, anschieben und schon kann es losgehen.
Das Fahren selbst soll einfach sein und Spaß machen. Und man ist flott unterwegs. Bis zu 20 Kilometer pro Stunde gibt der Verleiher als Höchstgeschwindigkeit an. Man muss 18 Jahre alt sein und sollte zur eigenen Sicherheit einen Helm tragen. Die Rückgabe funktioniert ähnlich. In der App beendet man die Ausleihe. Der Roller kann einfach am Zielort einfach geparkt werden. Welche Bereich erlaubt sind, zeigt die App auf der Karte an. Die Roller müssen so abgestellt werden, dass sie niemanden stören oder behindern.

Beobachtungen in der Stadt
Da ich nicht selbst losfahren konnte, hab ich andere beobachtet. Auffällig war, dass kaum ein Fahrer einen Helm getragen hat. Einige der Fahrer hielten sich auch nicht an das Fahrverbot und düsten flott über den Latschariplatz. Gehwege und Fußgängerzonen sind für Rollerpiloten eigentlich tabu.

Mein Fazit
Eigentlich finde ich solche Konzepte sinnvoll und spannend. Allerdings: Für mich war der Einstieg schon die erste Hürde. Und ich behaupte einfach mal, dass ich da nicht alleine bin. Die Buchung muss komfortabler werden, das Bezahlen einfacher und vielfältiger. Ein Buchung ohne Smartphone wäre ein weiterer Schritt, etwa über Guthabenkarten.
Einen großen Hebel für mehr Kunden sehe ich beim Preis. Klar, so ein Angebot verursacht für Anbieter enorme Kosten. Die würden durch eine höhere Auslastung aber sicher nicht mehr ganz so schmerzen, von positiven Marketingeffekten durch viele positive Erfahrungsberichte und Mundpropaganda ganz zu schweigen. Diese sind nämlich unbezahlbar. Ich versuche es weiter. Eine Chance hat das Projekt auf jeden Fall verdient.