Bärbel Ehlert (76) aus Villingen ist geschockt. Ums Haar wäre ihr treue Gefährte und Blindenhund, der 13-jährige Labrador „Nemo“, verendet. Nur dank der Behandlung in einer Freiburger Tierklinik hat das wertvolle Tier überlebt. Die Klinik habe ihr mitgeteilt, so berichtet Ehlert, dass „Nemo“ das Opfer einer Vergiftung gewesen sei. Für die blinde Hundehalterin ein Alarmzeichen. Denn dann hätte sich das Tier in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld im Bereich des Pflegeheims St. Lioba vergiftet.

Was genau das Tier zu sich genommen hat, kann Ehlert, die seit ihrem 47. Lebensjahr erblindet ist, nicht sagen. Am vergangenen Donnerstag ist sie mit ihrem getreuen Blindenführhund wie immer gegen 20 Uhr von ihrer Wohnung im betreuten Wohnen von St. Lioba zum Spaziergang aufgebrochen. Von der Roten Gasse ging die Runde zunächst entlang der Vöhrenbacher Straße bis zur Einmündung Saarlandstraße, dann wieder zurück zur Grünanlage St. Lioba, von dort auf einem Fußpfad zur Konradskirche und wieder zurück zum Lioba-Park.

Das könnte Sie auch interessieren

Ehlert vermutet, dass der Labrador unterwegs irgendetwas aufgeschnappt und verzehrt hat, was ihm ganz schlecht bekommen ist. Denn am nächsten Morgen lag der ansonsten quicklebendige Hund reglos im Wohnzimmer. Bärbel Ehlert reagiert sofort, bestellte sich ihren vertrauten Behindertentransport vom Roten Kreuz Donaueschingen und fuhr mit dem darniedergestrecken Nemo in die Tierklinik ihres Vertrauens nach Freiburg. „Ich habe geheult“, berichtet sie. Dort bekam der halbtote Hund ein Erbrechungsmittel und wurde umfassend behandelt. Das hat ihm wohl das Leben gerettet. Jetzt, ein paar Tage später, geht es ihm wieder gut.

Für Ehlert war das Erlebnis ein Schock. Der Vierbiener ist nicht nur ihr Gefährte, er ist auch ihr Auge und Aufpasser und führt die Erblindete seit vielen Jahren sicher durch die Stadt. Das ungewöhnlich intelligente Tier, das 24 000 Euro gekostet hat, hat als Blindenhund eine umfassende Ausbildung durchlaufen. In Villingen kennt sich Nemo bestens aus. „Wenn ich ihm sage, ich will zur Bank, oder ich will zum Dm-Drogeriemarkt, versteht er es und führt mich direkt hin“, berichtet Ehlert. „Er ist für mich wie ein Kind“, sagt sie. Obwohl schon hochbetagt für einen Hund, sei Nemo noch immer fit und verspielt. Wenn er eines Tages auf natürliche Weise sterbe, sei dies in Ordnung. „Ich will aber nicht, dass er an einem Giftköder verendet“, betont sie.

Warnung an andere Hundehalter

Und was sie ebenfalls nicht will: Dass andere Hunde das selbe erleiden müssen wie ihr Nemo. Deshalb ruft sie die Hundehalter auf, im beschriebenen Bereich zwischen Konradskirche, Vöhrenbacher Straße und den dortigen Grünananlagen besonders aufzupassen. Erschüttert ist sie, dass es immer wieder Menschen gibt, die Giftköder auslegen oder Tiere auf andere Weise quälen. Was in diesen Köpfen vorgeht, sei ihr unerfindlich.

Leider sind Tiervergiftungen keineswegs ungewöhnliche Vorkomnisse. Beim Tierschutzverein VS werden die ehrenamtlichen Helfer immer wieder mit solchen üblen Dingen konfrontiert. „Übers Jahr betrachtet haben wir bestimmt einmal im Monat solche Nachrichten“, bestätigt Theresia Lydia Schonhardt, die zweite Vorsitzende des Vereins. Ausgelegt seien in Grünflächen, Gärten und Fluren des öfteren Mäuse- und Rattengift oder Schneckenkorn. Die können für Hunde und Kleintiere, aber auch Greifvögel, schlimme Folgen haben. Desweiteren gebe es auch Hunde- oder Katzenhasser, die Fleischköder mit Rasierklingen oder Nägeln auslegen, um Tiere zu verletzen.

Im vergangenen Mai machten Giftköder in Schwenningen Schlagzeilen, die dort wiederholt aufgetaucht sind. Auch im gesamten Gebiet vom Neuen Markt bis zum Netto in Dauchingen sollen solche Köder gefunden worden sein. Bei den Ködern handelte es sich zum einen um Fischstücke mit kleinen, scharfen Widerhaken, sowie um vergiftete Leckerli. Und in Weigheim, so erinnert sich Theresia Lydia Schonhardt, seien solche Köder sogar auf ein Privatgrundstück geworfen worden, auf dem Hunde zuhause sind.

Selbstjustiz und Tierhass

Doch warum dieser Grausamkeiten? „Manchmal greifen Menschen zur Selbstjustiz, weil sie sich von Hunden und ihren Hinterlassenschaften genervt fühlen“, vermutet Schonhardt. Das sei völlig inakzeptabel, weil das Problem schlecht erzogener Vierbeiner stets am anderen Ende der Leine, dem Halter, zu suchen sei und nicht beim Tier. Und dann gebe es auch noch richtige Tierhasser.

Hundehaltern empfiehlt die Tierschützerin, beim Gassigehen stets aufzupassen, dass die die Tier unterwegs nichts Verzehrbar scheinendes aufnehmen. Wenn die Hunde diesbezüglich nicht erzogen sind, sollten sie an die Leine. Allerdings gebe es bei Hundesportvereinen hervorragende Möglichkeiten, die Hunde entsprechend zu schulen. Wenn aber ein Tier Vergiftungserscheinungen zeigt, sei es wichtig, es zum Erbrechen zu bringen und schleunigst einen Tierarzt aufzusuchen.