Wer kennt es nicht, das über 100 Jahre alte Traditionsgasthaus Zollhäusle im gleichnamigen Ortsteil zwischen Villingen und Schwenningen? Genau genommen liegt es auch auf der ehemaligen Landesgrenze zwischen Baden und Württemberg.

Nach dem plötzlichen Tod von Wirt Hartmut Hauser im Frühjahr 2019 stand es lange leer. Das hat jetzt ein Ende. Ein neues Konzept und die neue Pächterin Stefanie Schmid erwecken das Gasthaus zu neuem Leben.

Sonnenstrom für E-Autos

Alles begann mit der Vision von Hartmut Hausers Großneffen Jochen Hauser, den Ertrag seiner großen Freiflächen Photovoltaik-Anlage auch zum Betanken von E-Autos zu verwenden. Daraus ist nun ein weitaus größeres Projekt geworden – und man kann im Zollhäusle auch wieder speisen.

Das Zollhäusle mit seiner Freiflächen-Photovoltaikanlage mit Auto Ladestation aus der Vogelpespektive.
Das Zollhäusle mit seiner Freiflächen-Photovoltaikanlage mit Auto Ladestation aus der Vogelpespektive. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Doch von vorne: Seit April diesen Jahres betreibt Jochen Hauser direkt neben dem Gasthaus die erste „freie“ E-Autoladestation in der Region. Und nicht nur das, die zweite Idee war die Gründung eines sogenannten E-Auto Ladeclubs.

Die Mitgliedschaft kostet nichts, dafür gibt es einen speziellen Ladechip. Mit dem können alle Mitglieder ihre E-Autos für 35 Cent pro Kilowattstunde an der schnellen 300 KW- Gleichstromladesäule laden. Nicht-Mitglieder zahlen etwas mehr, können direkt mit ihrer EC-Karte bezahlen oder elektronisch über ihre jeweiligen Ladesystem-Dienstleister.

In das Gasthaus ist nach Jahren des Leerstands wieder Leben eingekehrt.
In das Gasthaus ist nach Jahren des Leerstands wieder Leben eingekehrt. | Bild: Hans-Jürgen Götz

So ein Ladevorgang kann bei ganz leerem Akku durchaus so zwischen 30 und 60 Minuten dauern. Und da wurde Jochen Hausers dritte Idee geboren: Warum die freie Zeit nicht gleichzeitig für eine Erholungspause bei Speis und Trank nutzen?

Clubmitglieder haben immer Zugang

Gesagt, getan, das ehemalige Gasthaus musste ohnehin von Grund auf renoviert werden und so entstand ein neues Selbstbedienungsrestaurant. Über den Lade-Chip haben die Clubmitglieder 24 Stunden und sieben Tage die Woche jederzeit Zugang zu den Räumlichkeiten.

Der Chip gewährt den Mitgliedern rund um die Uhr Zugang.
Der Chip gewährt den Mitgliedern rund um die Uhr Zugang. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Im Inneren erwartet sie eine kleine Lounge mit gemütlichen Sesseln, gratis WLAN, einer Handy-Ladestation, ein Großbild-TV und aktuelle Zeitschriften aus dem Angebot des Lesezirkels. Außerdem gibt es kalte und warme Getränke sowie ein kleines Angebot an frischen Backwaren und Eis aus der Kühltheke.

Im Selbstbedienungs-Bereich können sich die Gäste mit Getränken, Eis und Kaffee versorgen.
Im Selbstbedienungs-Bereich können sich die Gäste mit Getränken, Eis und Kaffee versorgen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Abgerechnet und bezahlt wird im Selfservice-Verfahren, wie es inzwischen auch bei vielen Supermarktketten Einzug hält: Die Kunden müssen gewünschte Produkt nur vor den Scanner halten und per Karte bezahlen.

Von Sonntag bis Mittwoch gibt es auch warmes Essen. Jeweils 40 Sitzplätze, innen und außen auf der Terrasse laden zum Verweilen ein. Betrieben wird der neu belebte Gastronomiebereich von Steffi Schmid.

Stefanie Schmid betreibt den neuen Gastronomiebereich im Zollhäusle.
Stefanie Schmid betreibt den neuen Gastronomiebereich im Zollhäusle. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Sie ist in der Region bereits seit zehn Jahren mit ihrem Food-Truck „Karlotte“ unterwegs und bekannt. Was bisher Nebenerwerb war, wird nun für sie zum Vollerwerb. Durch die zeitliche Staffelung passt das alles auch sehr gut zueinander. Zu Mittag gibt es ein Tagesessen, das Koch Ronny Hohwy jeden Tag frisch zubereitet.

Koch Ronny Hohwy bringt 30 Jahre Erfahrung in der Gastronomie mit.
Koch Ronny Hohwy bringt 30 Jahre Erfahrung in der Gastronomie mit. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Der gelernte Koch stammt aus dem hohen Norden, hatte lange ein eigens Gasthaus in Bühl und bringt 30 Jahre Erfahrung in der Gastronomie mit ein.

Das erlaubt es Steffi Schmid neben einer normalen Tageskarte auch ein wöchentlich wechselndes Speiseangebot anzubieten und Hausers vierte Idee wahr werden zu lassen: „An allen sieben Tagen in der Woche gibt es im Zollhaus warmes Essen“.

Zwei Gaststätten ergänzen sich

Das sagt er ganz bewusst, weil er sich dazu mit dem Café Hildebrand einig sei, sich mit ihrem Angebot und Betriebszeiten im Zollhaus gegenseitig zu ergänzen.

Das neue Konzept funktioniere bereits jetzt, nach dem Start Anfang Juni sehr gut, sagt Hauser. Es werde bereits von den ersten Ladeclub-Mitgliedern, Stammgästen und vielen Wanderern und Radfahrern bestens angenommen. Sogar Reiter waren schon zu Gast, denn sie können ihre Pferde auf der Wiese vor dem Gasthaus anleinen.

Stefanie Schmid und Jochen Hauser haben in der neuen Lounge Platz genommen.
Stefanie Schmid und Jochen Hauser haben in der neuen Lounge Platz genommen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Als weiteres Standbein möchte Steffi Schmid den Gastrobereich auch als Veranstaltungsort anbieten. Im Innenraum kann sie immerhin bis zu 60 Personen bewirten. Als nächste plant Jochen Hauser, die Zimmer im Obergeschoss zu einer Ferienwohnung auszubauen.

Am Zollhäusle kreuzen sich alle Wege
Am Zollhäusle kreuzen sich alle Wege | Bild: Hans-Jürgen Götz

Auch der überdachte Ladepark neben dem Gasthaus wird weiter ausgebaut. Bis Herbst sollen hier noch vier weitere 400 KW-Schnellladesäulen installiert werden. Damit ist Hausers Angebot zusätzlich auch für alle E-Autofahrer interessant, die bei sich zu Hause keine direkte Lademöglichkeit für ihr Fahrzeug haben.

Gäste genießen auf der Zollhäusle-Terrasse das Sommerwetter.
Gäste genießen auf der Zollhäusle-Terrasse das Sommerwetter. | Bild: Hans-Jürgen Götz

So kommt wieder mehr Leben in die grüne Mitte der Doppelstadt und Hausers großer Wunsch wird Wirklichkeit: „nachhaltige Sonnenenergie zu möglichst günstigen Preisen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig wieder das persönliche und soziale Miteinander zu fördern“.