In Villingen und Schwenningen foppen sich die Narren auch heute noch ab und zu gerne. 51 Jahre nach dem Städtezusammenschluss ist das sich gegenseitige Hochnehmen ein Stück Kulturhistorie zwischen den württembergischen Schwenningern und den badischen Villingern. Grundsätzlich pflegen die Fastnachter aber auch immer mehr das Herz füreinander, den alten Landesgrenzen zum Trotz.

Deutlich wird das am 14. Januar zum Auftakt des Jubiläums der Villinger Katzenmusik. An diesem Samstag starten die Schwenninger Ziegel-Buben ihren Traktor und laden eine 20 Meter lange Fracht auf. Damit fahren sie nach Villingen vors Obere Tor.

Ab hier rücken die Narren ins Stadtzentrum vor, begleitet von Villingens Stadtharmonie. Ein Gaudi-Traum wird wahr: Die Schwenninger werden mitten in Villingen am Latschariplatz um 12.30 Uhr ihr Geschenk überreichen: Eine stattliche Fichte aus württembergischen Waldungen ist dann vorbereitet mit bunten Schmuckbändern.

Der Baum wird aus dem Wald geholt. Stefan Richt kurbelt im Traktor.
Der Baum wird aus dem Wald geholt. Stefan Richt kurbelt im Traktor. | Bild: Mroczinski, Markus

Im Schwenninger Wald wird der Narren-Coup seit Wochen vorbereitet. Geheime Kommandosache, die Ziegel-Buben schuften im Vorborgenen. Soviel ist allerdings durchgesickert: Die schöne Aktion begann mit einer kleinen Panne. Beim Fällen zerbrach der sorgsam ausgewählte Baum in zwei Teile.

Klar ist auch: Die erfahrenen Schwenninger Narrenbaum-Steller lassen sich durch die abgebrochene Krone nicht schocken, erklärt Ober-Bube Markus Mroczinski. Der Vorsitzende sagt entspannt, das Gehölz werde mit einer Ersatzkrone ergänzt und dann in Villingen wie aus einem Guss als Narrenbaum positioniert.

Die Rinde bleibt aus einem besonderen Grund dran: Stefan Richt macht den Schwenninger Baum mit der Motorsäge schön.
Die Rinde bleibt aus einem besonderen Grund dran: Stefan Richt macht den Schwenninger Baum mit der Motorsäge schön. | Bild: Mroczinski, Markus

Ein stolzer Baum aus dem Schwenninger Wald mitten im historischen Villingen zu platzieren, dafür braucht es nicht nur starke Arme sondern auch kundige Hände. Bei den Ziegel-Buben gibt es dafür die Baumsteller. Sie sind von Anfang an in die Abläufe für den Villinger Einsatz eingebunden. Kurz bevor die Schwenninger in die Zähringerstadt abrücken, herrschte in dieser Gruppe noch einmal Hochbetrieb. Ganz frisch sägten sie sich die langen Stellstangen zurecht, mit denen der Schwenninger Narrenbaum in Villingen in die Höhe gehievt werden soll.

Das Geheimnis der Baumsteller

Oberbaumsteller ist Nick Peter. Er verrät vorab, weshalb der Narrenbaum nicht entrindet wurde. Mit Motorsägen und anderem Gerät wurde das gefällte Stück sorgsam vorbereitet. „Die Rinde bleibt dran, das ist der Unterschied zum Maibaum“, erklärt der Experte. Die Gründe hierfür sind einleuchtend. Während Maibäume mit glattem Holzstamm bei meist gutem Wetter aufgerichtet werden könnten, agiere man bei Narrenbäumen aus purer Vorsicht anders. „Mit der Rinde ist der Stamm deutlich weniger rutschig“, sagt Nick Peter.

Fast geschafft: Wenige Tage vor dem Einsatz in Villingen sind die bAumsteller der Ziegel-Buben soweit. Von links: Philipp Stenger, ...
Fast geschafft: Wenige Tage vor dem Einsatz in Villingen sind die bAumsteller der Ziegel-Buben soweit. Von links: Philipp Stenger, Stefan Richt, Udo Peter, Jürgen Sauer, Peter Meder. | Bild: Ziegelbube Nick Peter

Für die Schwenninger Ziegel-Buben und für die Villinger Katzenmusik hat der Narrenbaum gleich mehrere Bedeutungen. Vor allem unterstreicht er eine seit Jahren entwickelte und gepflegte Vereins-Freundschaft. Ganz traditionell wohnt der Aktion aber auch die historische Botschaft inne. Wo ein solcher Baum aufgerichtet wird, dort regieren die Narren.

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Dass in Villingen das Fastnachtssymbol so früh im Jahr das Stadtzentrum dominieren wird, könnte noch für manchen Schabernack sorgen. Um ein Beispiel zu nennen: Ungelöst ist bis heute noch die Frage, wie der Schwenninger Baum die Villinger Innenstadt wieder verlassen wird. Den Ziegel-Buben-Baumstellern, der Harmonie und der Katzenmusik ist davor aber nicht bange. Eine schöne Gemeinschaftsaktion zum Ende der Fastnacht könnte das Miteinander nicht nur der beiden Vereine noch stärker verwurzeln als heute schon.

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