Der Wahnsinn hat einen Namen: Fastnachts-Vorbereitungen 2022. Seit Monaten ist es für die Verantwortlichen in den vielen Vereinen ein Hin und Her zwischen Verboten und Hoffnungen. In Villingen scheint die freie Straßenfastnacht nicht verhinderbar. Vereine bieten vor allem für den Donnerstag nette Ideen für Kinder an.
„Es ist extrem anstrengend – so anstrengend wie noch nie.“ Das sagt Villingens Zunftmeister am 31. Januar. Anstrengungen lächelt der Firmenchef eigentlich weg, er ist Hobby-Triathlet und ambitionierter Bergsteiger.
Sorge um zu viele Fans
Die Vereine versuchen sich seit Oktober zu organisieren. Immer wieder gibt es Videoschalten der Zuggesellschaft, in der die Fastnachtstreibenden zusammengefasst sind. Am 28. Februar ist Fastnachtsmontag und was dort sowie am Sonntag davor geschieht, davor haben aktuell viele Sorge.

Die großen Umzüge hatten die Villinger schon von sich aus abgesagt. Dann kam das offizielle Verbot aus Stuttgart, das bis heute steht. Die Direktive ist so zu verstehen: Es wird keine der großen, organisierten Traditions-Termine in Villingen geben, ob sich allerdings Hunderte von Bürgern im Häs am Mentigmorgen zum Trotz und aus Lust auf Fastnacht auf den historischen Weg durch die Stadt machen, das steht auf einem anderen Blatt Papier.
Zunftmeister Anselm Säger sagt, die Umstände 2022 seien so, dass es eine „Fasnet wie früher“ geben könnte. Der Narro stolziert mit dem Mäschgerle ein wenig durch die Stadt, strählt hier und da. Säger erinnert, die Zunft sei vor 140 Jahren mit dem Ziel gegründet worden, eine Fastnacht zu organisieren. „Wenn es dieses Jahr richtig gut gelingt, dann haben wir eine Fastnacht wie vor dem Jahr 1872 – was ja eigentlich toll wäre.“
Öffnet die Zunftstube?
Freie Fastnacht in Villingen heißt nicht, dass die Hästräger hungern müssen. Wirtschaften dürfen voraussichtlich öffnen, wie groß der Andrang sein wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist: Hexen, Katzen und Narros haben für ihre Stüble eine Konzession. Eine Öffnung wäre auch hier möglich.
Säger räumt ein, dass es im Rat unterschiedliche Meinungen zur Öffnung der Zehntscheuer gebe. Auch hier, wie bei den Umzügen, wären die Vereine in der Haftung – für vorsichtige Narros ein Risiko, Anselm Säger selbst sagt, er sei optimistisch und für Zehntscheuer-Betrieb.

Viele haben sie schon abgeschrieben, doch vom Tisch ist hier noch gar nichts: „Wir planen noch immer mit einer Kneipenfastnacht“, offenbart Villingens Zunftmeister. An den Abenden des Donnerstags und des Samstags könnte diese stattfinden.
Es gibt bereits ein Technik-Konzept
Bevorzugte Bühnen wären dann Hexen- und Katzenstüble und die Zehntscheuer. Von hier aus, so weiter die Überlegungen Anfang Februar, könnten die Narren-Wirtschaften von ihren Bühnen die Auftritte der freien Musikgruppen und Bänkelsänger ins Netz übertragen. „Das ist im Moment der Plan“, so Säger.

Ob freie Fastnacht oder närrische Kneipengaudi: Alle Villinger Verantwortlichen warten auf die vom Land angekündigte Corona-Verordnung Fastnacht. Diese soll Mitte Februar formuliert sein. „Für uns alle in Villingen ist das sehr spät“, kritisiert Anselm Säger.
Was geschieht am Villinger Rathaus?
Dennoch: Für die Schlüsselübergabe am Rathaus könnte auch eine Woche Vorlaufzeit genügen. Laut Säger braucht es für die Durchsetzung von 2G auf dem Platz Security. „Das kostet dann mehrere tausend Euro“, sagt er. Deshalb gebe es die Überlegung, ob sich die großen Vereine gegenseitig helfen als sehr sachkundige Ordner. „Wir bei den Katzen am Turm, die Katzen bei uns und alle bei den Glonkis“, skizziert der Narro-Chef erste Denkansätze hierzu.

Einer, der wie Anselm Säger auf die Corona-Verordnung Fastnacht wartet, ist Glonkivater Günther Reichenberger. „Bleibt es so wie jetzt von den Auflagen her, dann kriegen wir schon etwas hin“, sagt er am 31. Januar. Was klar sei: „Eine große Fasnetsuche mit Feuerwerk können wir am Bickentor natürlich nicht machen.“
Was er andeutet: Vielleicht kommt es zu einem kleinen Spontanumzug. Das Bickentor will der Verein jedenfalls so gut es geht schmücken. Bereits angekündigt ist vom Verein eine Stadtrallye für Kinder am Donnerstag. Laut Reichenberger steht bei den Glonkis ein Satz dieses Jahr über allem: „Wir wollen so gut es geht ein wenig Fasnet machen und dabei so wenig Leute wie möglich anlocken – aus Sicherheitsgründen.“

Offensichtlich wird auch der Montagabend nicht brenzlig. Hier marschieren voraussichtlich die Querdenker durch die Stadt. Zunftmeister Anselm Säger hat dazu eine klare Meinung: „Wir gehen nicht in die Konfrontation, lassen das geschehen. Wir machen eher einen Bogen drumherum und gehen so lange in die Gerberstraße.“ Es dürfe keine Eskalation geben, lautet sein oberstes Ziel.