Nachdem im Technischen Ausschuss eine hauchdünne Mehrheit die geplante Anbindung des Industriegebietes Ost für rund 10 Millionen Euro abgelehnt hat, ist jetzt der Gemeinderat diesem Votum gefolgt: Bei 20 Ja und 16 Nein-Stimmen (zwei Enthaltungen) ist die Anbindung des Industriegebietes vom Tisch. Es wird auch keine Alternativlösung mit einer Ampel geprüft. Der interfraktionelle Antrag von SPD, Freien Wählern und Grünen hat damit eine klare Mehrheit gefunden. Bei den Freien Wählern haben alle Stadträte zugestimmt, lediglich Matthias Hoppe hat sich enthalten. Eine Ampellösung hätte die ursprünglich auf rund 10 Millionen Euro geschätzten Baukosten auf rund 6,8 Millionen Euro gesenkt.

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Einen Antrag von Dirk Sautter nach geheimer Abstimmung hat das Gremium ganz knapp abgelehnt mit 19 Nein und 18 Ja-Stimmen, bei einer Enthaltung. Vor dieser Abstimmung ging es hoch her, weil Sautter argumentierte: „Wir haben den Eindruck, dass sich das eine oder andere Mitglied des Gemeinderates durch den interfraktionellen Antrag mehr verpflichtet fühlt, für diesen zu stimmen.“ Diese Begründung sorgte bei den Fraktionen, die den Antrag gestellt hatten, für Empörung, lautes Raunen war zu hören und Edgar Schurr (SPD) sagte: „Das sind Unterstellungen“.

Zuvor haben die Fraktionen nochmals die Argumente ausgetauscht, CDU und FDP, die vehement für die Realisierung der Straße gekämpft hatten, brachten vor allem die politische Verlässlichkeit ins Spiel. „Wir sägen uns den Ast ab, auf dem wir sitzen“, so Frank Bonath (FDP). Die Unternehmen würden mit ihrer Gewerbesteuer viele Projekte der Stadt quasi finanzieren. „Hier müssen wir für eine entsprechende Infrastruktur sorgen“, so Bonath. Das sichere den Wohlstand von morgen. Wenn man das Projekt jetzt nicht angehe, fange man irgendwann wieder bei Null an. „Wir können das ja nicht parken“, so Bonath. Er betonte, dass hier „Äpfel mit Birnen“ verwechselt werden und man kein Geld spare, wenn die Straße nicht gebaut wird. Von einer möglichen Ampellösung halte die FDP gar nichts: „Da regen wir uns in den nächsten Jahren darüber auf.“ Dirk Sautter von der CDU argumentierte, dass der Verkehr zugenommen habe, er sprach von „Blechlawinen“ in Schwenningen. Er mahnte auch die politische Verlässlichkeit an, weil es ja einen Beschluss für den Bau der Straße gäbe. Auch die AfD sprach sich klar für den Bau der Straße aus, wie Olaf Barth betonte.

Helga Baur (Grüne) erläuterte nochmals die Gründe für die Ablehnung der Straße und den interfraktionellen Antrag von SPD, Freien Wählern und Grünen. Die Zeitersparnis durch die Anbindung sei nur minimal und sie appellierte an die Arbeitnehmer, die täglich ins Industriegebiet Ost fahren, auch mal den Bus zu nehmen oder Fahrgemeinschaften zu bilden. Den Bau der Straße könne man nicht verantworten. Baur erinnerte an die gigantischen Ausgaben, die in Zukunft noch auf die Stadt zukommen, allein für die Straßensanierung würden in Zukunft 26 Millionen Euro anfallen. Das Geld für eine Straße, die 10 Millionen Euro kosten solle, habe die Stadt einfach nicht.

Rückblende

Noch im Januar 2019 hatte der Gemeinderat dem Straßenvorhaben mehrheitlich zugestimmt. Allerdings gab es schon damals erhebliche Widerstände. Vor allem wegen der Kosten. Die lange Planungsphase des Projekts hat der Stadt herbe Mehrkosten beschert. So mussten 2019 die Sicherheitsstandards des Straßenausbaus neu angepasst werden, da die ursprüngliche Planung noch von 2005 stammt. Zugleich wurde 2019 die Kosten neu berechnet. Das Ergebnis war ein Kostenschock: Mit 10,4 Millionen Euro wurde Ostanbindung mehr als doppelt so teuer als ursprünglich berechnet. Und das für ein Straßenstück mit gerade Mal 531 Meter Länge. Im vergangenen Januar war eine Mehrheit im Gemeinderat noch bereit, diese Kostenkröte zu schlucken. Denn eine weitere Verzögerung hätte bedeutet, dass das acht Jahre gültige Planfeststellungsverfahren ausläuft und der Straßenbau um Jahre zurückgeworfen wird. Zum anderen gab es im Rat durchaus Bereitschaft, dem jahrlangen Drängen von Schwenninger Unternehmen im Industriegebiet-Ost nachzukommen.