Die Bemühungen der Stadtwerke, für den Bau eines größeren Solarparks im Zentralbereich einen Grundstückstausch mit privaten Grundbesitzern zu erzielen, ist gescheitert. Damit dürften auch die Tage des beliebten Sonnenblumenfelds bei den Bertholdshöfen gezählt sein.
Am Dienstag, 29. April werden sich die Stadträte im Technischen Ausschuss in öffentlicher Sitzung mit dem künftigen Solarpark beschäftigen (17 Uhr, Neue Tonhalle), in der darauffolgenden Woche der Gemeinderat. Beschlossen werden soll die Aufstellung eines Bebauungsplans.
Wie berichtet, hatte der Gemeinderat im März grundsätzlich beschlossen, im Zentralbereich bei den Bertholdshöfen eine größere Freiland-Photovoltaik-Anlage zu errichten. Damit soll die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien in VS von neun auf 18 Prozent verdoppelt und ein großer Schritt zu mehr Klimaneutralität der Stadt gemacht werden.
Die Flächen sind jetzt definiert
Das Gebiet, in dem künftig Photovoltaikmodule aufgestellt werden sollen, ist inzwischen konkret definiert: Als künftiger Bereich für den Solarpark werden zwei voneinander getrennte, größere Flächen südlich der Landesstraße 173 (Villingen – Schwenningen) und östlich des Kopsbühls ausgewiesen. Die Flächen haben eine Größe von insgesamt knapp 35 Hektar.

Nicht erfüllt haben sich die Hoffnung der meisten Gemeinderatsfraktionen, den geplanten Solarpark im südlichen Bereich des Untersuchungsgebietes, in der Nähe der Bundesstraße 33 bei der dortigen Gaskugel, zu konzentrieren. Die Verhandlungen mit den beteiligten privaten Grundstückseigentümern sind offenbar gescheitert.
„Angebot nicht in Anspruch genommen“
„Das Angebot eines Flächentausches wurde nicht in Anspruch genommen“, bestätigte auf SÜDKURIER-Anfrage dazu kurz und knapp der Geschäftsführer der Stadtwerke, Gregor Gülpen. Daher kommen nun die in der Vorlage des Gemeinderates ausgewiesenen Flächen „zum Tragen“.
Das bedeutet, dass auch das vom Gartenbaubetrieb Wildi angelegte Sonnenblumenfeld, das sich in den vergangenen Jahren im Sommer als beliebter Naherholungsbereich und abendlicher Treffpunkt etabliert hat, in die „Erzeugungslandschaft Zentralbereich“, so der Arbeitstitel des Solarparks, aufgenommen wird. Das bislang verpachtete Feld ist im Eigentum der Stadt und stellt den nördlichen Teil des künftigen Solarparks dar.

Auf einmal ist eine Agri-PV-Anlage
Die Planung der Stadtwerke beinhaltet eine weitere bemerkenswerte Wendung. Wie aus der Sitzungsvorlage der Stadt hervorgeht, soll die Stromproduktion in diesem Gebiet jetzt offenbar vollständig als Agri-PV-Anlage ausgestaltet werden. So zumindest lautet der Vorschlag der Stadtwerke.
Vorgesehen sind bifaziale Module in Form einer Zaunanlage, die in einem Abstand von etwa zwölf Metern parallel zueinander errichtet werden. In den Zwischenbereichen ist eine landwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich.
Bifaziale Module sind Solarmodule, die auf beiden Seiten lichtabsorbierende Schichten besitzen. Im Gegensatz zu einseitigen Solarmodulen können sie Sonnenlicht sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite, zum Beispiel die Morgen- und Abendsonne, absorbieren und in elektrische Energie umwandeln.
Eine solche Agri-PV-Anlage wurde in den vergangenen Jahren beispielsweise in Donauschingen-Aasen von der Solarfirma Next 2 sun realisiert. Hier gehen Getreide- und Stromerzeugung Hand in Hand.
Landwirtschaft und Stromerzeugung
„Die Erzeugungslandschaft im Zentralbereich bringt mit dem Vorschlag zu Agri-PV ökologische Energieerzeugung und Landwirtschaft zusammen. Dies ist nun der erste Schritt, bevor über eine weitere Ausgestaltung entschieden wird“, erläutert dazu Stadtwerke-Geschäftsführer Gregor Gülpen.
Ursula Glunk, aktives Mitglied der Interessensgemeinschaft Landschaftserhalt Bertholdshöfe, sieht in der vorgeschlagenen Agri-PV-Anlage durchaus „eine neue Situation“. Für die Landwirtschaft, so räumt die Kritikerin des Solarparks ein, sei dies vermutlich eine bessere Lösung als zuvor geplante Stromerzeugung ohne landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten.
Für die Gegner noch immer der falsche Ort
Gleichwohl, so verdeutlicht sie, sei die Interessensgemeinschaft nach wie vor der Ansicht, dass der Bereich um die Bertholdshöfe „der falsche Platz“ für einen Solarpark sei. Dafür seien die landwirtschaftlichen Böden zu wertvoll. So ein Projekt wäre, wie schon mehrfach vorgeschlagen, besser auf minderwertigen Flächen wie am Stallberg Richtung Marbach, oder aber auf bereits versiegelten Flächen wie Parkplätze oder Dächer, aufgehoben.

Dass der vom Gemeinderat erhoffte Grundstückstausch nicht zustande kam, ist für Ursula Glunk ein klarer Hinweis, dass auch viele private Grundbesitzer und Nicht-Landwirte den Solarpark prinzipiell ablehnten, obwohl sie mit dieser Nutzung deutlich höhere Pachten erzielen könnten.
Warum die Stadtwerke auf einmal auf eine Agri-Photovoltaik-Anlage umgeschwenkt seien, ist auch für die Anwohnerin nicht klar ersichtlich. Sie vermutet, dass sich die Stadtwerke dadurch höhere Zuschüsse und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung erhofften.
Mit dem jetzt anstehenden Beschluss, einen Bebauungsplan aufzustellen, schafft die Stadt die rechtliche Grundlage, um in dem definierten Bereich in den nächsten Jahren einen Solarpark bauen zu können.