Jörg Eichling greift an den Sitz hinter sich. Zieht die Gurte hervor, schnallt sich den Rucksack mit der Druckluftflasche um, der im Feuerwehrfahrzeug auf seinen Einsatz wartet.

Mit routiniertem Griff setzt er das Atemschutzgerät auf, er hat ein eigenes mit integrierter Brille in seiner Stärke. Brandschutzhaube drüber, kein Stückchen Haut darf frei bleiben. Zum Schluss der Helm mit dem großen „A“ für Atemschutzträger und die feuerfesten Handschuhe. Jörg Eichling ist einsatzbereit.

Atemschutzträger Jörg Eichling macht sich einsatzbereit Video: Göbel, Nathalie

So lief es auch am Samstag, 14. Juni, als der 46-Jährige zusammen mit den Feuerwehrkameraden aus nahezu allen Abteilungen in VS, aus Mönchweiler und Brigachtal in der Gerberstraße im Einsatz war. Ein Großbrand in der eng bebauten Altstadt: Das ist auch für erfahrene Einsatzkräfte keine Routineangelegenheit.

Bei der Feuerwehr Villingen-Schwenningen gibt es insgesamt 200 Atemschutzträger. Nach jedem Einsatz muss die Ausrüstung gewartet und ...
Bei der Feuerwehr Villingen-Schwenningen gibt es insgesamt 200 Atemschutzträger. Nach jedem Einsatz muss die Ausrüstung gewartet und gereinigt werden. | Bild: Göbel, Nathalie

„Das war schon eine Extremsituation und nicht einfach“, blickt Jörg Eichling zurück. Er ist als 13-Jähriger bei der Jugendfeuerwehr eingestiegen. Heute ist er Oberbrandmeister und stellvertretender Kommandant der Villinger Feuerwehrabteilung.

Bei der Erstmeldung „Balkonbrand“ sei er noch nicht sonderlich beunruhigt gewesen, erinnert er sich. Als er jedoch auf dem schon auf dem Weg zum Gerätehaus die schwarze Rauchwolke über der Innenstadt schwelen sah, war klar: Das ist nicht nur ein einfacher Balkonbrand.

Schon während der Anfahrt zum Einsatzort können sich zwei Atemschutzträger noch im Fahrzeug einsatzbereit machen. Nicht einmal zwei ...
Schon während der Anfahrt zum Einsatzort können sich zwei Atemschutzträger noch im Fahrzeug einsatzbereit machen. Nicht einmal zwei Minuten dauert es, bis alles sitzt. | Bild: Göbel, Nathalie

Als einer von 200 Atemschutzträgern ist Jörg Eichling meist an vorderster Front mit dabei. Am Samstag stand er auf der Drehleiter in der Goldgrubengasse und löschte.

„Normalerweise ist der Einsatz im Drehleiterkorb nicht so anstrengend, als wenn man sich direkt im Gebäude befindet“, sagt er. Durch die enorme Hitzeentwicklung habe man aber auch auf der Drehleiter sehr zu kämpfen gehabt.

Jörg Eichling demonstriert an seinem Feuerwehrkollegen Moritz Klein die Wärmebildkamera. Bei einem Brand werden mit dem Gerät verborgene ...
Jörg Eichling demonstriert an seinem Feuerwehrkollegen Moritz Klein die Wärmebildkamera. Bei einem Brand werden mit dem Gerät verborgene Glutnester aufgespürt. | Bild: Göbel, Nathalie

Das Sommerwetter am Samstag mit Temperaturen von mehr als 30 Grad hätte aber nur bedingt eine Rolle gespielt. „Es wäre bei 20 Grad genauso anstrengend gewesen“, sagt Jörg Eichling. Er hat die ganze Nacht durchgelöscht, war zwölf Stunden vor Ort. Immer wieder flammten Glutnester auf.

Wie viele Liter Wasser er nach dem Einsatz heruntergestürzt hat? Er lacht: „Ich weiß es nicht genau. Aber zehn Flaschen mit je einem halben Liter waren es bestimmt.“

Schläuche schleppen, einen kühlen Kopf bewahren

Die Atemschutzträger haben 15 bis 20 Kilo Ausrüstung auf dem Rücken, zusätzlich müssen sie zum Teil die wassergefüllten Schläuche Treppen hochtragen. Das alles unter Zeitdruck und zugleich unter der Prämisse, bei allem Stress nicht in Hektik zu verfallen.

Die Druckluftflasche wird kontrolliert Video: Göbel, Nathalie

Jörg Eichling ist von Beruf Entwicklungsingenieur und lebt seit 2010 in Villingen. Nach seinem Umzug ist er direkt in die Feuerwehr eingetreten. „Man macht etwas Sinnvolles, lernt Menschen kennen und hat viel Abwechslung“, sagt er. Unfälle, Türöffnungen, Gewässerverschmutzungen – kein Tag gleicht dem anderen.

Hitze durchdringt Spezialkleidung

Und manche sind noch einmal besonders fordernd. So wie der 14. Juni 2025. „Bei einem voll ausgebrochenen Zimmerbrand herrschen Temperaturen von rund 800 Grad“, erklärt der Oberbrandmeister. Die Räume werden dann zwar auch von der Feuerwehr nicht betreten. Doch auch beim Löschen mit Abstand sei die Hitze durch die Spezialkleidung hindurch zu spüren.

Eigenschutz geht immer vor

Die Einsatzkleidung besteht aus speziellen Membranen und kann Flammen kurzzeitig Stand halten. Etwa, wenn es zu einer Durchzündung kommt.

„Natürlich kann man sich damit aber nicht eine halbe Stunde ins Feuer stellen“, sagt Jörg Eichling. Ein paar wenige Sekunden hält die Kleidung direkte Flammen aber aus.

Der Eigenschutz: Er geht bei der Feuerwehr immer vor. Das ist auch der Grund, warum Feuerwehrleute niemals alleine in einem brennenden Gebäude unterwegs sind. Immer zu zweit, lautet die Devise.

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Zusätzlich stehe immer ein Sicherheitstrupp bereit – ebenfalls zwei Personen – um eingreifen zu können, wenn einem Feuerwehrmann oder einer Feuerwehrfrau etwas passiert. Das muss nicht unbedingt die einstürzende Decke sein. Aber in einem Haus in Vollbrand ist auch ein verknackster Knöchel lebensgefährlich.

Was die Feuerwehr im Einsatz noch dabei hat Video: Göbel, Nathalie

Für den größten Notfall hat auch jede Einsatzkraft einen schweren Karabiner am Feuerwehrgürtel und eine Tasche mit einem Rettungsseil dabei, um sich notfalls aus einem Gebäude abseilen zu können, sollten alle Fluchtwege versperrt sein.

Bei 300 bar ist die Druckluftflasche gefüllt. Das wird vor jedem Einsatz kontrolliert.
Bei 300 bar ist die Druckluftflasche gefüllt. Das wird vor jedem Einsatz kontrolliert. | Bild: Göbel, Nathalie

Auch eine Axt ist mit dabei, mit der Fensterscheiben oder auch Türen eingeschlagen werden können und mit der bei dichtem Rauch – ähnlich einem Taststock für Blinde – die Umgebung abgetastet werden kann, beispielsweise auch nach Personen. „Gerade Kinder verstecken sich bei einem Brand oft unter Betten“, sagt Jörg Eichling.

Brand weckt Erinnerungen an 2017

Diesmal mussten sie keine Personen aus den brennenden Gebäuden retten. Anders als im Herbst 2017, als es wenige Häuser weiter an der Ecke zur Paradiesgasse brannte. Zehn Menschen rettete die Feuerwehr damals über die Drehleiter aus dem Flammen. „Das war noch einmal besonders herausfordernd“, erinnert sich Jörg Eichling.

Auch der Schlauchkorb muss mit: Schweres Tragen gehört bei der Feuerwehr zum Alltag.
Auch der Schlauchkorb muss mit: Schweres Tragen gehört bei der Feuerwehr zum Alltag. | Bild: Göbel, Nathalie

Den Brand vom Samstag wird er auch nicht so schnell vergessen, zumal er zu den ersten gehörte, die vor Ort waren. Gemeldet wurde der Brand in der Gerberstraße. „Als wir ankamen, riefen uns schon Leute zu, dass es eigentlich in der Goldgrubengasse brennt“, schildert Eichling.

Die Feuerwehr: 24 Stunden an 365 Tagen einsatzbereit. In Villingen-Schwenningen gehören der Feuerwehr rund 430 Aktive an.
Die Feuerwehr: 24 Stunden an 365 Tagen einsatzbereit. In Villingen-Schwenningen gehören der Feuerwehr rund 430 Aktive an. | Bild: Göbel, Nathalie

Er sei dann direkt in die Goldgrubengasse gerannt, wo bereits die Holzbalkone in Flammen standen, dorthin wurde auch das Drehleiterfahrzeug wenig später manövriert. In den engen Gassen der Altstadt eine zusätzliche Herausforderung.

Die Last des ersten Trupps

Überhaupt: Als erster Trupp am Einsatzort zu sein, sei immer eine besondere Situation. „Man kann nicht alles gleichzeitig abarbeiten und muss schnell Entscheidungen treffen.“

Der Einsatz in Gerberstraße und Goldgrubengasse: Routine und Ausnahme zugleich. Und ein Beleg dafür, wie wichtig eingespielte Abläufe und gut geschulte Kräfte im Ernstfall sind.