Will die CDU ihr konservatives Profil schärfen und auch für Wählerinnen und Wähler rechts von der Mitte wieder wählbar sein? Was da als Schreckgespenst über Berlin kreist, wird nun auch zur Diskussion auf örtlicher Ebene.

Die Zahl der Kritiker wird größer

Die Gemeinderatsfraktion der Christdemokraten veröffentlichte Ende April einen Antrag, der an Entscheidungen im Bereich der Klimapolitik und der Migration rüttelt. Die Grünen meldeten sich daraufhin zu Wort (‚Populistisch, tendenziös und nicht zielführend‘), und auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Nicola Schurr (‚Der Kompass der CDU ist verrutscht‘) teilte zuletzt heftig in Richtung CDU aus und überlegt sich gar, ob man nach Gemeinderatssitzungen gemeinsam noch auf ein Bier zusammensitzen könne.

In der Diskussion wird deutlich: Es sind nicht allein die inhaltlichen Punkte, die beim politischen Mitbewerber für heftigen Widerspruch sorgen. Vielmehr gibt es nun die Bedenken grundsätzlicher Art: Wird die CDU nun auch in Zukunft darauf bauen, mit Hilfe der AfD Mehrheiten für ihre Sicht der Dinge zu generieren. Oder wie zuletzt geschehen umgekehrt: Die AfD bei deren Anträgen unterstützen?

FDP kritisiert CDU scharf

Diese Befürchtungen scheint es nicht nicht nur im linken Lager zu geben. So erinnerte FDP-Fraktionschef Frank Bonath die CDU in der Gemeinderatssitzung an die bisher bestehende Maßgabe, auch das bürgerliche Lager unterstütze aus Prinzip keine AfD-Anträge, unabhängig von deren Sinnhaftigkeit. Bonaths Fraktionskollegin Kathrin Piazolo legt nun nach. Sie erinnert in einer Stellungnahme daran, dass die KfW-40-Förderung 2021 nicht zuletzt mit den Stimmen der CDU durchgegangen sei.

Kathrin Steiger, FDP
Kathrin Steiger, FDP | Bild: Michael Steiger

„Nicht gut für die Stadt“

Bei der FDP wundert man sich über den raschen Meinungsumschwung bei der CDU, die einen fast gleichlautenden AfD-Antrag vor der Bundestag noch abgelehnt hatte, mittlerweile aber munter mit der eben erst bundesweit als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei mitstimmt. „Heute, wo auf Bundesebene über eine Koalition mit der AfD laut nachgedacht wird, scheint das keine Rolle mehr zu spielen“, schreibt Piazolo in ihrer Stellungnahme.

Und weiter: „Das ist nicht konsequent, und es ist nicht gut für unsere Stadt.“ Politik brauche Verlässlichkeit. Grundsätzlich halte sie es für schwer erträglich, wenn politische Beschlüsse im Gemeinderat regelmäßig neu aufgerufen würden, weil Fraktionen im Halbjahresrhythmus ihre Meinung änderten. „So kommen wir als Stadt nicht voran, sondern drehen uns nur um uns und im Kreis“, ärgert sich die FDP-Gemeinderätin.

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Gegen Rolle rückwärts

Sie erinnert daran, dass sich die FDP seinerzeit klar gegen die KfW-40-Förderregel ausgesprochen habe (“Bürokratiemonster“), nun aber an dem damaligen Beschluss auch nicht mehr rütteln wolle. „Ein Ausstieg ist realistisch nicht mehr möglich“, urteilt Piazolo. Sie trage diesen Prozess inzwischen mit, weil sie Schaden von der Stadt abwenden wollte.

Eine Rückabwicklung des KfW-40-Beschlusses würde ihrer Meinung nach dem gesamten European Energy Award wirtschaftlich erheblich schaden – nicht nur, weil dann Mittel verloren gehen könnten, sondern auch, weil bereits getätigte Investitionen entwertet würden. „Das wäre schlichtweg verbranntes Geld“, heißt es aus der FDP.

Initiative Seebrücke meldet sich zu Wort

Kritik kommt auch von der Initiative Seebrücke. Unterstützt von den weiteren Initiativen VS ist bunt, Fridays for Future und Extinction Rebellion schreiben sie in einer Stellungnahme: „Am 28. April hat die lokale CDU einen Antrag eingereicht, mit dem sie wieder einmal zeigt, dass sie weder Wert auf Maßnahmen des Klimaschutzes und der Humanität legt noch Probleme hat, Inhalte rechtsextremer Parteien zu übernehmen und mit diesen zusammen umzusetzen.“

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Die Initiative kritisiert den ihrer Meinung nach rasanten Stimmungsumschwung der CDU in Fragen des Klimaschutzes, wendet sich aber ebenfalls gegen die „Normalisierung einer rechtsextremen Partei“, indem die Christdemokraten Anträge der AfD unterstützen. Die Initiative Seebrücke warnt: „Die populistischen Forderungen der AfD unter CDU-Label umzusetzen, hilft am Ende nur der extremen Rechten.“