Sind zwei Gaststätten in der Villinger Färberstraße zu laut? Werden sie betrieben wie kleine Discos? Wusste die Stadt schon länger davon, konnte aber nichts dagegen unternehmen? Darum ging es am Dienstag in der letzten Sitzung des VS-Gemeinderats vor der Sommerpause in der Neuen Tonhalle.
Rückblick: Am Mittwoch der vergangenen Woche war das Thema erstmals im Gemeinderat vorgetragen worden. Ein Mann, der über einer der beiden Gaststätten wohnt, hatte geschildert, dass aus den beiden Bars an den Wochenenden oft Musik auf voller Lautstärke zu hören sei. Außerdem sei die Straße stark verschmutzt. Diejenigen, die den Missstand ansprechen, würden außerdem bedroht werden. Die Stadt, so der Vorwurf, wisse schon länger um die Zustände, könne aber nichts unternehmen.
Der Anwohner hatte die Stadt letztlich aufgefordert, die Konzession für die beiden Gaststätten so zu ändern, dass diese künftig um 1 Uhr schließen müssten. Zusätzliche Brisanz hatte das Thema erhalten, weil andere Anwohner behaupteten, dass hinter den „Mini-Discos“ ein türkischer Familienclan stecke.
Und nun?
Das beantwortete Amtsleiter Ralf Glück. Er und seine Kollegen haben in der vergangenen Wochen geschaut, wie viele Ordnungswidrigkeiten es in den vergangenen zwölf Monaten in der Färberstraße gegeben hat.
Demnach habe es vonseiten der Polizei 19 Einsatzberichte im genannten Zeitraum gegeben – neunmal wegen Ruhestörung, sechsmal wegen Konflikten, außerdem wegen Sachbeschädigung, wegen der Sperrzeit (2) und wegen des Verkaufs von Waren. Siebenmal seien Maßnahmen eingeleitet worden, der Rest bezog sich auf private Streitigkeiten.
Auch die Statistik des Kommunalen Ordnungsdiensts (KOD) trug Glück vor. Demnach wurden in den vergangenen zwölf Monaten 27 Vorkomnisse vom KOD gemeldet – elf Ruhestörungen, davon neun in Gaststätten. Die restlichen Berichte befassten sich mit Betäubungsmitteln, dem Jugendschutz, dem Sicherheitsdienst und der Sondernutzung.
Im ersten Halbjahr 2020 – bis zum 18. Juli – war der KOD 161-mal in der Färberstraße aktiv. Vor welchen Gaststätten das war, konnte Glück nicht sagen. Von diesen Einsätzen waren 32 am Donnerstag, 34 am Freitag, 38 am Samstag und 26 am Sonntag, wobei hier die Nacht von Samstag auf Sonntag gemeint sei.
„Für 2020 würde das hochgerechnet 322 Einsätze bedeuten. Und das, obwohl wir zweieinhalb Monate keine geöffneten Gaststätten hatten“, sagt Glück. Die meisten Eintragungen stammten von der Zeit zwischen 22 und 2 Uhr, 2 Prozent sogar nach 0 Uhr.
Bei den Einsätzen in der Färberstraße wurden laut Glück 24 Bußgeldverfahren vom KOD und 57 von der Polizei eingeleitet. Insgesamt seien letztlich 42 Bußgelder verhängt worden. Das macht 24.702,32 Euro. In den Fällen, in denen kein Bußgeld verhängt worden war, wurden mündliche Verwarnungen ausgesprochen. „Wenn eine mündliche Verwarnung verteilt wurde, ist das Verfahren abgeschlossen. Dann wird kein Bußgeldverfahren mehr eingeleitet“, so Glück.
In den vergangenen Jahren seien auch fünf Verfahren zum Entzug der Gaststättenerlaubnis eingeleitet worden. Manche Verfahren liefen teilweise noch.
Im Anschluss an Glücks Ausführungen ging Oberbürgermeister Jürgen Roth auf die in der vergangenen Wochen gestellten Fragen ein. Demnach wies der OB den Vorwurf zurück, die Stadt würde nicht mit aller Härte gegen Lärmbelästigung vor. Es seien Auflagen erteilt wurden, Geldbußen verhängt und mehrfach die Gaststättenerlaubnis entzogen worden.
Auch den Vorwurf, dass in zwei Gaststätten illegale Disco betrieben werden, wies Roth zurück. Diese Frage betreffe vor allem das Baurecht, die Frage werde gerade geprüft. Generell sie die Abgrenzung zwischen einer Disco und einer Wirtschaft schwierig.
Auch die Vorwürfe, die Gaststätten, über die sich Anwohner beschwert hatten, würden von Strohmännern geführt, weil die ursprünglichen Besitzer ihre Lizenz verloren hatten, ist laut OB Roth nicht richtig. Es gebe hierzu keinerlei Beweise. Den Mietern sei aber nicht gesagt worden, dass es mit den Gaststätten keine Probleme gebe.
Familienclan?
Auch, dass es sich bei den Betreibern um Mitglieder eines türkischen Familienclans handle, sei durch keine Beweise oder Anzeichen belegt.
Die Frage sie nun, wie es weitergehe. Man müsse, so der OB, eine Lärmmessung machen. Erst dann habe man, sollte der Lärm zu groß sein, „handfeste Beweise“. Roth: „Ich bitte alle Betroffenen, uns dabei zu helfen, die Messungen richtig zu machen. Das ist nervig, das ist anstrengend, aber absolut nötig.“ Dazu werde es Gesprächsrunden mit den Anwohnern geben.
Eventuell, so ein Vorschlag, müsse man über die Verlängerung der Sperrzeiten nachdenken. Die wurden vor einigen Jahren auf 5 beziehungsweise 3 Uhr festgelegt. Auch die Tatsache, dass der KOD mehr Mitarbeiter bekommen müsse, schien im Gemeinderat auf offene Ohren zu stoßen. Veronique Ballof, CDU, schlug vor, vielleicht auch andere Plätze für Jugendliche zu finden, als nur die Färberstraße.
Zufrieden waren aber nicht alle Zuhörer der Gemeinderatssitzung, wie sie im Anschluss außerhalb der Tonhalle deutlich machten. Klar ist: Der Streit um vor allem zwei Gaststätten in der Färberstraße geht weiter.