Nordstetten hat derzeit viel Politiker-Besuch. Vor einer Woche weilte die Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun vor Ort, jetzt kam Frank Bonath (FDP). Wie unterschiedlich treten sie auf? Eine Kurzanalyse.

Nähe oder Distanz?

Martina Braun besichtigte vor der Abendveranstaltung mit Ernst Reiser dessen Bauernhof. Die beiden kennen sich seit Jahrzehnten. „Martina hat mir immer Eier mitgebracht“, bekannte Reiser an dem Abend. „Ach drum ist der so drauf“, wurde an dem Abend gefrotzelt. Die Landwirtin aus Linach schlug sich in Nordstetten erkennbar auf die Seite der Bürger. Sie lobte die Ausarbeitungen und Begründungen der Protestführer.

Dass sie damit eine große Erwartungshaltung hervorruft, ist klar. Wird das zu halten sein für Braun, wenn immerhin der grüne Landesverkehrsminister Hermann zuletzt hinter dem Lückenschluss stand? Braun ist da unbeirrt: „Wie die Planungen mit dem Naturschutz etwa beim Mönchsee einhergehen können, weiß ich nicht“, zweifelte sie offen in Nordstetten.

Martina Braun klebte an dem Abend an ihrem Platz. Sie erhob sich anfangs zum Sprechen, unterließ dies aber gegen später.

Oder so? Frank Bonath in Nordstetten. Hier vor einem Teil der Versammlung im Nordstetter Hof.
Oder so? Frank Bonath in Nordstetten. Hier vor einem Teil der Versammlung im Nordstetter Hof. | Bild: Trippl, Norbert

Anders Bonath: Er stand von seinem Tisch auf und trat in die Mitte des Saales. Dort blieb er fortan, so, als wolle er die Manege dominieren.

Wie auch Braun apportierte Bonath an dem Abend die Argumente der Nordstettener. In der Folge unterscheiden sich die beiden aber. Bonath machte klar, dass er „die Argumente verstehe“, er unterstrich aber ganz offen, dass er neutral bleibe und für sich die Sachlage prüfe. Eine persönliche Haltung zum Nordstetter Problem will er nicht äußern.

„Der Lückenschluss muss her“, war einer der zentralen Sätze Bonaths. Dass die Nordstettener dagegen gar nichts haben, sondern nur gegen die Anbindung ihres Ortes protestieren, wurde erst im Verlauf des Abends für ihn deutlich.

Stil des Auftritts

Optisch hätten die beiden Landespolitiker nicht verschiedener auftreten können: Martina Braun kam in lockerer Straßenkleidung: Kurzarmbluse, Hose und Punkt. Bonath? Er stach mit seinem blauen Anzug und dem weißen Hemd aus der Versammlung heraus. eine bewusste Distanzierung war das nicht. Sein Namensschild am Revers hatte er vergessen und trug es in Nordstetten noch immer. Er war zuvor auf einem anderen Termin, wirkte aber wie ein Fremder.

Draht ins Ministerium

Bonath prunkte erkennbar mit seinen Verbindungen ins Bundesverkehrsministerium: „Das ist ja schließlich FDP-geführt.“ Seit die CDU aus der Regierung gefallen ist, gerät Schwarzwald-Baar ins politische Abseits.

Martina Braun schmückte sich bei ihrem Abend in Nordstetten kein einziges Mal mit Verbindungen in Stuttgart. Wie sie etwa mit Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) steht, ist ebenso unklar wie ihre politische Durchsetzungsfähigkeit für die Region auf dem Stuttgarter Parkett der Landespolitik.

Die nächsten Schritte

Braun kündigte in Nordstetten klare Schritte an. Den Fragenkatalog der Bürger zum Projekt will sie im Ministerium und im Regierungspräsidium, der Außenstelle des Landes in Freiburg, stellen. Sie sagte wörtlich in Nordstetten, sie werde „auf Antworten drängen und berichten“. Bonath blieb hier mehr im Ungefähren. Er kündigte zwar Aktivitäten an, benannte diese aber nicht.

Sitzfleisch-Punkte

Der Abend mit Martina Braun dauerte fast eine Stunde länger als der mit Frank Bonath. Als Ernst Reiser bei Bonath gegen 22.15 Uhr die Diskussion eröffnen wollte, bog Bonath ab. Freilich war schon zuvor viel diskutiert worden.

Unterm Strich

Nordstetten hat seinen Enterhaken erfolgreich an Bord der beiden Landespolitiker geworfen. B und B werden sich sicherlich für die Belange des Ortes einsetzen. Und Frank Bonath wagte sich ganz spät am Abend noch zu einem Bekenntnis vor: Dass auf der Straße durch Nordstetten viel mehr Verkehr fahren könnte als heute, sei für ihn erst einmal unvorstellbar.

Martina Braun wirkte nahbarer. Die Kümmererin.

Frank Bonath trat auf, wie er arbeitet: Er analysiert das Thema wie eine Bilanz. Er könnte auch anders, das Thema anhand seiner schulpflichtigen Kinder etwa zusammenfassen. Das tut er nicht. Er möchte neutral sein. Damit erzeugt er Distanz.

Glaubwürdigkeit

Martina Braun scheint sich an die Seite der Nordstettener zu stellen. Sie gerät damit auch unter Zugzwang. Kann sie liefern? Oder lässt Winfried Hermann das Straßenstück beim Naturschutzgebiet bauen?

Bonath muss mit seiner Positionierung nicht zwingend liefern. Anderseits: Er und seine FDP waren in VS die einzige Partei, die sich im Gemeinderat früh und klar und unmissverständlich an die Seite der Dorfschulen gestellt hatten, als die Stadtverwaltung drei dieser Häuser als schließungsfähig bezeichnet hatte. Bonath kann mit guten Nachrichten in Nordstetten überraschen, von Martina Braun wird das eher erwartet.