„Wahnsinn“, „Wurden die Zahlen vertauscht?“ und „Das ist doch gar nicht möglich“, das sind nur einige Leserreaktionen im Sozialen Netzwerk Facebook zu unserem Artikel über eine 48-jährige Frau, die am 23. Mai mit einem rekordverdächtigen Promillewert von der Polizei auf der Saarlandstraße in Villingen aus dem Verkehr gezogen wurde.
Ein Atemalkohol-Test hatte einen Promillewert von 5,2 ergeben. Die Frau musste eine Blutprobe abgeben und wurde ärztlich untersucht, der Führerschein wurde einbehalten. Als klar war, dass die Frau in keinem bedrohlichen zustand war, wurde sie in Begleitung von Familienangehörigen wieder nach Hause entlassen. Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer wurde erstattet.
Ein ähnlicher Fall habe sich auch bei Tengen zugetragen. Auf der Bundesstraße 314 zwischen Tengen und Blumenfeld stoppten die Beamten am 21. Mai einen 31 Jahre alten Autofahrer. Dieser brachte es bei einem Alkoholtest auf einen Wert von ebenfalls über fünf Promille.
Auswirkungen von Alkohol
Jetzt stellt sich aber die Frage, wie solch ein Wert überhaupt möglich ist und die beiden Autofahrer überhaupt noch am Steuer ihres Fahrzeugs sitzen konnte. Denn: Bei Erwachsenen geht man davon aus, dass ab Werten ab vier Promille bereits Lähmungen, Koma oder ein Atemstillstand möglich sind. Bereits ab drei Promille drohen Symptome wie Bewusstlosigkeit, Gedächtnisverlust oder eine schwache Atmung.
Ab zwei Promille sind Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen, Erbrechen und ein stark reduziertes Reaktionsvermögen möglich. Ab einem Promille verschlechtert sich bereits die Sehfähigkeit, die räumliche Wahrnehmung sowie die Reaktionsfähigkeit, es kommt zu Gleichgewichtsstörungen, Verwirrtheit oder Sprechstörungen. Außerdem steigt die Aggressionsbereitschaft.
Körper wird tolerant
„Es ist jedoch bekannt, dass sich der Körper an Alkohol gewöhnen kann“, versucht Polizeisprecher Jörg-Dieter Kluge vom Polizeipräsidium Konstanz ganz generell eine Erklärung für solch hohe Promillewerte zu suchen. Ob das im Villinger aktuellen Fall so war, könne er aber nicht sagen. Bei einer Gewöhnung würden die ansonsten bei Erwachsenen üblichen Ausfallerscheinungen reduziert ausfallen, so seine langjährige Erfahrung im Polizeidienst, die meist bereits ab zwei Promille auftreten würden.
Messgeräte sehr genau
Einen Fehler im Messergebnis schließt er mit großer Wahrscheinlichkeit aus. Der exakte Wert der Blutprobe liege zwar beim Villinger Fall noch nicht vor, so Kluge, das die Ergebnisse von unabhängigen Instituten meist erst drei bis vier Tage nach der Blutentnahme übermittelt würden. Aus Erfahrung sagt er aber, dass Abweichungen in den beiden Messwerten meist nur minimal ausfallen würden. „Der Unterschied liegt gewöhnlich im Zehntelbereich“, erklärt er. Ein Blutwert unter fünf Promille sei daher sehr unwahrscheinlich.
„Die Messgeräte sind heute sehr genau und lassen sich fast nicht mehr überlisten“, erklärt der Sprecher weiter. Spezielle Atemtechniken, ein Kaugummi im Mund und andere Tricks, all das beeindrucke die heutigen Geräte nicht mehr. Selbst in entgegengesetzter Richtung sind falsche Ergebnisse kaum noch möglich, also wenn zum Beispiel kurz vor einer Kontrolle noch ein hochprozentiges Getränk konsumiert wurde. „Die Geräte messen nur noch den Alkoholwert in der Atemluft“, so Kluge. Auch dass nicht korrekt gepustet würde, erkennen moderne Alcomaten, so werden die Atemalkohol-Testgeräte genannt.
Solche Fälle sind selten
Mit betrunkenen Autofahrern haben die Beamten nahezu täglich zu tun, auch mal mit stark angetrunkenen Fahrzeuglenkern. Doch solche extremen Werte, wie nun in Villingen, sind auch für die Beamten eine Seltenheit. „In diesem Jahr war es der erste solche Fall hier“, so Kluge.
Hohe Promillewerte
Auch wenn die extremen Ausreißer sehr selten sind, so sind hohe Promillewerte dennoch keine Seltenheit im Polizeibericht, wie ein Blick zurück in das SÜDKURIER-Archiv beweist. Hier gibt es einige Beispiele:
- 3,64 Promille: Eine 46 Jahre alte Frau kippte in einer Tuttlinger Gaststätte mit 3,64 Promille vom Barhocker. Die Wirtin musste Bußgeld zahlen. Zum Artikel.
- 3,7 Promille: Polizei staunte über einen Promillewert von 3,7 bei einem Betrunkenen in der Villinger Färberstraße. Zum Artikel.
- 3,72 Promille: Ganz ordentlichen einen über den Durst getrunken hatte eine 41-jährige Frau in Tuttlingen, die mit 3,72 Promille in die Klinik eingeliefert wurde. Zum Artikel.
- 3,78 Promille: Mit rekordverdächtigen 3,78 Promille torkelte eine 42 Jahre alte Frau im volltrunkenen Zustand, ohne Schuhe und vollkommen orientierungslos durch die Innenstadt von Tuttlingen. Zum Artikel.
- 3,91 Promille: Mit 3,91 Promille Alkohol im Blut wollte sich ein 50-jähriger Mann in Tuttlingen beim Zentralen Omnibusbahnhof schlafen legen. Zum Artikel.
- 4 Promille: Sage und schreibe vier Promille Alkohol im Blut hatte ein 33-jähriger Mann, der an der Bundesstraße 31 bei Hinterzarten entlang torkelte. Zum Artikel.
- 4,04 Promille: Sage und schreibe 4,04 Promille hatte ein Autofahrer im Blut, den die Polizei bei Gunningen aus dem Verkehr zog. Der Führerschein konnte dem Mann nicht abgenommen werden, denn er hat keinen. Zum Artikel.
- 4,14 Promille: Die Polizei fand eine 52 Jahre alte Frau aus einer Kreisgemeinde am Tuttlinger Omnibusbahnhof reglos auf einer Parkbank. Sie hatte 4,14 Promille im Blut. Zum Artikel.
- 4,75 Promille: Ein zu einer Freiheitsstrafe Verurteilter hat zusammen mit seinen Brüdern und Freunden die letzten Tage in Freiheit ausgiebig mit einem Trinkgelage gefeiert. Am Ende hatte der Verurteilte 4,75 Promille. Zum Artikel.
- 4,9 Promille: Da staunten selbst erfahrene Polizeibeamte, als sie zu einem Verkehrsunfall bei Dauchingen kamen. Bei einem 59-jährigen Mann stellten die Beamten einen Rekordwert von 4,9 Promille fest. Zum Artikel.
- 5,2 Promille: Eine 37-Jährige hat in Rottweil knapp 5,2 Promille Alkohol ins Testgerät geblasen. Laut Polizei konnte sich die Frau noch artikulieren und auch noch gehen. Zum Artikel.