Nikolas Schaal revolutioniert die moderne Schifffahrt, indem er an autonomen Schiffssteuerungen forscht. Dafür wurde dem Villinger nun in Bern die Auszeichnung Swiss Logistics Award verliehen. Schaal lebt und arbeitet in Luzern am Vierwaldstätter See für die Firma Shiptec. Was genau aber tüftelt der 42-Jährigen aus, wo werden seine Systeme eingesetzt – und wie hat es Nikolas Schaal bis in diese Position geschafft?
Segeln auf dem Genfer See
Mit dem Thema Schifffahrt kam der Schwarzwälder schon als Kind in Berührung. Das Segeln hat Schaal schon mit 13 Jahren auf dem Genfer See erlernt. Eigentlich wollten seine Eltern damals nur, dass der Junge zusammen mit seiner Schwester Französisch lernt. Das hat auch funktioniert. 2002 hat er am Romäusring-Gymnasium sein Abitur abgelegt und danach in Stuttgart Maschinenbau studiert.
Auch ein Jahr Auslandsstudium in Neuseeland hat Nikolas Schaal absolviert. Seine Diplom-Arbeit hat er dann bei der Firma Hilti in Lichtenstein gemacht, um dort dann auch für die erste Zeit im Bereich der Fertigungstechnik zu arbeiten.
In Zürich promoviert
Danach ging es dann an die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) nach Zürich, wo Schaal 2018 den Doktortitel erwart und danach bei der Firma Balzer Oerlikon die Leitung des Applikationslabors übernahm. Dazwischen war natürlich auch immer mal wieder Segeln angesagt, auf verschiedenen Binnenseen und später auch im Salzwasser, erzählt er.
In der Corona-Zeit mit der Familie über den Atlantik gesegelt
Der erste Corona-Lockdown löste dann bei Schaal den Impuls aus, einen großen Traum zu realisieren. Zusammen mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern ist er mit einem 13-Meter-Segelschiff über den Atlantik und zurück geschippert. „Zu Corona in die Karibik zu segeln ist definitiv eine gute Idee gewesen“, erinnert er sich noch lebhaft an diese verrückte Zeit.
Selbstständigkeit schon im Blick
In dieser Phase hatte er auch viel Zeit zum Nachdenken, wie er sein Leben weiter gestalten will. Und so reifte der Gedanke, sich selbstständig machen zu wollen. Um diesem Gedanken ein solides Fundament zu verleihen, war ihm klar, dass er noch ein MBA-Studium (Master of Business Administration) draufsatteln müsse, um sich als Geschäftsmann auch behaupten zu können.

Stellenanzeige führt ihn nach Luzern
Am Ende hat er diesen Weg dann aber doch nicht weiter verfolgt, denn per Zufall entdeckte er eine interessante Stellenausschreibung. Eine Schweizer Firma suchte einen Projektleiter für die Entwicklung autonomer Schiffe, und das in Luzern am Vierwaldstättersee.
Und genau hier hat sich für Nikolas Schaal der Kreis geschlossen: Schifffahrt, High-Tech-Forschung und Produktentwicklung und das ganze noch in der Schweiz im wunderschönen Luzern direkt am See – das hat für ihn alles gepasst.
Die Luzerner Firma Shiptec AG ist international anerkannt für moderne Lösungen im Schiffbau und Schiffsystemtechnik. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung und den Bau von elektrischen und hybriden Energie- und Antriebssystemen. Dazu gehört auch das Thema Digitalisierung aller Systeme an Land. Und autonomes Fahren – also Schiffe, die sich selbstständig steuern können.
Viele Daten sammeln
„Bei unserem Projekt EcoShip geht es in erster Linie um Sicherheit und Energieeffizienz. Und genau die können wir durch autonome Steuerungen noch weiter verbessern“, erklärt Schaal, der inzwischen diesen Geschäftsbereich verantwortet.
Sein Vorteil: Die Firma betreibt auch kommerzielle Schiffe auf dem Vierwaldstädter See. Eine ideale Basis, um im Alltagsbetrieb jede Menge Daten sammeln zu können. „So ein Schiff ist sehr komplex und die Schiffsführer haben sehr viel Erfahrung, auf denen ihre jeweiligen Entscheidungen basieren“, erläutert Schaal die Mammutaufgabe.

Ein Prototyp schippert bereits auf dem See
Ein Prototyp fährt bereits auf dem See, bis zum Mast vollgepackt mit High-Tech-Elektronik, Sensoren und Computern. Bis so ein Schiff auch für die allgemeine Schifffahrt mit Fracht oder Passagieren zugelassen wird, dürfte aber noch etwas dauern, da ist sich Schaal sicher.
Denn so ein autonomes Schiff muss sich nicht nur selbst perfekt steuern, vielmehr muss es auf andere, normale Schiffe in seiner Umgebung Rücksicht nehmen. „Und bei uns auf dem See gibt es auch noch Schwimmer, denen müssen wir auch ausweichen können“, erläutert Schaal eine der großen Herausforderungen bei diesem Projekt.
Optimierte Navi-Systeme für Schiffe
Was aber schon geht und gebaut wird, sind voll elektrisch angetriebene Fähren und optimierte Navigations- und Steuerungssysteme, um möglichst energieeffizient und damit kostengünstig wirtschaften zu können.
Diese sind die Nebenprodukte auf dem Weg zum autonomen Fahren. Und sie verkaufen sich ganz gut. Diese ebenfalls von Schaal und seinem Team entwickelten Systeme werden auf Schiffen in ganz Europa verbaut.
So hat der gebürtige Villinger seinen Traumberuf gefunden und kann seine Liebe zum Wasser weiter ausleben.