War das Gelände zwischen Volkertsweiler und dem Hubenloch als Flugplatz klug gewählt? Diese Frage beschäftigte die Piloten der ersten Stunde immer wieder. Hoher Baumbestand und widrige Winde aus allen Himmelsrichtungen forderten das Können der Flugzeugführer, wie damals die Herren am Steuerknüppel noch genannt wurden, doch sehr.

Einmotorige Wellblechgebilde, die in den Anfangsjahren der Luftfahrt mit dröhnenden Kolbenmotoren das Schwarzwaldstädtchen Villingen ansteuerten, waren technisch von den heutigen Verkehrsmaschinen noch meilenweit entfernt. Und doch bargen sie damals schon das Geheimnis des schnellen Ortswechsels.

Peter Graßmann publiziert zur Flugplatzhistorie

„Besucht den Kneippkurort Villingen im Schwarzwald“, steht auf dem Schild hinter ihm: Peter Graßmann verweist im Franziskaner-Museum auf ...
„Besucht den Kneippkurort Villingen im Schwarzwald“, steht auf dem Schild hinter ihm: Peter Graßmann verweist im Franziskaner-Museum auf die frühe touristische Bedeutung Villingens. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Peter Graßmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Franziskaner-Museum in Villingen, hat im April 2017 in den Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar einen bemerkenswerten Artikel über die Luftfahrtepisode im Westen der Zähringerstadt veröffentlicht.

„Schon als Jugendlicher hat mich die Stadtgeschichte und die Luftfahrt interessiert“, so Graßmann auf die Frage, weshalb er auf das Thema Flugplatz Villingen überhaupt stieß.

Museumskurator Peter Graßmann vermutet, dass diese Steine letzte Relikte am ehemaligen Flugfeld beim Friedengrund sind. Sie waren ...
Museumskurator Peter Graßmann vermutet, dass diese Steine letzte Relikte am ehemaligen Flugfeld beim Friedengrund sind. Sie waren ehemals blau-weiß angestrichen und umgrenzten das eigentliche Flugplatzgelände gegenüber der Landebahn ab. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Fliegen war vor 100 Jahren noch etwas ganz Besonderes. Kaum hatten seinerzeit Pilot und Fluggäste in den engen Ledersitzen Platz genommen und sich vogelgleich der tragenden Luft ausgesetzt, erlaubte der Blick nach unten eine völlig neue Perspektive auf die Welt.

Die Sorge, ob das Fluggerät auch seine Insassen sicher zum Ziel bringen würde, verblasste unter dem begeisterten Eindruck der scheinbaren Schwerelosigkeit bei den Fliegenden.

Villingen will am neuen Flugreiseverkehr teilhaben

Diesen Zauber wollte sich auch die Kurstadt Villingen nicht entgehen lassen. Kaum waren die Wirren des ersten Weltkrieges überwunden, starteten zwei Gesellschaften, um im jungen Markt des Flugreiseverkehrs Fuß zu fassen. Die Stadt als künftiger Flugplatzbetreiber rang um die Gunst der Badisch-Pfälzischen Luftverkehrs-AG mit Sitz in Mannheim (AeroLloyd) und der Badischen Luftverkehrs AG in Karlsruhe (mit ihren bekannten Junkers-Flugzeugen).

Blick aus der Vogelperspektive auf den Villinger Flughafen und das Restaurant am Friedengrund, am oberen Bildrand ist die Tragfläche des ...
Blick aus der Vogelperspektive auf den Villinger Flughafen und das Restaurant am Friedengrund, am oberen Bildrand ist die Tragfläche des Flugzeugs zu sehen. Auch diese Aufnahme dürfte bei der Deutschland-Tour 1937 gemacht worden sein. | Bild: Schollmeyer/Stadtarchiv VS

Zwischenstopp auf dem Weg von Frankfurt nach Zürich

Villingen sollte als Zwischenlandeplatz auf der Strecke Frankfurt – Stuttgart – Zürich dienen. Platz für genug Sprit für einen Direktflug hatte seinerzeit noch keine der kleinen Maschinen, sodass zahlreiche Zwischenlandungen notwendig waren.

Seinerzeit fanden auch lediglich maximal fünf Passagiere Platz in den Maschinen und die Flugpreise waren nur von einer kleinen Klientel von Reisewilligen bezahlbar. Das Fliegen galt dennoch als die Fortbewegungsart der Zukunft.

Lokale Rivalitäten zwischen den Städten Donaueschingen, Furtwangen und Neustadt waren zudem noch Sand im Getriebe um den Erwerb einer Fluglinienanbindung.

Holprige Starts und Landungen

Das Starten und Landen war eine holprige Angelegenheit und die Straße nach Vöhrenbach, die quer über das Fluggelände führte, musste dann ...
Das Starten und Landen war eine holprige Angelegenheit und die Straße nach Vöhrenbach, die quer über das Fluggelände führte, musste dann immer gesperrt werden. | Bild: Schollmeyer, Villingen/Stadtarchiv VS

Offenbar reichte die finanzielle Beteiligung der Beamtenstadt Villingen dem Betreiber Badisch-Pfälzischen Luftverkehrs-AG mit Sitz in Mannheim, dass Villingen als Zwischenstation auf der Linie Mannheim–Baden-Baden–Konstanz seinen Platz finden sollte.

Da das Flugfeld auf einem ehemaligen Exerzierplatz der Garnison und dem angrenzenden Acker ausgewiesen war, gestalteten sich Starts und Landungen aber ausgesprochen holprig. Gebrochene Fahrwerke und damit verbundene unfreiwillige Aufenthalte verlängerten die erwartete kurze Reisezeit.

Noch weist das Flughafen-Restaurant-Schild auf das ehemalige Flugfeld im Westen der Kernstadt Villingens hin.
Noch weist das Flughafen-Restaurant-Schild auf das ehemalige Flugfeld im Westen der Kernstadt Villingens hin. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Unmut über fehlende sanitäre Anlagen

Der damit verbundene Unmut der zahlungskräftigen Reisenden ließ den Landeplatz Villingen nicht gerade in der Beliebtheitsskala vordere Ränge einnehmen. Das fehlende Flughafengebäude mit den notwendigen sanitären Anlagen sowie fehlende Werkstätten brachten die Stadt darüber hinaus schnell in Handlungszwang.

Überhaupt schien es vor 100 Jahren im Friedengrund noch an zahlreichen Infrastrukturmerkmalen eines Flugplatzes zu fehlen. Weder ein Tanklager noch eine gut funktionierende Wetterstation fanden sich dort, wo heute die Fußballer des FC08 Villingen den Ball rollen lassen.

Straße wird bei Starts und Landungen gesperrt

Die Straße nach Vöhrenbach musste obendrein während Starts und Landungen gesperrt werden, führte diese doch mitten über die Star- und Landebahn.

Heute unvorstellbar ist auch die Tatsache, dass der Flugbetrieb ohne Genehmigung des Reichsverkehrsministeriums im Mai 1925 aufgenommen worden war. Obwohl der Flugplatz Villingen noch im Sommer 1925 einen Flugleiterraum und eine Abortanlage bekam, stellte der badische Staat obendrein die Subventionen für die Fluglinie wieder ein.

Inzwischen waren gerade einmal 135 Personen von Villingen aus in die Weite gestartet. Politisches Lob aus Karlsruhe und der Wille am Puls der Welt zu sein, ließen den Weiterbetrieb des Flugfeldes aber zu.

Museumskurator Peter Graßmann vermutet, dass diese Steine letzte Relikte am ehemaligen Flugfeld beim Friedengrund sind. Sie waren ...
Museumskurator Peter Graßmann vermutet, dass diese Steine letzte Relikte am ehemaligen Flugfeld beim Friedengrund sind. Sie waren ehemals blau-weiß angestrichen und umgrenzten das eigentliche Flugplatzgelände gegenüber der Landebahn ab. | Bild: Jörg-Dieter Klatt

Erst 1926 kam dann endlich die offizielle Genehmigung durch das Reichsverkehrsministerium. Neben einer Zubringerlinie aus der Innenstadt stellte auch das noch heute existierende Flughafenrestaurant eine deutliche Verbesserung des Komforts dar.

Während die Maschinen betankt und gewartet wurden, ließen es sich die betuchten Fluggäste im gepflegten Umfeld gut gehen. „Der Flieger kommt“, war allenthalben zu hören, wenn die Junkers-Maschinen vom Typ F13 in Richtung Friedengrund schwebten.

Ein Flugplatzfest lockt 10.000 Besucher an

Um der Faszination rund um das Fliegen Rechnung zu tragen, veranstaltete die Stadt 1926 gar ein Flugplatzfest, dem 10.000 Besucher folgten. Ganze 12 Reichsmark kostete ein Rundflug inklusive Unfallversicherung beim folgenden Flugplatzfest am 7. August 2027.

Kleinere, aber auch spektakuläre Unfälle ließen die Begeisterung für das Fliegen aber immer wanken, schreibt Peter Graßmann in seinem Beitrag. Auch wurden die Flugzeuge immer größer und leistungsfähiger, sodass die Stadt weitere Ausbaumaßnahmen hätte durchführen müssen.

Dieses Foto dürfte bislang unbekannt sein. Es zeigt Flugzeuge, die im Jahre 1937 an der Deutschland-Tour mitflogen und am Villinger ...
Dieses Foto dürfte bislang unbekannt sein. Es zeigt Flugzeuge, die im Jahre 1937 an der Deutschland-Tour mitflogen und am Villinger Flughafen landeten. Im Hintergrund das Flughafen-Restaurant. Die Fotos gehören zu einem Gästebuch des Flugplatzes aus dem Jahr 1937, das sich im Besitz des Stadtarchivs befindet. | Bild: Schollmeyer/Stadtarchiv VS

Ausbleibende Subventionen, Unfälle mit ungeklärten Folgekosten, der Nichtvollzug angemahnter Infrastrukturverbesserungen am Flugplatz sowie der Entzug der Betriebsgenehmigung im Mai 1931 entzogen dem Flugverkehrsplatz Villingen die Betriebsgrundlage. Was allerdings nicht bedeutete, dass nicht auch noch Jahre später dort auf dem Sport- und Notlandeplatz Flugzeuge starten und landen konnten.

Diese Aufnahme zeigt vermutlich Teilnehmer der Deutschland-Tour von 1937 mit einer alten Kutsche vor dem Flughafen-Restaurant. Zwei der ...
Diese Aufnahme zeigt vermutlich Teilnehmer der Deutschland-Tour von 1937 mit einer alten Kutsche vor dem Flughafen-Restaurant. Zwei der Männer tragen Uniformen der Luftwaffe. | Bild: Schollmeyer/Stadtarchiv VS

„So wie Bahnhöfe und Häfen Orte des Aufbruchs gelten, galt in den Zwanziger Jahren auch das Flugfeld Villingen als ein Ort, wo die Zukunft spürbar wurde!“, so Peter Graßmann nicht ohne Begeisterung für seine Forschungstätigkeit auf diesem Gebiet.