Seit März: So gut wie keine Aufträge mehr. Bis Jahresende und darüber hinaus: Kaum Aufträge in Sicht. Bei den Selbständigen der Veranstaltungsbranche macht sich inzwischen Existenznot und Verzweiflung breit. Corona lähmt alle Geschäftstätigkeit. Der SÜDKURIER sprach Cornelia und Markus Käfer von der Firma Käfer PA aus Villingen, die sich beide freimütig zu ihrer Wirtschafts- und Seelenlage äußern.
Käfer PA zählt seit 20 Jahren zu den kleinen, aber feinen Betrieben, die in der Region Dienstleistungen und Technik für Veranstaltungen fast aller Art anbieten. Firmensitz ist in einer Halle im ehemaligen Seemann-Gebäude auf der Schwenninger Steig. Die Stammmannschaft besteht aus vier Personen, dazu kommen etliche Honorarkräfte. In Villingen hat Käfer PA einen exzellenten Ruf, die Firma managt beispielsweise die Technik bei den Fastnachtnachtsbällen in der Tonhalle, den Neujahrsempfang der IHK, die Feste „9 am Münster“ oder die Schwenninger Kulturnacht.
Umsätze unter zehn Prozent
„Die letzten Jahre waren bei uns sehr gut“, sagt Markus Käfer rückblickend. „2020 wäre das beste Jahre geworden“, ist er sicher. Viele Aufträge zu Jahresbeginn. Dann kam die Corona-Pandemie ab 5. März wurden so gut wie alle Aufträge storniert. „Am Anfang haben wir es nicht fassen können.“ Zwischen Mitte März und Ende Juli ist das Auftragsvolumen des Betriebs auf fünf bis zehn Prozent des Üblichen geschrumpft. Die CDU-Kandidatennominierung für die Landtagswahl in der Messehalle sowie die Technik-Ausstattung für einige Gemeinderatsitzungen in Umlandgemeinden waren die letzten regulären Veranstaltungsaufträge.

Das Ehepaar Käfer hat natürlich reagiert, alle Kosten gesenkt soweit möglich, den angestellten Veranstaltungsmeister in Kurzarbeit geschickt, dem Auszubildenden, der im September anfangen wollte, die Lehrstelle abgesagt, und ansonsten gehofft, dass es im Sommer weitergeht. „Als klar war, dass im Sommer auch keine Veranstaltungen möglich sind, war das wie ein Schlag auf den Kopf“, berichtet Conny Käfer. „Ich habe gedacht, dass kann nicht wahr sein, die nehmen uns unsere Existenz.“ Das war die emotionale Seite. Die Entscheidungen der Politik seien nachvollziehbar und richtig wesen, sagen die Käfers. Was sie aber zutiefst schmerzt: Für viele Branchen hat die Politik Lösungen gefunden, damit der Betrieb weitergeht. „Wir wurden mit keiner Silbe erwähnt, die Firmen der Veranstaltungstechnik sind völlig untergegangen.“
Unterm Radar der Politik
Die Käfers sehen sich nicht als etwas Besonderes. Sondern lediglich als ein Beispiel aus dem Heer von zehntausenden Selbständigen ihrer Branche, denen es ähnlich schlecht oder schlechter geht. Ein Problem: Die Kreativbranche, zu der auch sie gehören, zersplittert in 150 spezialisierte Einzelgewerbe. Sie hat keine lautstarke Lobby, zwei Drittel sind Selbständige, darunter sehr viele kleine Betriebe und Solo-Selbständige. „Wir sind völlig unter dem Radar der Politik“, sagt Markus Käfer.

„Als Bürger verstehe ich die Politik, für mich als Unternehmer ist das ein Wahnsinn.“ Es gibt derzeit keinerlei Perspektive, wann das Veranstaltungsgeschäft wieder anläuft und damit auch kein Zielpunkt für das Durchhalten. „Ich kann nicht mal sagen, wann ziehe ich für meine Firma die Reißleine“, zuckt er die Schultern. Die Lage ist dramatisch, das Unternehmen hat keine Einnahmen. „Ich verbrenne gerade meine Rente, die Firma zerbröselt und unsere Halle, die wir gekauft haben, kann ich nicht vermieten“, rekapituliert Käfer die Lage. Denn in der Halle steht sein Vermögen, seine gesamte technische Ausrüstung. Selbst diese ist nichts wert, weil sie gegenwärtig niemand für einen ordentlichen Preis kaufen würde. Ein bis März florierender Betrieb ist wertlos geworden.
Wie überlebt man in dieser Situation? Klar, der Betrieb hat am Anfang 9000 Euro Soforthilfe bekommen, die die Kosten für drei Monate decken sollen. Das Geld reicht allerdings nicht aus. Die Käfers haben das Pech, dass sie ihr Equipment und ihre Halle gekauft haben. Hätten sie geleast oder gepachtet, hätten sie zusätzliche Fördermittel bekommen. So schauen sie in Röhre. Für die Abzahlung ihrer Kredite gibt es kein Geld. Zum Glück bekamen sie noch eine größere Steuerrückzahlung aus dem letzten Jahr. Sonst sähe es düster aus.
Die Chefin näht
Dennoch: „Wir haben ja beide kein Einkommen“, sagt Markus Käfer. Neue Ideen sind gefragt. „Wir sind Unternehmer und wir unternehmen was“, sagt Powerfrau Conny Käfer. Sie selbst hat das Nähen angefangen, zuerst Corona-Mundschutztücher. Dann hat sie sich selbständig gemacht und „Käfers Handwerkmanufaktur“ gegründet. Vom Mundschutz ging sie zur Taschenproduktion über. Bis zu zwölf Stunden am Tag hing sie über der Nähmaschine, um drei ihrer attraktiven „Schwarzwaldtaschen“ zu produzieren. „Ich komme mir vor wie eine Akkordnäherin in Bangladesh„, schildert sie den Stress. Sie will weiter machen, auch wenn sie mittlerweile von einem Bandscheibenvorfall gebremst wurde. „Ich glaube, es lastet derzeit zu viel auf diesen Schultern“, sagt sie.

Die Suche nach Ersatzbeschäftigung wird ihr nicht leicht gemacht. Gleich sei die Handwerkskammer dagestanden und habe Mitgliedsbeiträge verlangt. Eine andere Erwerbsidee im Holzbereich scheiterte an der Gewerberegulierung. Verkaufen darf sie nur als einschlägiger Meisterbetrieb. Die Bürokratie setzt dem Drang, mit irgendetwas Geld zu verdienen, enge Grenzen, hat sie erfahren. Markus Käfer kann ein paar Euro mit Reparaturen von Elektrogeräten. Jeder Euro hilft ihnen, sich von Monat zu Monat zu hangeln.
Und die weiteren Perspektiven? Ein kleiner Lichtblick ist die Messe „Jobs for Future„ in Schwenningen. Sie soll jetzt im September stattfindet und Käfer PA übernimmt die Technik. Doch die Sorge vor einer zweiten Corona-Welle ist groß bei den Käfers. Wenn die Messe im September erneut abgesagt würde, wäre es für Kleinbetrieb eine Katastrophe. „Wir hangeln uns von Monat zu Monat“, sagt Markus Käfer. „Doch wenn nächstes Jahr die Fastnacht wegfällt, dann gehen Dir die Ideen aus.“ Hilfsgelder sind nicht unbedingt das, was sich die Käfers wünschen. Sie wollen arbeiten und Aufträge. Und sie fragen sich, warum die Kommunen nicht verstärkt Programm auflegen, um coronaverträgliche Kulturangebote zu machen. Etwa mit Freiluftprogrammen im Sommer. Das würde der Veranstaltungsbranche helfen. In einigen größeren Städten gibt es dies bereits, doch bisher viel zu wenige, um richtig Beschäftigung zu schaffen.
Exit ohne Schuldenberg
Das Ehepaar sorgt sich ernsthaft um seine Firma, und fürchtet, dass eine 20-jährige Aufbauarbeit möglicherweise bald zunichte gemacht wird. „Wir wollen unbedingt weitermachen und haben noch Mut“, sagt Conny Käfer. Ihr Mann nickt: „Diese Arbeit ist mein Ding, das macht mir Spaß.“ Die Hoffnungen liegen auf dem Herbst. Ein Durchhalten um jeden Preis wird es aber nicht geben. „Ich will hier aus der Firma raus ohne einen Berg von Schulden“, zieht Markus Käfer die Grenzlinie. Die Ausstiegsstrategie ist klar: Einen neuen Job suchen und die Halle vermieten. „Vor diesem Tag graut es mir“, gesteht Conny Käfer. „Wir haben hier soviel Energie und Herzblut reingehängt.“