
Ein Stammtisch über das Internet? Das kann doch gar nicht klappen, zumal diese traditionelle Form des Gastronomiebesuches doch von der Geselligkeit lebt, vom gemeinsamen Zusammensitzen an einem großen Tisch, mit Diskussionen, Streit und Lachen, gerne mit Bier und leckerem Essen. So muss das sein!
Dass das auch anders geht, zumindest vorübergehend, das beweisen derzeit die Mitglieder des Trommlerzuges der Glonki Gilde.
Bekannt ist der wilde Männerhaufen, wie sie sich selbst beschreiben, durch lautstarkes Blechtrommeln und stimmungsvolle Lieder während der Fasnet.
Am Freitagabend trafen sich die Trommler bereits zum dritten Mal in einer digitalen Videokonferenz, um zu quatschen, zu lachen und sich auszutauschen. Seit der Gründung 1935 hat der Stammtisch Tradition im Verein. Mittlerweile über zehn Jahre lang finden die Treffen in ihrem Domizil in der Turmstube im Ratskeller statt. Aktuell bleibt nur der Videochat, um Geselligkeit zu pflegen. „Das funktioniert erstaunlich gut“, bilanziert Zugführer Kevin Kempf die ersten Treffen.
„Allerdings nicht immer reibungslos“, spricht er die Technik an. „Wo ist Klaus?“, ist während der ersten halben Stunde am Freitag immer wieder scherzhaft von Teilnehmern zu hören, gefolgt von sachdienlichen Hinweisen wie: „Klaus, dein Mikro ist an!“ Doch Klaus antwortet nicht, noch nicht. Der Stimmung tut das keinen Abbruch, im Gegenteil. Wie in der Zeit vor Corona findet der Stammtisch im Netz immer am ersten Freitag im Monat statt.

Es geht um die Radtour des einen und um die Wanderung des anderen. „Schee wars.“ Eine Hochzeit ist Thema, der erneuerte TÜV eines Autos und Späße gibt es in Dauerschleife. Ganz wichtig: Wer trinkt gerade welches Bier und warum? Es zeigt sich, die Trommler sind da weltoffen. Sogar Produkte einer Brauerei aus dem nahen Schwabenland und aus Bayern sind vor den Kameras vertreten. Ihr Haus- und Hofgetränk werde aber noch immer 18 Kilometer weiter flußabwärts gebraut, verraten sie. „Prost.“

Bei der Premiere am 3. Aprill ging das so bis nachts um 3.30 Uhr weiter, berichtet Kempf. Fast acht Sunden waren das. Die Trommler können halt nicht nur Fasnet, sondern auch Stammtisch, traditionell und ganz modern. Eine Agenda gibt es dabei nicht. Besprochen wird alles, was gerade von Interesse ist. Ganze 20 Teilnehmer lockte das neue Format damals an, mehr als vor Corona. Einen Monat später sei der Redebedarf der knapp 15 Teilnehmer bereits gegen Mitternacht gestillt gewesen. Das sei eben ganz so wie bei echten Treffen. „Mal gibt es mehr zu bereden, mal weniger“, meint der Zugführer.

„Warum heiße ich jetzt Onny“, verzweifelt dann ein Nachzügler gegen 21 Uhr an den Einstellungen der Konferenzschaltung. Ein anderer ist plötzlich gar nicht mehr vor dem Bildschirm zu sehen. Bier holen? Toilette? Oder weil der SÜDKURIER anwesend ist? Die Antwort steht noch aus. Dafür ist Klaus mittlerweile vollständig zugeschaltet, mit Ton und Bild. Aus irgendeinem Wohnzimmer schallen Fernsehnachrichten in die Runde und der SÜDKURIER sendet nur noch ein Standbild ins Netz. Warum, ist nicht bekannt. Das ist auch nicht so wichtig, um Perfektion geht es hier nicht. Derweil setzt Werner Schweizer einen närrischen Akzent mit einem passenden Hintergrundbild in glonki-blau. Wieder verhindert die Technik, dass nicht mehr seinem Beispiel folgen.
Zum Ende unserer Besuchszeit beim lustigen Glonki-Treff kommt dann doch noch das Thema „zurück zur Normalität“ auf den Tisch, denn ganz können Bildschirme das echte Beisammensein nicht ersetzen. Einige Ideen für künftige Treffen kommen zur Sprache, nacheinander, denn mehrere Redner gleichzeitig verkraftet die Konferenzsoftware nicht. So ganz überzeugend sind die Vorschläge auch nicht, angesichts der noch geltenden Corona-Einschränkungen. Anfang Juli könnte daher vielleicht noch ein vierter Onlinestammtisch stattfinden. Schlimm? Nein. Doch hoffentlich ist es bald der letzte seiner Art, da sind sich die Online-Trommler bestimmt einig.