Mehrere junge Uracher setzen sich für ihren Ort ein. Ende Juni demonstrierten sie im Ortschaftsrat für den seit 2014 diskutierten Radweg, eine Anbindung an die Wasserversorgung Vöhrenbach und die Versorgung mit schnellem Internet. „Wir alle sind noch da, es könnten aber deutlich mehr sein“, betonen Dominik Laule und Manuel Pfaff. Die Politik tue nichts dafür, die Landflucht zu vermeiden.
„Das Thema Öffentlicher Personennahverkehr nehmen wir schon gar nicht mehr ernst“, sagt Mario Maier jüngst in einem Pressegespräch. Mit dem Rad sei man deutlich schneller am Arbeits- oder Studienplatz in Furtwangen, wohin die Mehrzahl der jungen Uracher geht. 45 Minuten braucht der Bus, die sportlichen jungen Männer und Frauen sind nach rund 25 Minuten mit dem Rad da, wobei die Mehrzahl sowieso ein Auto besitzt.
Teure Notlösung
Mindestens genauso wichtig wie der Radweg sind den jungen Bürgern aber andere infrastrukturelle Maßnahmen. Vor Jahren habe ein Mobilfunkbetreiber eine Notlösung in Sachen Internetanbindung angeboten, ein Funknetz, das hohe Bandbreiten versprach. Diese Notlösung existiert seit 2012, ist für die Kunden sehr teuer und wird durch erhöhte Nutzerzahlen immer langsamer. Kurioserweise, zeigt Jonas Laule auf, könne es sein, dass in Zeiten höherer Nutzung der eigentlich schnellere Part, der Download, bis auf 700 Kilobit sinke, während der Upload rund das zehnfache betrage – völlig unbefriedigend, vor allem in Zeiten des Lockdowns. Dazu koste die Funklösung richtig Geld – „bis zu 400 Euro pro Monat“, sagt er.
Auch Senioren betroffen
Die mangelhafte Infrastruktur sei auch ein Problem für ältere Leute. So seien diese schon für einen Arztbesuch auf Hilfe angewiesen. Landwirte benötigten schnelle Netzanbindung für ihre Anträge, die zumeist nur noch elektronisch möglich sind.
Den noch existierenden kleinen Firmen oder Selbstständigen könne keiner verdenken, wenn sie wegzögen. An Neuansiedlungen sei schon gar nicht zu denken. Homeoffice, Online-Vorlesungen oder Homeschooling seien in Urach praktisch unmöglich gewesen, da fast jeder während des Tages das Funknetz nutzen musste. „Wenn ich meinen Kommilitonen erzählt habe, dass ich nichts machen konnte, hat mir das keiner geglaubt“, sagt Manuel Pfaff.
Mitgliederschwund
Dabei sind die jungen Leute begeisterte Uracher. Dominik Laule konnte mit Lebensgefährtin Sophia Nobs sogar eine Städterin aus Bräunlingen von seiner Heimat überzeugen. Dennoch versteht er diejenigen, die nach dem Studium oder sogar schon nach dem Abitur das Dorf verlassen. Was aber wiederum auch die Vereine schädige, die unter stetem Mitgliederschwund leiden – „und Ehrenämter will keiner mehr übernehmen“, weiß auch Pfaff.
Zweckverband schweigt
„Fakt ist, dass es auf einer verlassenen Insel im Nirgendwo ein besseres Netz gibt als im hochtechnisierten Deutschland. Wir haben schon versucht, mit Herrn Cabanis vom Zweckverband Kontakt aufzunehmen, da kam bis heute keine Antwort, von der Bundesnetzagentur kamen vage Antworten, die das Elend nicht verbesserten. Wir wissen zu schätzen, was Bürgermeister, Gemeinderat und Ortschaftsrat tun und versuchen. Andere Dörfer machen uns Hoffnung, weil da schon etwas passiert ist. Sicher ist, dass hier in Sachen Infrastruktur in den nächsten Jahren viel passieren muss“, sind sich alle einig.
Sie wollen selbst anpacken
Sollte es an fehlender Grabkapazität scheitern, wären sie bereit, selbst tätig zu werden – nahezu jeder habe dazu die Möglichkeit. Dabei dürfe auch die Verlegung einer Wasserleitung nicht außer Acht gelassen werden. So manche Quelle sei durch den Klimawandel betroffen. „Und wenn schon gegraben wird, vergibt man sich nichts, wenn man auch eine Wasserleitung mit vergräbt“, sind sich die jungen Uracher einig. Am besten passiere das natürlich gemeinsam mit dem Bau eines Radwegs.