Fußball-Bezirksliga: Dieser Stürmer ist ein echtes Monster. Zumindest haben sie Austyn Adebayo Adefeyiju diesen Spitznamen beim SC Markdorf verpasst. So wirklich passt er allerdings nicht in allen Lebenslagen. Der 21-Jährige mag für Angst und Schrecken in den gegnerischen Strafräumen sorgen – und manchmal auch mit seinem für deutsche Zungen komplizierten Namen bei ungeübten Stadionsprechern. Ist das Spiel aber erst einmal abgepfiffen, verwandelt die Bestie der Bezirksliga sich in einen freundlichen, zuvorkommenden jungen Mann. „Er ist immer höflich und nie schlecht gelaunt“, sagt sein Trainer Daniel Schmid.

Drei Treffer des Angreifers Video: Pisa/Hasanmetaj

Kein Wunder, schließlich könnte es nicht besser laufen für den Nigerianer, der vor zwei Jahren als Flüchtling nach Deutschland kam. Mit 38 Treffern führt er die Bezirksliga-Torjägerliste an, seine Mannschaft hat die letzten 14 Spiele allesamt gewonnen – und nun kann der Knipser in der finalen Saisonphase mit seinen Toren sogar das Rennen um den Aufstieg in die Landesliga entscheiden.

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Am Samstag sind die Markdorfer zu Gast beim Tabellenführer FC Öhningen-Gaienhofen. Mehr Spitzenspiel geht nicht. Hier der lange souveräne Primus, dort das Team der Stunde, das sich seit der 3:5-Heimniederlage im Hinspiel von Rang neun bis auf den dritten Platz hochgekämpft hat. Natürlich ist der Sportclub jetzt heiß auf die Revanche. „Wir haben nichts zu verlieren, Öhningen-Gaienhofen schon. Die dürfen nicht patzen“, sagt Trainer Daniel Schmid. „Wir haben eine reelle Chance, zu gewinnen. Das 3:5 ist ein halbes Jahr her, wir haben seitdem viele Spiele zu null gewonnen und uns wahnsinnig weiterentwickelt.“

Die Defensive steht sicherer

Vor allem die Defensive steht nun wesentlich sicherer als noch im vergangenen November. Und vorne trifft dieses Markdorfer Monster mit einer furchteinflößenden Beständigkeit. Alle drei Tore im Hinspiel erzielte wer? Genau: Austyn Adebayo Adefeyiju, dem in dieser Runde gegen Steißlingen ein Fünferpack gelang und der am vergangenen Wochenende gegen Hilzingen viermal erfolgreich war. Dabei ist es nur einer glücklichen Fügung zu verdanken, dass er überhaupt für den SCM spielt.

„Ich wollte eigentlich nach Belgien und bin dann durch Zufall als Flüchtling in Deutschland gelandet“, sagt der 21-Jährige und lacht. Mit acht Jahren begann er in seiner afrikanischen Heimat mit dem Fußball, zwischenzeitlich spielte er in der dritthöchsten Liga Nigerias für den Rising Stars FC in der 700 000-Einwohner-Stadt Akure. Dort lebte er mit seinem jüngeren Bruder und seiner jüngeren Schwester. Weil er im Fußball sein großes Glück finden wollte, ging der Grafikdesigner nach Lettland, wo der an ihm interessierte Verein Probleme gehabt habe, wie Adefeyiju erzählt. Über weitere Umwege strandete er schließlich am Bodensee.

Ein echter Rohdiamant

Dass der Stürmer ein echter Rohdiamant ist, wusste Trainer Schmid schnell, als er die Mannschaft im Februar 2022 übernahm. Inzwischen hat der talentierte Angreifer einen noch besseren Schliff bekommen. „Er hat am Anfang viel allein gemacht und war noch nicht der Teamplayer, der er jetzt ist“, sagt der 42-Jährige über seinen Torjäger. „Austyn hat sich wahnsinnig gewandelt, macht ganz andere Laufwege.“ Schmid erinnert sich an ein Spiel gegen Salem: „Da hat er einen 60-, 70-Meter-Sprint nach hinten gemacht, um einen Konter zu zerstören. Die Defensive wäre ihm früher egal gewesen, er ist zum Teamplayer geworden.“

Während Adefeyiju selbst, auf seine Stärken angesprochen, nur Ausdauer und Selbstvertrauen nennt, kommt sein Trainer gar nicht mehr aus dem Schwärmen über den Modellathleten heraus. „Austyn ist nicht nur ein überragender Torschütze, sondern zieht immer mindestens zwei Gegenspieler auf sich. Damit schafft er Platz und Freiheiten für andere. Er ist unberechenbar, kann aus der Distanz schießen, und im Strafraum abschließen“, sagt der Lindauer. „Ich habe selten einen Spieler gesehen, der so einen Bums hat. Ich möchte kein Torwart gegen ihn sein.“

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Auch abseits seiner Qualitäten auf dem Rasen, erzählen die Markdorfer viel Positives über ihren „Kabinen-DJ“ aus Nigeria. „Ich schätze ihn sehr als Mensch. Austyn ist immer ehrlich und sehr offen“, sagt Daniel Schmid. Wann immer Adefeyiju gebraucht werde, sei er zur Stelle. „Wenn wir einen Arbeitseinsatz beim, Stadtfest haben oder im Training die Tore geschleppt werden müssen – er ist immer als Erster da“, fährt der Trainer fort. Der 21-Jährige wisse zu schätzen, was er in Markdorf habe.

Der Traum von einem höheren Level

Das sagt auch Austyn Adefeyiju: „Ich kann hier zur Schule gehen und Fußball spielen. Ich genieße jeden Tag. Mir geht es besser als je zuvor.“ Dennoch ist es gut möglich, dass er seine neue Heimat Markdorf bald wieder verlassen wird. Wenn ein Spieler so verlässlich Tore wie am Fließband erzielt, bleiben Angebote nicht aus. Und der Spieler selbst träumt davon, „auf einem höheren Level“ Fußball zu spielen.

Aber erst einmal will er mit dem SC Markdorf diese grandiose Rückrunde mit einem weiteren Sieg beim Spitzenreiter krönen. „Natürlich gewinnen wir in Öhningen“, sagt Austyn Adebayo Adefeyiju, das Monster mit dem entwaffnend-freundlichen Lächeln.