Herr Scheu, Sie haben einen perfekten Trainer-Einstand hinter sich. Der 7:2-Sieg beim Tabellenvierten Bietigheim-Bissingen ist nicht nur der erste Villinger Oberliga-Sieg nach der Winterpause. Es war auch der bislang höchste Saisonerfolg. Können Sie zaubern?
Nein, ganz sicher nicht. Auch wenn der Sieg viele FC 08-Anhänger freut, ist klar, dass auch andere Spiele mit Niederlagen kommen werden.
Sie sind erst seit einer Woche als Interimstrainer tätig. Was haben Sie vor dieser Partie am Samstag verändert?
Vielleicht etwas an der Taktik. Vielmehr konnte man in der kurzen Zeit nicht machen. Ich hatte in den Tagen zuvor sehr gute Gespräche mit den Spielern. Dem Mannschaftsrat hab ich meine taktischen Vorstellungen erläutert. Die Spieler haben gleich zugestimmt. Dass es dann so gut klappt, konnte keiner ahnen.
Auffallend war, dass es gegen Bietigheim-Bissingen fünf verschiedene Torschützen gab. Zuvor hatte in den vier Pflichtspielen nach der Winterpause lediglich Ibrahima Diakité getroffen. Gibt es für diesen Unterschied Gründe?
Ich habe versucht, den Spielern Mut zu machen. Sie sollen sich was trauen, auch wenn ein Torschuss mal vorbeigeht oder man einen Fehler gemacht hat. Ibrahima Diakité konnte nicht auf Dauer die alleinige Last des Toreschießens bei uns tragen. Irgendwann haben sich die Gegner darauf eingestellt.
Mussten Sie lange überlegen, als die Anfrage kam, ob Sie die erste Mannschaft des FC 08 bis Saisonende übernehmen wollen?
Alles entscheidend war die Meinung meiner Frau. Es war klar, dass ich den Trainerjob nur annehme, wenn sie zustimmt. Als meine Frau gesagt hat, dass ich es machen soll, habe ich zugesagt.
Und warum haben Sie sich dafür entschieden?
Es geht einzig und allein darum, dem FC 08 zu helfen. Es geht nicht um mein Ego. Ich bin ein Nullachter, deshalb werde ich auch alles reinwerfen, um unsere Ziele zu erreichen.
Sie waren bis vergangene Woche noch Trainer der Villinger A-Junioren. Wie würden sie die beiden Trainertätigkeiten vergleichen?
Der zeitliche Aufwand und der Druck sind jetzt wesentlich größer. Ich arbeite aktuell wie ein Vollprofi – das betrifft allerdings die Zeit und nicht die Bezahlung. Ich will mich in den nächsten Wochen von morgens bis abends für den Verein engagieren und 110 Prozent einbringen.
Wie viele Absteiger aus der Oberliga erwarten Sie und wie groß sehen Sie die Abstiegsgefahr Ihrer Mannschaft?
Ich denke, dass es maximal vier Absteiger gibt und bin überzeugt, dass wir nicht dazu gehören werden. Es ist aber auch klar, dass wir in der Tabelle die nächsten Wochen nach unten schauen müssen.
Am Samstag erwartet Ihre Elf zum Oberliga-Derby den 1. FC Rielasingen-Arlen und vier Tage später folgt das Verbandspokal-Halbfinale beim SC Lahr. Welche Partie ist aus Ihrer Sicht wichtiger?
Es sind natürlich beides wichtige Spiele. Wenn ich aussuchen könnte, wenn eines verloren und eines gewonnen wird, würde ich mich wahrscheinlich für einen Sieg im Pokalspiel entscheiden. In der Liga hat man die Chance, die Niederlage wieder gutzumachen. Im Pokal bedeutet es aber das endgültige Aus.
Nehmen wir an, Sie schaffen mit dem FC 08 den Klassenerhalt und werden Pokalsieger. Was sagen Sie, wenn Sie von den Verantwortlichen gefragt werden, ob Sie auch nächste Saison die Oberliga-Mannschaft trainieren werden?
Ich würde mit Nein antworten. Das wissen die verantwortlichen Personen schon längst. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, in einer anderen Position beim FC 08 Villingen tätig zu sein. Der Verein ist für mich ein schlafender Riese und ich will helfen, diesen Riesen aufzuwecken.