An der Uni Konstanz geht es für gewöhnlich recht entspannt zu um die Mittagszeit. In kleinen Grüppchen schlendern Studierende in Richtung Mensa, andere wärmen sich an der frischen Luft im Innenhof mit einem Kaffee.

Olivia Wenk dagegen muss ihre seltenen Besuche auf dem Gießberg eng takten. Zeit ist für sie ein kostbares Gut. Nur zwei Tage hat sie diese Woche, um sich auf ihr Fach Wirtschaftswissenschaften zu konzentrieren. Dann geht es schon wieder weiter für die 20-jährige Skifahrerin. Nächster Stopp: Garmisch-Partenkirchen.

Olivia Wenks erste Schritte auf Skiern in Meransen.
Olivia Wenks erste Schritte auf Skiern in Meransen. | Bild: privat

Seit einigen Jahren bestimmt der alpine Skisport das Leben der jungen Frau aus Schienen auf der Höri. An der Hochschule ist sie im ersten Semester, also ein blutiger Anfänger. Im Rennanzug hat Wenk jedoch schon so viel Erfahrung gesammelt, dass sie nun erstmals auf die Weltelite trifft.

Als Vorläuferin bei den Weltcuprennen in Oberbayern. „Wir sind da die Probanden für die Strecke, bevor die Profis starten“, erklärt Olivia Wenk, „ist die Piste sicher? Befahrbar? Bleibt sie stabil?“ Vier Einsätze sind geplant, zwei Trainings sowie am Wochenende Abfahrt und Super-G.

Olivia Wenk auf der Piste Video: privat

„Ich werde auf jeden Fall nervös sein vor dem Start“, gibt sie zu. Neben all den großen Namen ihres Sports zu stehen, ist nicht alltäglich. „Ich bin gespannt, wie die Weltcupfahrerinnen in natura sind und ob die Pistenverhältnisse anders sind als bei uns“, sagt Wenk. Ansonsten fährt sie bei Fis-Rennen, die sie selbst als „dritte Liga hinter Welt- und Europacup“ bezeichnet.

In Garmisch will sie am Rande des Rampenlichts einfach so auftreten wie im Training. „Im Kopf entspannt, technisch sauber, kein Risiko eingehen. Eigentlich kann ich ja nichts verlieren“, sagt die 20-Jährige, die sich trotzdem bewusst ist, dass sie erstmals vor den Augen der Weltbesten ihres Fachs ihr Können zeigen darf.

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Eine der prominenten Starterinnen kennt sie nicht nur aus dem Fernsehen: Ester Ledecka. Die Tschechin, die vor zwei Jahren als erste Sportlerin Doppel-Olympiasiegerin in zwei Disziplinen, Snowboard und Ski alpin, wurde. Zum Auftakt der aktuellen Saison gewann die 24-Jährige zudem die Alpin-Weltcup-Abfahrt von Lake Louise.

Als im vergangenen Jahr im gemeinsamen Trainingsgebiet der beiden der Lift von einer Lawine zerstört wurde, half Wenks Trainer Thomas Burda seinem tschechischen Kollegen beim Transport der Sportlerinnen den Berg hinauf im Schneemobil. Seitdem sind Ledecka und Wenk Trainingspartner.

Olivia Wenk (links) mit Ester Ledecka.
Olivia Wenk (links) mit Ester Ledecka. | Bild: Thomas Burda

„Das ist schon genial, gemeinsam mit ihr zu trainieren“, sagt Olivia Wenk, die sich so viel wie möglich von der ehrgeizigen Allrounderin abschaut. „Ich habe gemerkt, dass ich dank ihr selber schneller werde“, sagt Wenk.

Im Gegenzug gibt die Studentin der Olympiasiegerin Nachhilfe. „Im Herbst hat Ester mal erwähnt, dass sie Deutsch lernen muss für einen ihrer Sponsoren“, sagt Olivia Wenk. „Da habe ich vorgeschlagen, dass sie mir ab und an übers Handy schreiben soll und ich sie dann korrigiere. Sie hat sich schon stark verbessert, auch wenn wir uns nicht wie geplant jeden Tag schreiben. Dafür sind wir beide zu viel unterwegs.“

Olivia Wenk auf der Piste Video: privat

135 Schneetage waren es im vergangenen Jahr, rechnet die angehende Wirtschaftswissenschaftlerin vor, davon grob 60 Rennen. „An- und Abreise sind da noch nicht dabei“, sagt Olivia Wenk. Nach der Rückkehr aus Bayern bleibt ihr kommende Woche auch nur ein kurzer Stopp am Bodensee.

Wenn nach ein paar Tagen die Uni-Prüfungen geschrieben sind und die Wäsche zuhause trocken ist, geht es mit gepackten Koffern sofort weiter nach Berchtesgaden, wo Wenk ab dem 17. Februar bei den deutschen Nachwuchsmeisterschaften startet.

Olivia Wenk in Aktion, hier bei der Abfahrt in Sölden.
Olivia Wenk in Aktion, hier bei der Abfahrt in Sölden. | Bild: Oswald Auer

Ihr nächster Schritt auf der Karriereleiter ist der Europacup, sozusagen die zweite Liga unter dem Weltcup. „Dafür will ich mich auch in Garmisch-Partenkirchen empfehlen“, sagt Olivia Wenk. Dort wird sie auch als Vorläuferin, wie bei allen Rennen, erst mit jeder Menge Respekt im Starthaus stehen. Dann gibt sie sich auf der Piste ganz der Faszination der Berge hin und dem Rausch der Geschwindigkeit.

Olivia Wenk auf der Piste Video: privat

Und im Ziel denkt die 20-Jährige, wie immer: „Wow, geil. Da könnte ich gleich nochmal fahren!“