Geht ohne Geld nichts mehr im Amateurfußball?
Ganz so krass würde ich es nicht ausdrücken. Aber es beherrscht zum Teil schon die Szene. Und das ist eine Entwicklung, die mir Sorgen bereitet. Die wirklichen Werte im Amateurfußball gehen dadurch verloren.
Haben Sie selbst denn nie Geld erhalten in Ihrer aktiven Zeit?
Doch, schon. Ich habe höherklassig gespielt und zwischen 250 und 400 Euro im Monat bekommen. Dazu stehe ich auch, das war auch alles ganz offiziell. Es ist auch nicht grundsätzlich zu verteufeln, wenn ein Amateurfußballer Geld bekommt. Es kommt aber darauf an, wie hoch die Summen sind und wo die Zahlungen beginnen.
Ab welcher Liga wird denn gezahlt? Etwa schon in der Jugend?
Aus dem Nachwuchsbereich ist mir da nichts bekannt im Bezirk. Es gibt aber schon in der Kreisliga B Vereine, die mit Geld Spieler locken. Richtig losgeht es dann zum Teil in der Kreisliga A. Und dass Summen zwischen 1500 und 2000 Euro pro Monat für einzelne Spieler in der Bezirksliga fließen, ist nicht nur Gerede. Bis zur Verbandsliga geht es angeblich um Summen bis zu 2500 Euro monatlich.
Es tauchen immer wieder mal Gerüchte auf von Zahlungen abseits der offiziellen Wege. Gibt es den berühmten Schwarzgeldkoffer voller Geldbündel im Physioraum tatsächlich?
Das hört man immer wieder. Ich selbst habe das aber nie erlebt. Dass jedoch Handgelder gezahlt werden, dem einen oder anderen Spieler heimlich mal ein Hunderter zugesteckt wird, ist kein Geheimnis. Und es gibt auch noch andere Möglichkeiten, Spieler anzulocken.
Die da wären?
Nehmen wir mal an, ein Verein will einen Spieler unbedingt und möchte ihn besser bezahlen als andere, ohne dass das großes Aufsehen erregt. Dann ist er eben nicht nur Spieler, sondern auf einmal Jugendtrainer oder spielender Co-Trainer – nach außen, obwohl er gar nicht dem Coach hilft. Das ist besser zu verkaufen, als dem einen Spieler einfach mehr zu geben als den anderen. Denn das ist eines der größten Probleme, was Geld im Amateurfußball betrifft.
Das Ungleichgewicht?
Ja, genau. Das schafft Unfrieden. Ich bin der Ansicht, dass wenn überhaupt Geld fließen muss, in höheren Ligen mit größerem Aufwand beispielsweise, es gleichmäßig verteilt werden sollte. Fußball ist ein Mannschaftssport, man gewinnt zusammen und man verliert auch zusammen. Wenn ein Amateur besser gestellt ist als der andere, dann sind das oft Einzelkämpfer, Spieler, die heute das blaue Trikot tragen und morgen das gelbe, wenn der andere Club besser bezahlt. Und wenn das in unteren Ligen der Fall ist, ist es umso schlimmer.
Wieso?
In der Kreis- oder Bezirksliga beispielsweise sind die Fußballvereine oft fester Bestandteil des Dorf- oder Stadtlebens. Die gehören dazu, die Spieler sind bei Dorf-Festen dabei und helfen mit. Das funktioniert nicht bei einem Söldnerhaufen. Fragen Sie doch mal einen auswärtigen Kicker, der 1500 Euro oder mehr im Monat kassiert, ob er sich beim Vereinsfest an den Würstchengrill stellen könnte. Die Frage kann man sich meist sparen.
Sie haben in Ihrem Club viel mit jungen Spielern zu tun. Ist für die Geld ein Thema?
Bei uns im Verein nicht. Wer für uns spielt, bekommt nichts. Ganz einfach. Aber ich habe schon oft erlebt, dass junge Spieler sich bei uns vorgestellt haben, und die erste Frage war, wie viel denn gezahlt wird. Und für manch einen ist es gar unvorstellbar, die Kickschuhe anzuziehen, ohne Geld dafür zu bekommen.
Machen Sie diesen Spielern einen Vorwurf?
Nein, nicht wirklich. So manch einer, der zum Beispiel studiert, nutzt die Möglichkeit, sich durch sein Hobby etwas dazu zu verdienen. Das ist auch durchaus verständlich. Doch einige brauchen das regelrecht für ihr Ego. Da wird regelrecht geprahlt, wird wahrscheinlich auch etwas übertrieben, was die Summen angeht. Die fühlen sich dann wie die Profis, nach dem Motto, seht her, ich bin so gut, dass ich dafür bezahlt werde. Und das ist nicht gesund und aus langer Sicht sogar gefährlich für diese Vereine.
Wieso?
Wenn alle im Verein Geld bekommen, auch die Funktionäre, funktioniert das, solange der Sponsor das finanziert. Wenn aber nur die Spieler bezahlt werden, und die Helfer im Umfeld ehrenamtlich arbeiten, kann es schon passieren, dass die irgendwann mal den Bettel hinschmeißen und den Verein verlassen.
Ist es aus Ihrer Sicht ein Wettbewerbsnachteil, wenn einige Vereine in einer Liga mit dem Geld um sich schmeißen, um die besten Spieler zu holen, während andere Clubs ihren Kickern nichts bezahlen können?
Kurzfristig kann das schon sein. Mit einer zusammengekauften Truppe ist sicherlich Erfolg möglich, ein oder zwei Titel und Aufstiege vielleicht. Aber irgendwann ist Schluss, dann bricht das Kartenhaus zusammen. Wir haben das in der Vergangenheit ja schön öfter erlebt. Vereine aus dem Bezirk erlebten durch finanzkräftige Sponsoren den Höhenflug – bis der Absturz kam. Auf lange Sicht kann ein Amateurverein meiner Meinung nach nur Erfolg haben, wenn Sponsoren den Club unterstützen und nicht nur einzelne Kicker. Und wenn Vereine nur die erste Mannschaft im Blick haben, alle Mittel dafür investieren, aber keinen Wert auf Nachwuchsarbeit legen, geht das nicht lange gut. Irgendwann gibt es dafür die Quittung.