Olympische Spiele haben einen ganz eigenen Charme. Hier treffen Sport-Millionäre auf Amateure, die kaum Rücklagen auf dem Konto haben. Beim Hohefest des Sports bekommen Athleten eine Bühne, die in den vier Jahren davor und danach kaum einer registriert. Es sind die Tage der Sportromantiker, Tage, an denen die Emotionen mit einem durchgehen. Oder nicht? Irgendwie war in den vergangenen Tagen vieles anders, olympische Stimmung kam selten auf. Nicht in Peking bei den Aktiven, aber auch nicht bei den Fans zu Hause vor dem Fernseher. Und das hat Gründe. Wir haben uns bei Sportlern und Funktionären umgehört.
Paul Tinsel: „In Peking blieb der olympische Spirit auf der Strecke.“
Paul Tinsel, verantwortlich für die Rennmannschaft beim Ski-Club Konstanz, erklärte beispielsweise auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass er sich die Spiele nicht im TV angesehen hat. „In Peking blieb der olympische Spirit auf der Strecke“, findet der 26-Jährige. „Bei der Vergabe der Spiele hätte es schon einen Aufschrei geben müssen, dann ist China in den letzten Jahren wegen der Menschenrechte zunehmend mehr in den Mittelpunkt gerückt. Dazu kommen noch die Umweltsünden, die begangen wurden, um diese Spiele möglich zu machen.“ Die Winterspiele in Sotschi habe er noch stark verfolgt, auch Pyeongchang – obwohl diese beiden Orte auch nicht ganz unproblematisch waren, aber dort habe es zumindest mehr normalen Schnee gegeben.
Manfred Kuner: „Tomas Bach hat sich für die Chinesen fast schon korrumpiert.“
Manfred Kuner, der Präsident des Skiverbandes Schwarzwald, konnte sich dagegen durchaus für die Wettbewerbe begeistern. „Da ich nicht mehr berufstätig bin, habe ich bei vielen Wettkämpfen mitgefiebert.“ Der Schonacher ärgerte sich allerdings hin und wieder über TV-Kommentare, wenn diese die Leistungen der Sportler nicht angemessen gewertschätzt hätten. Kritische Worte gibt es in Richtung IOC-Präsident Thomas Bach. „Er hat sich für die Chinesen fast schon korrumpiert. Man sieht hier aber auch, dass Geld die entscheidende Macht im Spitzensport ist.“
Christoph Kessler: „Beim IOC sitzen oft fragwürdige Personen in oberen Positionen.“

Eine Einschätzung, die Christoph Kessler, 800 Meter-Läufer aus Donaueschingen, teilt: „Die Entwicklung, dass Großereignisse in Ländern wie China oder Katar stattfinden, zeigt, was in diesem Bereich vor allem zählt: Wer am meisten bezahlt, bekommt den Zuschlag, auch wenn bei anderen Orten die Wettkampfanlagen schon vorhanden sind. Beim IOC ist es nicht anders als in anderen Sportverbänden. Dort sitzen oft fragwürdige Personen in oberen Positionen.“
Roland Böhler: „Ich hoffe, dass die gigantischen Baumaßnahmen nachhaltig sind.“

Roland Böhler, Vater der ehemaligen Langläuferin und Olympia-Medaillengewinnerin Steffi Böhler und Ehrenmitglied im Skiclub Ibach, sieht ebenfalls manches kritisch: „Ich hoffe, dass die gigantischen Baumaßnahmen nachhaltig sind und die Sportstätten auch künftig genutzt werden. Schade natürlich, dass so wenige Zuschauer vor Ort sind“, so der 73-Jährige. Für die Sportlerinnen und Sportler seien Olympische Spiele das Größte. „Ein Boykott hätte nichts gebracht, obwohl mich auch die politischen Verhältnisse in China empören. Gewundert habe ich mich über das Taktieren von IOC-Präsident Thomas Bach. Da haben mir klare Worte gefehlt.“
Fabian Kaskel: „Ohne Publikum fehlt das Feeling.“
Fabian Kaskel, 18-jähriger Biathlet aus Bad Säckingen, der seine Wettkämpfe für den SC Todtnau bestreitet, bereitet sich derzeit als Sportsoldat in Todtnau-Fahl auf die Jugend-WM ab kommende Woche in Soldier Hollow in den USA vor. „Wenn wir morgens nicht auf der Anlage am Notschrei trainiert haben, habe ich mir die Wettkämpfe angeschaut. Als Sportler finde ich es schwierig, mich politisch zu äußern. Peking hat bei der Vergabe der Spiele den Zuschlag erhalten. Da haben wir Sportler keinen Einfluss. Problematisch ist, dass China keine typische Wintersport-Nation ist. Alleine deshalb kommt bei den Wettkämpfen keine Stimmung auf. Und ohne Publikum fehlt sowie das Feeling. Das spürst du schon am Fernseher.“
Thomas Burda: „Ich freue mich auf die Spiele in Mailand 2026.“
Das geht auch Thomas Burda von der Interessensgemeinschaft alpiner Rennsport Hochschwarzwald so. „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Winterspiele in Wintersportländern stattfinden sollten. Olympia hat seine Tradition, aber seit Sotschi kommen immer mehr Macht und Politik ins Spiel. Spiele dort auszutragen, wo diese schon mal waren und Wettkampfstätten erhalten sind, wäre mein Vorschlag“, so der 50-Jährige. Und weiter: „Was passiert in China nach den Spielen, gibt es dort weiter regelmäßig Wettkämpfe? Müssen Sportler noch mehr reisen, wenn 90 Prozent der Athleten aus traditionellen Wintersportregionen kommen? Nein, es reicht schon, dass wir zwischen USA und Europa pendeln müssen.“ Burda wünscht sich ein Zurück zu mehr Vernunft, langfristiger Planung und Nachhaltigkeit. „Ich freue mich auf jeden Fall auf die Spiele in Mailand 2026.“