Nach dem erneut frühen Ausscheiden der Nationalmannschaft in der Vorrunde einer Weltmeisterschaft analysierten Bundestrainer Hansi Flick und die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) die drei Spiele. DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke sagte: „Es war nicht alles schlecht, wenn du die ganzen Daten mal auswertest, aber am Ende war es auch nicht gut genug.“

Ein Wert, welcher bei der Auswertung mit Sicherheit herangezogen und interpretiert wurde, sind die so genannten „Expected Goals (xG)“. Was es mit diesem Fachbegriff auf sich hat und wie er in Bezug auf die DFB-Elf zu verstehen ist, möchte ich in der heutigen Kolumne thematisieren.

Was es mit den erwarteten Toren auf sich hat

Für alle, die lieber auf deutsche anstatt auf englische Begrifflichkeiten zurückgreifen, hilft die Übersetzung, welche schlicht und einfach „erwartete Tore“ lautet. Es handelt sich dabei um einen statistischen Wert, der herangezogen werden kann, um die Leistung einer Mannschaft zu bewerten.

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Im Fußballerjargon ist oftmals von einer „hundertprozentigen“ Torchance die Rede, also einer Tormöglichkeit, bei der man erwartet, dass der Angreifer mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Tor erzielt. Exakt dieser Gedanke liegt dem Expected-Goal-Modell zugrunde.

So wird der Wert berechnet

Für jeden Torabschluss wird berechnet, wie hoch die Chance auf einen Torerfolg ist. Bestimmt wird die Wahrscheinlichkeit beispielsweise durch die Entfernung und den Winkel des Schützen zum Tor sowie durch die Anzahl der Gegenspieler, die noch eingreifen können. Ein Elfmeter hat beispielsweise einen xGWert von 0,77, was bedeutet, dass ein Strafstoß zu 77 Prozent zu einem Treffer führt.

Hat ein Team zum Beispiel fünf Torchancen, die jeweils mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit zum Tor führen, würde der xG-Wert für diese Mannschaft über das gesamte Spiel gesehen bei 2,5 (fünfmal 0,5) liegen. Ob diese erwartbaren 2,5 Tore jedoch auch wirklich fallen, hängt selbstverständlich von der Chancenverwertung ab.

Die xG-Statistik der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar wurde selbst nach den Achtelfinal-Partien weiterhin von der längst ausgeschiedenen deutschen Nationalmannschaft angeführt, obwohl sie nur drei Spiele absolviert hat. Die Qualität der deutschen Torchancen hätte 10,4 Treffer in den drei Vorrundenspielen gegen Japan, Spanien und Costa Rica erwarten lassen.

Geschossen wurden jedoch nur sechs Tore, was den Chancenwucher verdeutlicht und einen der Gründe für das Ausscheiden offenlegt. Den zweitbesten Wert in dieser Statistik erreicht bislang Brasilien mit 9,5 xG und sieben tatsächlich erzielten Toren aus vier Spielen.

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Noch deutlicher wird der große Abstand zum deutschen Team, wenn nur die Vorrunde betrachtet wird. Da wies Frankreich mit 7,4 xG den zweitbesten Wert auf, agierte jedoch im Vergleich zu Deutschland mit sechs erzielten Toren deutlich effektiver.

Man darf gespannt sein, ob am Ende auch die Mannschaft Weltmeister wird, welche den höchsten xG-Wert hat oder ob die effizienteste Mannschaft den Titel holt. Sollte Letzteres der Fall sein, werden die Chancenverwertung und eine stabile Defensive zu den wesentlich Erfolgsfaktoren. Aspekte, an denen die DFB-Elf für die Zukunft dringend arbeiten sollte.