Radsport: – Für manches junge Mädchen liegt das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde. Diese Phase hat Miriam Oeschger längst hinter sich. Die 23-jährige Industriekauffrau aus Murg-Niederhof hat 2012 umgesattelt und ihr sportliches Glück auf dem Mountainbike gefunden. Und nicht nur das. Zum Jahresbeginn ging ein weiterer Herzenswunsch der Marathon-Bikerin in Erfüllung: „Erstmals fahre ich in dieser Saison in einem professionellen Team.“

„Herzlichst Zypern“ nennt sich die im Saarland beheimatete Equipe, die als Werbeträger für den Inselstaat im östlichen Mittelmeer unterwegs ist. Dass es sich lohnt, das griechisch geprägte EU-Mitglied als Sportlerin zu promoten, durfte Miriam Oeschger kürzlich selbst erleben. Beim zehntägigen Trainingslager lernte sie die neuen Biker-Kollegen ebenso kennen, wie Zyperns Schönheiten: „Baden am Nissi-Beach, einem der schönsten Strände Europas, und eindrucksvolle Bike-Touren rund um den Mount Olympos“, schwärmt sie von unvergesslichen Momenten.
Die Basis für eine erfolgreiche Saison der sechs Biker um die Deutsche Marathon-Meisterin Silke Ulrich (Eppelborn) und Sascha Schwindling, der mit seiner Frau Angela in St. Ingbert das Team leitet, ist also geschaffen. Entsprechend groß ist die Vorfreude von Miriam Oeschger auf den Marathon in Heubach. Dort ist erstmals das komplette „Herzlichst Zypern“-Team am Start.
Für die Niederhoferin ist das Rennen in Heubach allerdings nicht der erste Auftritt im neuen Trikot. Drei Tage nach dem Trainingslager fuhr sie auf Rang drei über 11,5 Kilometer bei der Fricktal-Trophy in Wittnau und am vergangenen Wochenende setzte mit dem Sieg über 48 Kilometer bei der 5. Schönbuch-Trophy in Herrenberg eine erste Marke.
Die sportlichen Perspektiven für Miriam Oeschger, die beim Waldhaus-Bikemarathon 2012 – an der Seite ihres Vaters Wolfgang – ihr erstes Rennen absolvierte, sind glänzend. Nach Abschluss ihrer Ausbildung hat sie sie Arbeitszeit leicht reduziert, legt den Fokus etwas stärker auf den Sport: „Jetzt bin ich jung, will meine Chancen nutzen“, schwingt sie sich lachend auf ihr neues Ghost-Bike, um noch ein paar Kilometer runter zu spulen: Karriere im Beruf kann ich immer noch machen.“
Training mit ihrem Freund Lars Reiniger
Oft ist sie auf den Höhen des Hotzenwaldes mit dem Bike unterwegs, oder entlang des Rheins – je nachdem, was ihr langjähriger Trainer Ulrich Theobald (Tübingen) in den Plan geschrieben hat. „Obwohl wir uns selten sehen, harmonieren wir sehr gut“, betont Miriam Oeschger, dass sie zwar vielfach allein, aber eigentlich schon lieber in der Gruppe trainiert. „An Wochenenden fahre ich manchmal mit den Bikern des RSV Trompeter Bad Säckingen.“ Optimal ist sei es, wenn ihr Freund Lars Reiniger, der künftig für „Orbea serpentine velosport“ fährt, Frühschicht habe: „Dann genießen wir es natürlich, gemeinsam zu trainieren.“
Weil sie Probleme am Knie bekam, tauschte Miriam Oeschger einst den Sattel – und hat’s nicht bereut. „2012 lief es schon bei der Premiere in Waldhaus prima. Wochen später wurde ich dann Dritte beim Ladies-Cup in Furtwangen, hinter Hanna Klein und Lena Wehrle.“ Spätestens jetzt war klar, welches Talent in dem Teenager schlummert.
Weil ihre zwei Jahre jüngere Schwester Magdalena nun ebenfalls aufs Rad stieg, entwickelte sich ein kleiner Oeschger-Rennstall: „Der Papa hat uns trainiert und die Mama übernahm die Betreuung“, erinnert sich Miriam Oeschger an die Anfänge: „Die Lizenz haben wir über den RSV Niederhof gelöst, der mich auch jetzt noch unterstützt.“
In der Folge versuchten die flotten Schwestern alles, einen Sponsoren-Pool aufzubauen: „Wir wollten ja gemeinsam im Team fahren und haben also Bewerbungsmappen geklebt, sie unter anderem bei der Eurobike in Friedrichshafen in großen Mengen verteilt. Es war anstrengend und mühsam, aber ich habe auch viel gelernt in dieser Zeit.“
Schnellste U23-Fahrerin beim der WM 2017 in Singen
Der entscheidende Moment in der noch jungen Karriere von Miriam Oeschger war die Marathon-Weltmeisterschaft 2017 in Singen. „Das war quasi vor der Haustür. Da wollte ich dabei sein“, erinnert sie sich noch gut daran, wie Sabine und Wolfgang Oschger mit ihrer Großen zuvor nach Houffalize fuhren: „Um bei der WM starten zu dürfen, musste ich eine Top-20-Platzierung bei der World Series vorweisen.“
In Belgien lief es optimal, Miriam kam als Vierte ins Ziel. Beim Rennen in Singen, die in der Nachbarschaft wohnende Sabine Spitz holte Silber, toppte Miriam Oschger ihre Erwartungen: „Auf Rang 28 der Gesamtwertung war ich die Schnellste der Jüngsten.“ Gäbe es einen WM-Titel für U23-Frauen, wäre er 2017 nach Niederhof gegangen.
Die Marathon-WM steht auch 2019 im Terminkalender von Miriam Oeschger. In Grächen, im Wallis, wird am 21. und 22. September um das Regenbogen-Trikot gefahren. Zwei Wochen zuvor steht Oeschger in Daun/Eifel bei den Deutschen Meisterschaften am Start.
Herausforderung Transalp im Juli
Dass sie die Belastung binnen 14 Tagen packt, ist für die zierliche Sportlerin keine Frage, denn die echten Prüfungen stehen in den Monaten zuvor an: „Im Juli fahre ich zum ersten Mal die Transalp, gemeinsam mit meinem Teamkollegen Philip Meiser. Danach werde ich Ausdauer genug haben“, deutet sie trotz aller Vorfreude viel Respekt vor den sieben Etappen zwischen Tux in Tirol und Molveno im Trentino an: „550 Kilometer und 18.580 Höhenmeter in sieben Tagen. Das wird sicher richtig heftig.“ Dagegen klingen die vier Tage beim Rothaus Bike Giro Hochschwarzwald vom 15. bis 18. August richtig harmlos.