Das muss man sich mal vorstellen. Da fährt ein junger Fußballer aus dem Südschwarzwald mit seinen Brüdern und dem Reporter nach Leipzig, weil ihn Athletiktrainer Ruwen Faller zu einem Besuch bei Bundesligist RB Leipzig eingeladen. Erst ist der junge Mann beim Abschlusstraining der Profis zu Gast, wird fast von jedem Spieler per Handschlag oder zumindest mit einem freundlichen Winken begrüßt.

Und 24 Stunden später, kurz nach dem mit 2:1 gewonnenen Bundesliga-Spiel gegen Eintracht Frankfurt, sitzt dieser junge Mann als Gast in der VIP-Zone der Arena und traut plötzlich seinen Augen nicht.

Nationalstürmer Timo Werner, der nach sieben Minuten zum 1:0 getroffen hatte, kommt zur Tür herein, sieht Kevin Simanowski in seinem Rollstuhl. Werner grüßt ihn nicht nur freundlich, sondern kommt zu ihm an den Tisch, klatscht ab und stellt sich zum Erinnerungsfoto.

„Du hast plötzlich das Gefühl, dass du die Spieler schon ewig kennst“, murmelt Kevin Simanowski in seinen Bart, denn immer mehr RB-Spieler kommen zum Foto vorbei.
Das Wochenende, das Athletiktrainer Ruwen Faller von RB Leipzig und SÜDKURIER-Sportredakteur auf die Beine gestellt haben, wird für Kevin Simanowski vom TuS Blumberg unvergesslich bleiben: „Das war mega – ich bin rundum glücklich. Es ist kaum zu glauben, was ich an diesen beiden Tagen hier erlebt durfte und was ihr für mich auf die Beine gestellt habt“, bedankt sich der 29-Jährige beim Abschied von Ruwen Faller und Leipzig von ganzem Herzen.

An diesen zwei Tagen rund um den Bundesligisten wurde Kevin Simanowski wieder der Fußballer, der er bis zu seinem schweren Arbeitsunfall im Oktober 2021 gewesen ist.
Im Stadion fiebert er mit, zuckt bei Chancen, applaudiert bei der Sieg rettenden Parade von Janis Blaswich, dessen Handschuhe er bekommen hat. Schon am Tag zuvor beim Abschlusstraining warf er immer wieder ein interessiertes Auge auf die Übungen der Torhüter, die auf einer Seite des Platzes separat trainieren.
Kevin Simanowski war selbst Torwart und so ist der spezielle Draht zum Schlussmann der Leipziger Profis durchaus zu spüren – auch für Janis Blaswich, der für Kevin mehr als nur die Handschuhe und ein freundliches Hallo übrig hatte. Er grüßte ihn fast wie einen Freund, was Kevin Simanowski sichtlich wohl getan und er den Rollstuhl unter sich fast vergessen hat.

Zwei Tage Fußball pur in Leipzig wärmten Simanowski das Kickerherz. Die Lähmung seiner Beine sind in diesen Momenten tatsächlich fast vergessen. Beim 2:0 von Emil Forsberg, der ihm tagszuvor noch das Leipziger Wetter erklärt hat, scheint es, als wolle Kevin vor Freude aus dem Rollstuhl springen.
Geht nicht – aber das ist in diesem Moment kein Thema für den Familienvater, der zu gern seine Familie mitgenommen hätte: „Es wäre schön gewesen, aber für meine Frau Nadine und mich wäre es ebenso wenig ein Vergnügen gewesen, wie für den sechsjährigen Elijah und seine kleine Schwester Loana.

Sie freuten sich zu Hause über Anrufe des Papas aus dem großen Stadion und über die Geschenke, wenn er mit seinen Brüdern Steven und Dennis wieder zurück in der neuen Wohnung ist Stühlingen ist.
Dann werden sie ihren Papa drücken und herzen und nicht genug von seinen Erzählungen aus Leipzig bekommen – und Kevin Simanowski hat nach diesem Wochenende einiges zu erzählen.