Juniorenfußball: – Hohe Wellen schlägt die Bestätigung des Südbadischen Fußballverbands (SBFV), dass das Kultus- und Sozialministerium in Stuttgart auch für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren einen negativen Corona-Schnelltest vor der Teilnahme am Fußballtraining fordern. Der SÜDKURIER hatte bereits vor Pfingsten über diese vom Sozialministerium eingeforderte Test-Pflicht berichtet. Zunächst hatte das für Sport zuständige Kultusministerium dem SBFV bestätigt, dass Fußballer erst ab dem vollendeten 13. Lebensjahr getestet werden müssten.

Das könnte Sie auch interessieren

In seinem Rückwärtssalto sieht das Kultusministerium indessen keine Verschärfung, wie es Sportverbände angesichts stark gesunkener Inzidenzen beklagen: „Zu der Zeit höherer Werte waren Tests in der Masse noch nicht verfügbar“, erklärt ein Sprecher. Nun stünden die Mittel zur Verfügung, würden also genutzt, um das Training sicherer zu machen. Dass diese Entscheidung für Vereine einen zusätzlichen Aufwand bedeute, dessen sei man sich bewusst, erklärt der Sprecher. Aktuell arbeite man deshalb an einer neuen Corona-Verordnung, die zumindest in organisatorischer Hinsicht etwas Abhilfe schaffen soll. So könnte eine unbürokratische Lösung sein, dass Schulen die von ihnen durchgeführten Tests bestätigen. Schüler könnten diese dann für das Training nutzen. Auch eine längere Gültigkeit der Tests sei denkbar.

Thorsten Szesniak vom JFV Region Rheinfelden: „Wie soll man einem Sechsjährigen erklären, dass er vor zwei Wochen mit höherer ...
Thorsten Szesniak vom JFV Region Rheinfelden: „Wie soll man einem Sechsjährigen erklären, dass er vor zwei Wochen mit höherer Inzidenz trainieren durfte – OHNE vorab zu testen – und jetzt bei stabil unter 50 muss man testen.“ | Bild: Scheibengruber, Matthias

Auf der Facebook-Seite von SÜDKURIER-Regiosport Hochrhein machen sich indessen zahlreiche Trainer und Funktionäre Luft: „Sorry, liebe Landesvertreter. Dieses Vorgehen kann man doch nicht mehr nachvollziehen. Wie soll man einem Sechsjährigen erklären, dass er vor zwei Wochen mit höherer Inzidenz trainieren durfte – OHNE vorab zu testen – und jetzt bei stabil unter 50 muss man testen. Das ist eine große organisatorische Mehrbelastung für Eltern, Kinder und Trainer. Ich glaube nicht, dass wir bei Außentraining mit Kindern eine Belastung oder Risiko für die Verbreitung des Virus sind“, schreibt beispielsweise Thorsten Szesniak vom SV Herten, der für die JFV Region Rheinfelden verantwortlich zeichnet.

Das gilt derzeit auf dem Fußballplatz

Jugendleiter Mario Flath vom SC Minseln überlegt gar, das Handtuch zu werfen: „Als Jugendleiter und jahrelanger Trainer im Jugendbereich war es für mich eine Ehre, für die Kids meine Freizeit zur Verfügung zu stellen“, kommentiert er: „Ich selbst hab‘s jetzt definitiv ebenfalls satt – meinem Verein werde ich noch die Meldungen der neuen Teams für die neue Saison machen und anschließend ist für mich definitiv Sense. Ich bin fertig und mag einfach nicht mehr dieses Kasperletheater fortsetzen, weil es mir immer schwerer fällt, den Kids und deren Eltern mit ruhigem Gewissen in die Augen zu schauen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Diese Entscheidung könne er nachvollziehen, antwortet ihm Markus Hitz, beim SV Jestetten tätig: „Vor einem Monat war ich nahe dran, nach jahrzehntelanger Mitwirkung in allen möglichen Funktionen insbesondere als Jugendtrainer, damit aufzuhören. Ich habe mich nun doch anders entschieden und mache weiter. Aber so, mit diesen Verantwortlichen in irgendwelchen Ministerien, ist es wirklich schwierig.“

Im Frühjahr noch ohne Test: Unbeschwert durften die E-Junioren des SV Jestetten zum Training auf den Platz. Obwohl die Inzidenzwerte im ...
Im Frühjahr noch ohne Test: Unbeschwert durften die E-Junioren des SV Jestetten zum Training auf den Platz. Obwohl die Inzidenzwerte im März noch über 100 im Landkreis Waldshut lagen, fragte seinerzeit niemand nach einem Test für Kinder über sechs Jahren. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Verzweiflung ob der Anweisungen wirkt bei Bernd Glasstetter, Trainer der D-Junioren des FC Tiengen 08, durch: „Vergangene Woche konnte ich noch mit 20 Mann ohne Test trainieren. Nun kam 1,5 Stunden vor dem Training die Nachricht. Weil sich keine Tests organisieren ließen, musste das Training ausfallen.“ Er ist der Meinung, dass sich Spieler im Freien unter Einhaltung der AHA-Regeln nicht anstecken würden: „Das haben zahlreiche Studien bewiesen. Hinzu kommt, dass die Spieler sich in ihrer Freizeit auf einem Bolzplatz ohne Beschränkungen treffen dürfen.“ Wie wichtig das Training für Kinder sei, hebt der langjährige Jugendtrainer heraus: „Aus meiner Erfahrung heraus sind 90 % aller Spieler derzeit körperlich katastrophal aufgestellt. Bereits nach einer Runde um den Platz können sie nicht mehr – haben Seitenstechen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Der beim SV Schwörstadt engagierte Ralf Stobbe hat – auch auf seiner eigenen Facebook-Seite – einen offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Theresa Schopper gepostet und bringt darin sein „Entsetzen, Erstaunen und vor allem Frust“ zum Ausdruck: Es brach mir fast das Herz, das Training absagen zu müssen. Nach monatelangem NICHTtrainieren haben wir Trainer und Verantwortliche uns riesig gefreut, mit den Jungs & Mädchen wieder zu starten. Dass sich Kinder ab 6 Jahren testen lassen müssen, um am Training teilzunehmen, kann und werde ich den Kindern nicht zumuten! Drehen Sie sich bitte schnellstmöglich wieder um und helfen Sie uns, besser und schneller wieder in den Alltag zu finden“, schreibt Stobbe.

Heftige Diskussionen auf Facebook: Auf der Seite von SÜDKURIER-Regiosport Hochrhein machen viele Trainer und Funktionäre ihrem Unmut Luft.
Heftige Diskussionen auf Facebook: Auf der Seite von SÜDKURIER-Regiosport Hochrhein machen viele Trainer und Funktionäre ihrem Unmut Luft. | Bild: Scheibengruber, Matthias

Einen offenen Brief schreibt auch Michael Rieple, Vorsitzender des JFV Region Laufenburg, stellte ihn dem SÜDKURIER zur Verfügung: „Tests für Kinder ab sechs Jahren sind für uns eine Katastrophe. Es zeigt uns, wie wenig auf uns geschaut wird.“ Mittlerweile habe der JFV mit Mitgliederschwund zu tun: „Es erreichen uns einzelne Abmeldungen, welche wir durch das stetige Hin und Her und den Frust nachvollziehen absolut können“, so Rieple: „Überall sinken die Zahlen, aber die Verordnungen werden für uns Vereine stetig massiver und undurchsichtiger.“

Michael Rieple vom JFV Region Laufenburg: „Tests für Kinder ab sechs Jahren sind für uns eine Katastrophe. Es zeigt uns, wie wenig ...
Michael Rieple vom JFV Region Laufenburg: „Tests für Kinder ab sechs Jahren sind für uns eine Katastrophe. Es zeigt uns, wie wenig auf uns geschaut wird. Überall sinken die Zahlen, aber die Verordnungen werden für uns Vereine stetig massiver und undurchsichtiger.“ | Bild: Scheibengruber, Matthias

Rieple weist darauf hin, dass es nicht überall möglich sei, einfach zu testen: Die Möglichkeit, dass sich jede Familie mit genügend Tests ausstattet und dann die Kinder ins Training schickt, sei nicht bei allen gegeben: „Vereine ermöglichen mit einem Jahresbeitrag zwischen 25 und 100 Euro auch Jugendlichen, die sich kein teures Hobby leisten können, die Möglichkeit zum Fußballspielen.“ Rieple sieht die Corona-Pandemie als Beschleuniger der Probleme in vielen Vereinen und appelliert an Politiker, sich dieser Sorgen anzunehmen: „Bitte interessieren Sie sich für unsere Missstände und Probleme. Es ist Zeit hinzuschauen.“