Für Profifußballer Kai Brünker und dessen Familie sind im März ganze 77 Tage voller Qual, Ungewissheit und Verzweiflung zu Ende gegangen. Denn am 9. März wurde der Leichnam von Brünkers Vater Dirk – früher selbst Fußballprofi – am Brigachufer in Donaueschingen aufgefunden. Seit 23. Dezember 2022 war der 61-Jährige vermisst worden.

Familie gibt sich Halt

Ziemlich genau fünf Monate später wisse Kai Brünker nicht so recht, ob er den tragischen Verlust bereits verarbeitet habe. „Das war eine sehr krasse Zeit für uns alle, die extrem viel Kraft genommen hat.“ Aber das Leben müsse weitergehen. „Es gibt gute Wochen und es gibt schlechte Wochen. An manchen Tagen geht es einem nicht gut, an anderen denkt man nicht so viel darüber nach“, gewährt der Ex-Stürmer des Oberligisten FC 08 Villingen einen Einblick in seine Gefühlswelt. In schweren Stunden helfe Brünker die gegenseitige Unterstützung, die er innerhalb der Familie erfahre – konkret meint er Partnerin Marina, das gemeinsame Töchterchen Alica, sowie seine Mutter und seine Schwester.

„Es hat mir viel gebracht, Fußball zu spielen. Ich konnte abschalten und habe in diesen Momenten nicht daran gedacht.“
Kai Brünker, über den Verlust seines Vaters

Durch den abrupten Verlust seines Vaters musste Kai Brünker feststellen, wie der wahrgemachte Traum vom Profifußball auf einen Schlag unwichtig wird. „Im ersten Training hatte ich gar keine Lust, Fußball zu spielen“, sagt er offen und ehrlich. Nicht zuletzt wegen des Zuspruchs seiner Freundin sei es ihm schließlich gelungen, aus dem Sport wieder Kraft zu schöpfen; sie habe gesagt, beim Mannschaftstraining dabei zu sein tue ihm bestimmt gut.

Abschalten beim Fußball

Und so sei es dann auch gewesen. Fortan sei es im Training erstaunlich gut gelaufen, Brünker habe Tore geschossen und ihm sei einiges gelungen. Es folgten unter anderem Startelfeinsätze im Februar gegen Holstein Kiel, St. Pauli und Hannover 96. „Es hat mir viel gebracht, Fußball zu spielen. Ich konnte abschalten und habe in diesen Momenten nicht daran gedacht“, erzählt der Mittelstürmer. Er ergänzt: „Einerseits wird dir bewusst, dass der Fußball total unwichtig ist. Aber auf der anderen Seite schätzt man es total, weil dich der Fußball auf andere Gedanken bringt.“

Neues Kapitel im Saarland

Jetzt ist der Blick von Kai Brünker gen Zukunft gerichtet. Und diese liegt nach seinem ablösefreien Transfer von Zweitligist 1. FC Magdeburg beim 1. FC Saarbrücken, der eine Klasse tiefer unterwegs ist. Für diesen Schritt habe er sich bewusst entschieden, denn das Gesamtpaket habe den 29-Jährigen überzeugt.

Kai Brünker im Trikot des 1.FC Saarbrücken.
Kai Brünker im Trikot des 1.FC Saarbrücken. | Bild: Andreas Schlichter

„Das ist ein absoluter Traditionsverein, in dem super Arbeit geleistet wird, mit vielen Fans. Ich kenne Saarbrücken von früher, habe schon gegen den Verein gespielt. Dort herrscht immer super Stimmung“, sagt er über die Beweggründe für seinen Wechsel. Darüber hinaus sehe er großes Potenzial innerhalb der Mannschaft. Und ihm sei wichtig gewesen, wieder auf mehr Spielzeit zu kommen. Den Auftakt in Liga drei bestreitet Saarbrücken am Sonntag, 6. August, ab 13.30 Uhr auswärts beim SSV Ulm 1846.

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Ihr altes Zuhause werden Kai Brünker und dessen kleine Familie vermissen. Immerhin bleiben die gewonnene Meisterschaft in der 3. Liga und der damit verbundene Zweitliga-Aufstieg 2021/22 in unvergesslicher Erinnerung. Ob Brünker seine bisher intensivste Zeit als Profifußballer beim 1. FC Magdeburg erlebte? „Intensiv waren viele Stationen, aber es war die bisher schönste und erfolgreichste Zeit in meiner Karriere. Ich habe vieles dazugelernt, das Team war super und es sind sehr gute Freundschaften entstanden. Dazu kommt der riesige Support der Fans.“

Abschied aus Magdeburg tat weh

Nach dem letzten Zweitligaspieltag der abgelaufenen Saison machte Brünker keinen Hehl daraus, dass er gerne in Magdeburg geblieben wäre. Er habe viele Menschen kennengelernt, viele Kontakte geknüpft. Und es habe sich heimisch angefühlt dort. Zudem habe er den Fußball unter Cheftrainer Christian Titz geschätzt. „Ich habe mich weiterentwickelt und vieles dazugelernt. Es bleiben viele schöne Erinnerungen“, lautet die Bilanz. Nun habe man sich voneinander verabschiedet, sei nach drei erfolgreichen Jahren im Guten auseinander. Der Verein habe Brünker einen Job bei der U23 – unter anderem mit Jugendtrainer-Tätigkeit – angeboten. Aber das sei ihm einfach noch zu früh gewesen. Er habe noch Feuer in sich, wolle ackern und Tore schießen.

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Deshalb also fortan Saarbrücken. Kai Brünkers Start dort verlaufe „echt gut“. Mehrere Vorbereitungspartien, darunter das Highlight-Spiel zum 120. Geburtstag im Ludwigsparkstadion gegen Borussia Mönchengladbach sowie die Begegnung mit dem 1. FC Nürnberg, absolvierte das Team. Je einen Treffer erzielte Brünker gegen die Fohlen und gegen den Club. Körperlich sei er in einer super Verfassung, aktuell habe er sehr viel Spaß. Seine Mitspieler habe er inzwischen besser kennengelernt, es bestehe ein lockeres Verhältnis untereinander. „Mit dem Trainer verstehe ich mich auch super, ich kann mich sehr gut mit seiner Spielidee identifizieren.“

Hungrig auf die Startelf

Welche Rolle er jetzt im Saarland einnehmen will? In den zurückliegenden Jahren habe Brünker seine Erfahrungen gesammelt – ob als zwischenzeitlicher Stammspieler bei Magdeburg in Liga drei oder in der Jokerrolle eine Etage höher. „Egal, ob von Anfang an oder von der Bank: Du hast immer die Möglichkeit, deine Tore zu schießen“, sagt der Angreifer. „Aber klar ist es schön, von Anfang an über volle 90 Minuten auf dem Platz zu stehen.“ Brünker schaue stets von Gegner zu Gegner, wolle immer zuerst das nächste Spiel gewinnen. Als Mannschaft müsse man Woche für Woche Vollgas geben und diszipliniert arbeiten, den Zug ins Rollen bringen.

In Saarbrücken haben Kai Brünker, Freundin Marina und die kleine Alica bereits eine Wohnung gefunden. „Wenn es gut läuft, fahre ich sieben Minuten zum Stadion. Und wenn es nicht so gut läuft, bin ich zwölf bis 15 Minuten unterwegs.“ Das sei in seiner alten Heimat Villingen in etwa die Distanz vom Wohngebiet Wöschhalde bis zum Friedengrund-Stadion, vergleicht er mit einem Schmunzeln.