Maximilian Richter, am 7. September erlitten Sie in der Partie Ihrer DJK Donaueschingen gegen den FC Pfaffenweiler einen Herzstillstand. Die wichtigste Frage: Wie geht es Ihnen jetzt?
Mir geht es gut soweit, ich habe keine Beschwerden. Auch die Schmerzen nach der Operation halten sich in Grenzen. Geistig bin ich voll da und auch körperlich wird es von Tag zu Tag besser.
Können Sie erklären, welchem Eingriff Sie sich unterziehen mussten?
Mir wurde ein subkutaner Defibrillator eingesetzt, so wie es bei dem dänischen Fußballprofi Christian Eriksen gemacht wurde, der bei der EM 2021 auch einen Herzstillstand bei Kammerflimmern hatte. In meiner Brust ist jetzt ein Defibrillator. Die Batterie liegt seitlich am Brustkorb, von der eine Sonde zum Herzen führt, die erkennt, wenn eine Herzrhythmusstörung vorliegt. Wenn der Defibrillator Kammerflimmern erkennt, gibt er einen Elektroschock ab, damit sich der Herzschlag wieder normalisiert.
Der Vorfall ist zweieinhalb Wochen her. Wie erinnern Sie sich an den Tag und an das Spiel?
Ich erinnere mich an alles bis zu dem Moment, an dem ich umgeflogen bin. Es war ein ganz normaler Tagesablauf, wie vor jedem Spiel. Jeder Fußballer hat seine eigenen Rituale. Ich habe gut gefrühstückt, mit meiner Familie, anschließend mit Freunden einen Kaffee getrunken. Nach dem Mittagessen bin ich zum Spiel. Es war alles normal. Ich habe mich fit gefühlt.
Dann kam das Spiel und die 8. Minute, in der Sie umgekippt sind.
Genau. Bis dahin ging es gut. Ich hatte auch zwei, drei gute Aktionen, war gut im Spiel. Und dann gingen auf einmal die Lichter aus.
Hatten Sie davor Schmerzen?
Gar nichts, ich habe nichts gemerkt. Hätte ich Schmerzen gehabt, hätte ich gesagt, ich spiele nicht und lasse mich untersuchen.
Nachdem Sie zusammengebrochen sind, wurden Sie reanimiert.
Ja. Mein Vater war direkt am Spielfeld. Er ist Arzt und hat direkt begonnen zu reanimieren, mit zwei weiteren Ersthelfern: eine weitere Oberärztin, die vor Ort war und der Torwarttrainer vom FC Pfaffenweiler. Bei ihnen möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal bedanken. Ohne sie wäre ich nicht hier.

Was ist das nächste, woran Sie sich erinnern?
Ich bin während der Reanimation kurz aufgewacht, das habe ich aber nicht so richtig wahrgenommen. Ich habe gesehen, dass Leute um mich herumstehen. Und dann hatte ich sogar eine Nahtoderfahrung, habe Licht um mich gesehen und war sphärisch auf einer anderen Ebene. Das sind die einzigen Sachen, an die ich mich erinnere. Anschließend erinnere ich mich erst wieder daran, als ich zwei Tage später im Krankenhaus aufgewacht bin.
Was haben die Ärzte gesagt? Gab es einen Grund?
Als ich aufgewacht bin, wusste ich direkt, dass sie es geschafft haben, mich zu reanimieren – ich musste mich nicht erst orientieren. Die Ärzte haben dann untersucht, ob sie einen Grund für das Kammerflimmern finden. Ich lag zehn Tage auf der Intensivstation und nach dem Einbau des Defibrillators noch zwei weitere Tage bis zur Entlassung auf Normalstation. Einen richtigen Grund für das Kammerflimmern konnte man, trotz vieler Untersuchungen, nicht feststellen. Die Konsequenz wäre aber so oder so ein Defibrillator gewesen.
Es gab viel Anteilnahme nach diesem Vorfall. Was haben Sie davon mitbekommen?
Ich habe erst einen Tag, nachdem ich aufgewacht bin, auf das Handy geschaut, als ich mich danach gefühlt habe – und das war eine Reizüberflutung. Das Handy ist gefühlt explodiert. Da kamen so viele Nachrichten rein, dass ich erst mal emotional wurde, weil ich mit der Situation überhaupt nicht klargekommen bin, dass mir so etwas in dem jungen Alter passieren konnte – und dass mir dann so viele Leute Nachrichten schreiben. Ich bin unglaublich dankbar, dass es so eine Anteilnahme gab, auch von Leuten, mit denen ich eigentlich gar nichts zu tun habe. Das hat mir auch eine gewisse Stärke gegeben.
Der Vorfall ist nicht lange her. Wie verarbeiten Sie das Ganze bisher? Geht das überhaupt?
In den zwei Wochen waren so viele Emotionen da, dass ich jetzt gerade emotionslos bin. Mir geht es gut, auch vom Kopf. Ich bin froh, dass ich gerade körperlich und geistig überhaupt da sein kann, das ist die Hauptsache. Es ist nur so, dass ich wieder Fußball spielen will. (lacht) Aber das ist, denke ich, wie bei jedem Sportler, der verletzt ist. Aber das braucht alles Zeit, und da helfen mir meine Familie, meine Freunde, mein Umfeld und der Verein, dass ich vom Kopf her stabil bin.
Da ist es auch ein großer Vorteil, dass Ihr Vater Arzt ist.
Sehr. Er hat mir das Leben gerettet, hat mich ungefähr 40 Minuten reanimiert. Ohne ihn hätte ich das nicht geschafft, und da bin ich ihm und den Ersthelfern unglaublich dankbar. Auch für den Prozess danach. Gerade bei Fragen im Alltag, wie ich mich verhalten soll und welche medizinischen Lösungsansätze es gibt. Da ist es wichtig, dass ich jemanden an meiner Seite habe, der sich damit auskennt – und das ist auch ein Privileg.
Am Sonntag waren Sie das erste Mal wieder auf dem Sportplatz in Donaueschingen. Wie war‘s?
Surreal. Das letzte Mal war ich so kurz vor dem Tod und jetzt sitze ich wieder dort. Es ist aber auch ein Gefühl von Freude, von Glück und von Stolz, wieder bei der Mannschaft sein zu können.

Haben Sie mitbekommen, wie die Mannschaft damit umgegangen ist?
An dem Tag, an dem ich beatmet wurde, war es den Erzählungen nach schon sehr emotional und die Anteilnahme auch sehr, sehr groß. Als sie die Nachricht bekommen haben, dass ich aufgewacht bin und dass es mir gut geht, da war auch bei ihnen Erleichterung da. Und auch von ihnen habe ich natürlich viele Nachrichten bekommen.
Sie haben schon Fußballprofi Christian Eriksen erwähnt. Sein und Ihr Beispiel zeigen, dass das jedem passieren kann. Was wünschen Sie sich, nachdem Sie diese schreckliche Erfahrung machen mussten?
Ich kann nur sagen, dass es für Vereine wichtig ist, sich einen Defibrillator zu besorgen, damit man in solchen Situationen schnell handeln kann. Und dass alle, auch diejenigen, die keinen Erste-Hilfe-Kurs haben, sich trauen zu reanimieren. Das macht Zeit gut und kann Leben retten.
Sie haben es bereits angedeutet, dass Sie wieder Fußballspielen wollen. Ist das realistisch?
Es ist davon auszugehen, dass ich das wieder kann. Es muss auch nur vom Kopf gehen, dass ich keine Angst habe, wieder auf den Fußballplatz zu gehen. Aber meine Mentalität ist von Natur aus so, dass ich mit Rückschlägen gut klarkomme. Ich hatte schon einen Kreuzband- und Meniskusriss, nach denen ich ein Jahr nicht kicken konnte. Jetzt war ich zwei Monate wieder fit, habe mich zurückgekämpft und jetzt wieder so ein Rückschlag. Aber man muss einfach weitermachen und das Beste daraus machen. Niemals aufgeben. Ich denke, dass ich das kann und dass ich wieder an meine Leistung herankomme. Das ist auch aus medizinischer Sicht wieder möglich. In der Rückrunde könnte ich vielleicht wieder spielen.
Hilft da so ein berühmtes Beispiel wie Christian Eriksen?
Auf jeden Fall! Das ist auch eine Motivation. Klar, er verdient sein Geld damit und er ist einer anderen Situation. Aber wenn man ein solches Beispiel hat, und man weiß, das funktioniert bei ihm, warum sollte es bei mir nicht auch funktionieren?
Wie geht es jetzt weiter für Sie?
Ich bin jetzt zwei bis drei Wochen in Reha. Vor allem möchte ich mich nochmals bei allen für ihren Einsatz und Anteilnahme bedanken. Das hat mir sehr viel Kraft gegeben.