Biathlon: Der Anruf erreicht Janina Hettich auf der Strecke zwischen Davos und Deutschland. Sie sitzt alleine im Auto. Das ist nicht etwa Corona geschuldet, nein, sie hat gar keine Möglichkeit, eine Fahrgemeinschaft zu bilden. „Das passiert mir oft, da ich zurzeit die einzige Schwarzwälderin bin, die an Lehrgängen mit dem Weltcup-Team teilnimmt“, lacht die 24-jährige aus Lauterbach.

Im Schweizer Nobelskiort bereiteten sich die deutschen Spitzen-Biathletinnen eine Woche lang auf die Wettkämpfe im Winter vor. Beim ersten Weltcup Ende November in Kontiolahti/Finnland will Janina Hettich unbedingt am Start sein. Zuvor muss sie sich noch gegen eine interne Konkurrentin durchsetzen, denn von den sieben deutschen Biathletinnen der Lehrgangsgruppe 1a dürfen nur sechs mit in den hohen Norden. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dabei bin“, sagt Janina Hettich.

Den Grund für ihre Zuversicht schöpft sie aus den zuletzt absolvierten Trainingseinheiten in Davos. „Ich habe das Gefühl, dass ich auf einem guten Leistungsniveau bin“, sagt Janina Hettich. Läuferisch war die Schwarzwälderin schon immer hervorragend. Nur mit dem Gewehr klappte in der Vergangenheit nicht immer alles nach Wunsch. „Deshalb habe ich im Sommer sehr viel an der Schießtechnik gefeilt und mir dadurch die nötige Stabilität geholt“, schildert die Biathletin ihren Trainingsschwerpunkt der vergangenen Monate.

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Die Arbeit zahlt sich aus und spiegelt sich in den Medaillen wider, die Janina Hettich Anfang September bei den Deutschen Biathlon-Meisterschaften in Altenberg holte. Gold im Einzelrennen und Bronze in der Verfolgung – klar, dass die Lauterbacherin „überglücklich“ war. Die Erfolge waren auch deshalb so wertvoll, weil die Titelkämpfe als Qualifikation für die Weltcup-Plätze gewertet wurden. Die Meisterschaften waren für die Biathletinnen außerdem ein guter Anhaltspunkt, wie es um ihre Form bestellt ist. Dass der Langlauf auf Skirollern ausgetragen wurde, schmälert für Janina Hettich die Bedeutung der Wettkämpfe keinesfalls. „Skiroller kommen den Langlaufski relativ nah.“

Mit den rollenden Brettern machte die Schwarzwälderin schon früh Bekanntschaft. Als sie zehn war, hatte ihr Vater der jungen Sportlerin zu Weihnachten Langlaufski versprochen. Da es in jenem Winter keinen Schnee gab, bekam die kleine Janina ein paar Roller, auf denen sie sich ausprobieren konnte.

Mit zwölf Jahren schloss sich das Biathlon-Talent dem SC Schönwald an, für den sie auch heute noch startet. 2014 machte sie im Skiinternat Furtwangen das Abitur, ehe es zur Sportfördergruppe der Bundeswehr nach Todtnau ging. 2015 startete die damals 18-Jährige bei der Jugend-Weltmeisterschaft in Minsk erstmals international. Dank ihrer Erfolge beim IBU-Juniorcup schaffte sie im vergangenen Winter den Sprung ins Weltcupteam und stand in Slowenien mit der Mixed-Staffel als Dritte zum ersten Mal auf dem Weltcup-Podest.

In diesem Winter muss sich Janina Hettich nicht erst lange an die Weltcup-Atmosphäre gewöhnen, sondern ist vom ersten Augenblick an dabei. „Im vergangenen Jahr war viel Neues dabei. Jetzt weiß ich, wie alles läuft“, sagt die Biathletin. Die gewonnene Erfahrung soll sich in den Ergebnissen niederschlagen. Ihr bislang bestes Weltcup-Einzelresultat mit Platz 23 dürfte nicht mehr lange Bestand haben. „Es soll schon noch ein paar Plätze nach oben gehen. Mein Ziel ist ein Platz in den Top 15.“ Und das möglichst oft. Schließlich wartet auch noch die Biathlon-Weltmeisterschaft vom 10. bis 21. Februar 2021 auf der slowenischen Hochebene Pokljuka.

Sollte Janina Hettich in die absolute Weltspitze vordringen, wird sie sich nach dem Winter vermutlich wieder einen Urlaub gönnen – so wie nach der Deutschen Meisterschaft, als sie zehn Tage auf Rhodos verbrachte. „Es war wenig los und wunderschön, mal wieder die Sonne zu genießen.“ Sonne hat Janina Hettich auch in den Bergen bisweilen zu Genüge – nur mit 30 Grad Celcius will es dort oben meistens nicht so richtig klappen.

Vor dem Weltcup-Auftakt verbringt Janina Hettich noch ein paar Tage zu Hause in Lauterbach. Von Freunden und Bekannten, ja, selbst von der eigenen Familie, hält sie sich so gut es geht fern. „Ich begebe mich in freiwillige Quarantäne. Am kommenden Freitag fliegen wir nach Finnland. Bis dahin will ich Kontakte nach Möglichkeit vermeiden.“ Corona soll bei ihr keine Chance haben.