Ball, Tore, zwei Mannschaften und ein Stück Rasen. Es braucht vermeintlich nicht viel, um ein Fußballspiel zu bestreiten. Doch immer wieder gerät in den Hintergrund, dass für einen geregelten und fairen Fußballbetrieb auch die Unparteiischen in den Schwarzen Trikots unersetzbar sind. Trotzdem scheinen sich immer weniger Menschen für das Schiedsrichterdasein zu interessieren. Aber ist das wirklich so? Der SÜDKURIER hat mit Tobias Doering gesprochen. Er ist Schiedsrichterobmann im Bezirk Schwarzwald und weiß, wie es beim Schiedsrichter-Nachwuchs in der Region derzeit aussieht.

Werbung hat sich gelohnt

27 Anmeldungen konnte der Verband für den Neulingslehrgang Ende Januar bisher verbuchen. „Da hat es sich tatsächlich gelohnt, dass wir aktiv Werbung betrieben haben“, erklärt Doering. Das seien deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Im Jahr 2021 beispielsweise waren es 15, also etwas mehr als die Hälfte. Im Jahr davor waren es 14, wovon schließlich sieben übrig blieben. In diesem Jahr hofft Doering darauf, dass nach dem Lehrgang wenigstens 20 bleiben. Doch die guten Anmeldezahlen trügen. Denn auch wenn dieses Jahr erfreulich ist, kompensieren sie eher den Wegfall an Schiedsrichterin aus den vergangenen Jahren. Insgesamt lässt sich sagen: „Im Moment ist die Tendenz so, dass die Schiedsrichter weniger werden“, erklärt Doering.

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Doch nicht nur die Werbung sei ein Grund für die guten Zahlen in diesem Jahr, wie Doering vermutet: „Die Vereine machen sich auch langsam Gedanken.“ Denn jeder Verein muss ein bestimmtes Soll an Spielen mit eigenen Schiedsrichtern abdecken können. Dieses bemisst sich daran, wie viele Aktiv- und Jugendmannschaften der Verein hat und in welcher Liga diese spielen. Wird das Soll unterschritten, bekommt der Verein eine Strafzahlung aufgebrummt. Leisten die Schiedsrichter des mehr Spiele, gibt es eine Prämie. Dass Vereine jedoch eine Strafe zahlen, statt belohnt zu werden, ist üblicher.

Anfang des Jahres bekamen die Vereine Post. 21 Vereine im Schwarzwald erhielten eine Belohnung, 44 hingegen mussten Geld an den SBFV überweisen. Eine Entwicklung, die laut dem Schiedsrichterobmann Doering langsam für ein Umdenken sorgt. Zum einen wegen der Strafen, aber auch, weil „Vereine gemerkt haben, dass sie vermehrt Eigenleitungen durchführen müssen“, so Doering.

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An jungen Schiedsrichtern, die vielleicht sogar noch selbst bei den Junioren spielen, mangele es aber nicht. Auch ältere Fußballbegeisterte finden den Weg in die Lehrgänge. Jedoch seien es die Jahrgänge dazwischen, die sich schwer für die Schiedsrichterei begeistern lassen. „Was uns elementar fehlt – und diese Schwerpunktgruppe suchen wir -, ist das mittlere Alter zwischen 35 und 50. Da ist der Bereich Schiedsrichter eine Alternative, wenn man als aktiver Kicker aufhört“, erklärt Doering.

Gründe kann es viele geben, warum das Schiedsrichter-Ehrenamt unattraktiver wird. Eines der Hauptprobleme sei aber die Herangehensweise vieler an diese Tätigkeit. Das Motto sei oft, „dass ich am Wochenende mal ein Spiel pfeife“. Doch Doering erklärt, dass mehr dazu gehöre, um das Schwarze Trikot zu tragen. Regelmäßige Weiterbildungen, Trainings, Hauptversammlungen. „Das ist den Jungen oft nicht bewusst“, so der Obmann. „Da fehlt die Bereitschaft, sich zwei Stunden an einem Abend in einen Lehrgang zu setzen.“ Und, um in höhere Ligen aufzusteigen, gehöre viel Schweiß dazu. Da sei es auch schwer, Leute zu finden, die selbst weiterhin spielen wollen.

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Noch können die meisten Spiele aber besetzt werden. Ohne die alt eingesessenen Schiedsrichter würde man so manche Liga aber nicht mehr besetzen können: „Wenn man sie nicht hätte, dann könnten wir beispielsweise die Jugend nicht mehr besetzen“, so Doering. Da viele der alten Schiedsrichter aber nicht ewig pfeifen können, wird das bald zum Problem. „Es wird so sein, dass uns in den nächsten fünf Jahren viele verlassen, da müssen wir von unten nachfüllen.“

Ständig in der Kritik

Doch auch wenn der Verband viel Werbung macht, gibt es Umstände, die ihm nicht gerade in die Karten spielen. Immer öfter scheint es Spielabbrüche zu geben, weil es auch zu Gewalt gegen Schiedsrichtern oder zwischen den Mannschaften untereinander kommt. Allein im Schwarzwald gab es in den vergangenen Wochen vor der Winterpause zwei Spielabbrüche. „Wir haben zwei Vorfälle gehabt, und die gerade dann, wenn wir vermehrt Werbung für Neulingslehrgänge machen“, sagt Doering. Hierzu werde man Maßnahmen ergreifen müssen. So werde es wieder vermehrt Platzordner geben, die sich auch beim Schiedsrichter vor den Spielen vorstellen müssen.

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Es ist aber auch die große Bühne, die Einfluss auf die Schiedsrichter-Basis hat. Gerade bei der kürzlich beendeten Weltmeisterschaft in Katar standen die Unparteiischen oft im Zentrum der Kritik. Tobias Doering stimmt zu, dass das auch im Regionalen zu spüren ist: „Definitiv. Was die Leute im Fernsehen sehen, spiegelt sich auch bei uns im Verband wieder. Da spielt auch der VAR eine Rolle. Da hat auch die Qualität abgenommen, weil die Schiedsrichter denken, dass sie da jemanden in der Hinterhand haben.“

Doch es geht auch anders herum, wie das WM-Finale gezeigt hat. Für Doering sei die Leistung von Schiedsrichter Szymon Marciniak ein absolutes Highlight gewesen und damit Werbung für die Schiedsrichter: „Was er im Finale geleistet hat, war absolute Spitzenklasse.“ Aus Doerings Sicht bleibt daher also zu hoffen, dass Leistungen wie diese im Gedächtnis bleiben und so der ein oder andere den Weg in die Lehrgänge für Neulinge findet.