Janina Hettich-Walz, noch einmal Glückwunsch zu WM-Silber im Einzel und der Bronzemedaille mit der Staffel. Wie ist Ihr Fazit zu der Biathlon-Weltmeisterschaft in Nove Mesto?
Sprint und Verfolgung liefen nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe – Einzel war dann überragend. Das zweite Wochenende hatten wir dann ein paar Probleme mit dem Material. Das wurde im TV ja genügend thematisiert. Wir hatten in Nove Mesto Verhältnisse, bei denen die Schere weit auseinanderging. Da hatten viele Länder Probleme, gutes Material zu finden. Wir haben uns dann trotzdem die Staffel-Medaille erkämpft und auch verdient gewonnen. Im Massenstart war ich leider nicht mehr ganz konkurrenzfähig.
Was bedeutet diese Silbermedaille im Einzel für Sie?
Für mich persönlich ist das der bis jetzt größte Erfolg meiner Karriere. Jeder träumt von einer WM-Einzelmedaille, aber nicht viele erreichen es – auch nicht in einer langen Karriere. Von daher habe ich eines meiner großen Karriere-Ziele erreicht. Es kommen natürlich immer neue Ziele hinzu, und man möchte so einen Erfolg wiederholen, aber das ist ein großer Traum, der in Erfüllung gegangen ist.
Würden Sie sagen, dass die vergangene Woche die beste Ihrer Karriere war?
Ja, ich denke, wenn man die Erfolge sieht, auf jeden Fall. Der Tag des Einzelrennens war sehr emotional, besonders die ein, zwei Tage danach. Zusätzlich die Medaille in der Staffel. Es war auch die emotionalste Woche meiner Karriere.
Der Dienstagabend vergangene Woche war Ihr Abend. Sie haben eine starke Laufleistung gezeigt, alle 20 Scheiben getroffen, das Material hat gestimmt. War das für Sie ein perfektes Rennen?
Wir hatten sehr gutes Material, und die Bedingungen waren auch ein wenig anders als am Wochenende. Es war ein bisschen kälter, die Strecke war vereister. Ich glaube, ich habe zum richtigen Zeitpunkt das perfekte Rennen abgeliefert. Nur Lisa Vittozzi war noch einmal eine Spur besser. Meine Laufzeit war an diesem Tag an meinem Optimum und dazu die 20 Treffer beim Schießen. Von daher kann man schon sagen, dass das ein perfektes Rennen war.

Wie konnten Sie gerade in diesem Moment so ein Rennen abliefern? Die Vorzeichen waren ja nicht gerade perfekt.
Ich habe nie aufgehört, daran zu glauben, dass ich das kann. Ich war diese Saison schon einige Male nah an einem Podestplatz dran, wo es dann an einem oder zwei Schüssen hing. Und ich habe versucht, einfach mein Ding zu machen und mich nicht darauf zu versteifen, dass jetzt gerade WM ist. Ich wollte es wie jedes andere Rennen auch angehen, Schuss für Schuss sauber abzuarbeiten, gut ins Rennen hineinzufinden – 15 Kilometer sind dann noch lang – und dann zu schauen, was das Energielevel hergibt. Und ich bin gut rein gestartet und konnte es dann auch noch so beenden.
Was ging in dieser letzten Runde in Ihnen vor?
Ich wusste, dass ich auf Medaillen-Kurs war, habe es aber in dem Moment gar nicht so richtig wahrgenommen. Bei der Hälfte der Runde habe ich mitbekommen, dass mir die Julia Simon im Nacken saß. Da hatte ich bei der Zwischenzeit noch zwölf Sekunden Vorsprung. Dann dachte ich, ich gebe jetzt einfach alles, damit mir das niemand mehr nehmen kann. Dann war ich einfach überglücklich, als im Ziel die 2 aufgeleuchtet hat.
Was ist Ihnen von dem Moment im Ziel am meisten in Erinnerung geblieben?
Zuerst einmal meine Ungläubigkeit. (lacht) Und dann die Reaktionen vom ganzen Team, von Betreuern, von meinen Kolleginnen. Da haben sich alle wahnsinnig gefreut. Das war auch für Team Deutschland sehr wichtig, dass da die erste WM-Medaille kam. Da waren die Emotionen riesig.
Es war die erste deutsche Medaille bei dieser WM. Danach war entsprechend viel los um Ihre Person. Was macht das mit Ihnen, konnten Sie den Erfolg überhaupt genießen?
Ich konnte es schon genießen. Ich hatte das Glück, dass ich nach dem Einzel drei Tage Pause hatte. Am Tag danach hatte ich auch trainingsfrei und konnte die Medaille genießen. Es hat mich gefreut, dass dann so viel Interesse kam. Bis ich meine ganzen WhatsApp-Nachrichten beantwortet hatte, ging es ein bisschen, aber es hat mich hauptsächlich gefreut, wie viele Leute mitgefiebert und Anteil genommen haben.

Wie viele Nachrichten waren es, und konnten Sie schon alle beantworten?
Mittlerweile bin ich auf dem aktuellen Stand. (lacht) Wie viele es waren, kann ich gar nicht genau sagen. Auf WhatsApp waren es locker über 150 Chats und dann noch auf Instagram relativ viele. Dort konnte ich die ganzen Anfragen gar nicht alle durchschauen. Da war schon was los.
Bisher war bei den Weltcup-Rennen immer jemand von Ihrer Familie dabei. In Nove Mesto war das nicht so. Ist das ein kleiner Wermutstropfen?
Nicht unbedingt. Gerade nach dem Einzel hatte ich so viel Programm und so viele Termine, da wäre ich gar nicht dazu gekommen. Und vom Deutschen Skiverband galt trotzdem, dass wir schauen müssen, dass wir uns nirgends einen Infekt holen. Da hatten wir klare Regeln, dass keiner ins Quartier kommt, der nicht dem Team angehört. Ich wusste also vorher, dass beim Einzel keiner da sein wird. Dafür waren am Wochenende spontan meine Eltern da.
Konnten Sie es auch im Nachhinein noch mit Ihrer Familie und Ihren Freunden feiern?
Das schon, da kann man dann schon mal darauf anstoßen. (lacht)
Sie haben es erwähnt: Es wurde im TV viel über das Material-Problem im deutschen Team gesprochen. Können Sie erklären, wie die Stimmung im Team über die WM war?
Die erste Woche war schwierig. Wir hatten am Montag eine große Teambesprechung, in der alle zusammengesessen sind und überlegt haben, wie man weiter kommt. Klar, dann kamen die zwei Medaillen im Einzel, dann war wieder ein bisschen mehr Ruhe drin. Da hatten wir auch Topmaterial. Aber am Wochenende ging es dann leider wieder in die andere Richtung. Ich denke, ich konnte sehr glücklich von der WM wegfahren, aber es gibt auch einige, die mit der Weltmeisterschaft nicht ganz so glücklich sind.
Ende Februar geht es in Oslo mit der Weltcup-Saison weiter. Was haben Sie sich für die letzten Wochen der Saison vorgenommen?
Ich will die Leistung auf jeden Fall noch einmal bestätigen. Ich würde gern in den restlichen Rennen noch ein Einzelpodest holen.