Susanne Gehrmann-Röhm

Bereits seit April läuft im Museum die Sonderausstellung zur Geschichte der Schaffhauser Wolle, und zwar in den ehemaligen Hallen der früheren Kammgarnspinnerei. Daniel Grütter, Kurator für Kulturgeschichte, führte die Besucher durch die Ausstellung, die die Erfolgsgeschichte der Schaffhauser Wolle aufzeigt. Es war 1867, als Rudolph Schoeller (1827 bis 1902) am Schaffhauser Rheinufer, dem heutigen Kammgarnareal, die erste Kammgarnspinnerei der Schweiz eröffnete.

Vom Stricken aus Not bis zum Stricken als Mode

In der Ausstellung ist eine Auswahl von Werbeplakaten zu sehen, die in der Zeit von 1924 bis 1989 von Schweizer Grafikern und Künstlern geschaffen wurden. Dazu sind Strickhefte und Bekleidung aus sieben Jahrzehnten zu sehen. "Die Strickhefte waren damals ein Verkaufsschlager", so Daniel Grütter. Auch habe es beim Kauf von Schaffhauser Wolle in den 1980er Jahren eine Art Rabattheft gegeben.

Nach Jahrzehnten angeordnet, bekommen die Besucher einen Eindruck über die Epochen, wie etwa den unbeschwerten Aufbruch in den 1920er Jahren, das Stricken aus Not in den 1930er Jahren, die tugendhafte Sparsamkeit in den 1940er Jahren und die Zeit der Hausmütterchen in den 1950er Jahren. In der Zeit der "Swinging Sixties" wurde die Mode dann auch zum Ausdruck politischer Botschaften.

1991 musste die Produktion eingestellt werden

Die Besucher konnten sich auch die Werbefilme anschauen, die in den späten 1980er Jahren gemacht wurden und mit dem eingängigen Slogan "Wulle Wulle Schafuuser Wulle" Werbung für das Wollknäuel machten. Doch auch das half nicht: 1991 musste die Produktion eingestellt werden. "Es wurde einfach nicht mehr so viel Wolle gebraucht", so Grütter.

Parallel zu der Ausstellung über die Schaffhauser Wolle zeigt das Museum in der Gerberstube eine kleine, aber feine Ausstellung mit "Knitting Art" von Madame Tricot, die eigens zum Familientag für einen Artist-Talk angereist war. "Wir fühlen uns geehrt", sagte Museumsleitern Katharina Epprecht.

Madame Tricot macht Wolle zum Kunstobjekt

Madame Tricot, in Paris aufgewachsen, lebt heute in Wil/Schweiz und zeigt einen Querschnitt ihrer 3-D-Objekte. Die Ärztin hat sich das Stricken autodidaktisch beigebracht. "Jetzt im Ruhestand lebe ich meine Berufung als Künstlerin", so die 72-jährige Madame Tricot, die im wahren Leben als Ärztin Dominique Kähler Schweizer praktizierte.

Sie liebt den meditativen Aspekt des Strickens mit den Händen. Deshalb ist Maschinenstricken auch nicht ihr Ding, wie sie im Gespräch zugibt. Auch komplizierte Muster, wie sie in Tüchern verwendet werden, könne sie nicht. Am liebsten gestaltet sie mit Wolle verderbliche Nahrungsmittel, gern Fleischiges oder auch schimmelige Sachen.

Ihre Botschaft ganz nebenbei: Weniger Fleisch essen und überhaupt weniger Verschwenden. Ein weiteres Thema sei Recycling. Beim 3-D-Strickkurs konnten Interessierte nachmittags dann eine Praline herstellen, garantiert ohne Kalorien, aber mit meditativem Aspekt.

Für Familien mit Kindern war auch der Pfalzhof ein Anziehungspunkt, denn dort waren Mutterschafe mit ihrem Nachwuchs zu sehen. Schafhalter Willi Wirz zeigte mehrmals die Schafschur, eine Prozedur, die in nur wenigen Minuten vonstattenging.

Schafhalter Willi Wirz zeigt eine Schafschur, die besonders die jüngeren Besucher anzieht.
Schafhalter Willi Wirz zeigt eine Schafschur, die besonders die jüngeren Besucher anzieht. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Der Familientag fand übrigens am weltweiten Stricktag, am Samstag, 9. Juni 2018, statt. Dieser Tag wurde vor 15 Jahren in den USA erstmals gefeiert. Er steht in der Schweiz unter dem Motto: "All you knit is love".