Nicht nur Touristen, auch Anhänger des FC Zürich haben den Romanshorner Hafen entdeckt. Sie haben sich jüngst auf der Innenseite der südlichen Hafenmole ausgetobt und deren Zinnen mit einem Schriftzug versehen, der das Revier der Zürcher markiert: „FCZ SÜDKURVE“ steht in großen Lettern geschrieben.

Die Hafenmauer ist nur eine Stelle, die beschmiert wurde: Auch an weiteren Orten prangen die drei Buchstaben „FCZ“. Am Hafen sind die Menschen sauer: „Wir haben einen historischen Hafen, der Touristen gefallen soll. Diese Krakeleien schaden der Allgemeinheit“, sagt ein Gastronom, der aus Angst vor Rache anonym bleiben will. Er ergänzt: „Diese Leute haben einfach keinen Respekt und keinen Anstand.“

Im gleichen Zeitraum, in dem die Schmierereien im Hafen entstanden sind, wurde in mehrere Schiffe der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt (SBS) eingebrochen. Mindestens eine vermummte Person drang nachts ins Kursschiff „Thurgau“ und in die Motorfähre „Romanshorn“ ein. Dies bestätigt auch die Kantonspolizei Thurgau auf Anfrage. Markus Wilda, Kommunikationsverantwortlicher der SBS, sagt: „Die vermummten Diebe haben aus den Schiffen gezielt Navigationsgeräte gestohlen.“

Was wollen die Diebe damit?

Der Ärger bei der Schifffahrt sei enorm, sagt Wilda. Einerseits sei der Aufwand sehr groß, um Ersatzscheiben für die älteren Schiffe zu bekommen. Die gestohlenen Geräte seien eigentlich wertlos für jemanden, der keine Kursschiffe fährt: „Es sind Tabletcomputer, die neu nur wenige Hundert Franken kosten. Die Software darauf und die Navigationskarten sind jedoch für uns wertvoll, weil es eine Heidenarbeit ist, die Sachen zu installieren und einzustellen.“

Dass die Einbrüche und die Schmierereien in einem Zusammenhang stehen, glaubt Wilda nicht. Dennoch ist er sauer: „Wir sind plötzlich mitten in einem Krieg von Fußballanhängern, die ihr Revier markieren. Das ist hinsichtlich unserer ohnehin schon angespannten finanziellen Lage einfach nur dumm.“

Dass es doch einen Zusammenhang geben könnten, davon sind indes mehrere Mitarbeiter der SBS und des Hafens überzeugt: „Es ist bekannt, dass mindestens ein Mitarbeiter der Werft enge Kontakte in die Szene des FC St. Gallen hat.“ Wilda will diesen möglichen Zusammenhang nicht kommentieren.

Die „Zürich“ wird verschont

Der Mitarbeiter der Werft, der mit einem Decknamen in der Szene agiert, sei beim FC Zürich bekannt, sagt auch ein Szene-Kenner des FCZ. Er äußert sich nur anonym. Dass die Hafenstadt nicht zufällig ausgewählt wurde für die Schmierereien der Südkurve, kommentiert er wie folgt: „Gewisse Kreise wollen gewisse Leute daran erinnern, wer die Nummer 1 der Schweiz ist.“

Zu den gestohlenen Navigationsgeräten sagt der Zürcher nur: „Vielleicht sagen die Namen der Schiffe ja etwas über die Täter aus?“ Tatsache ist: Das Motorschiff „Zürich“ wurde verschont von den Einbrüchen, obwohl es direkt neben der „Thurgau“ im Hafen lag.

Der Sachschaden bei den Einbrüchen belaufe sich auf einen vierstelligen Betrag, sagt Wilda. Die Kosten für die Reinigung der Hafenmole seien bedeutend höher: „Der poröse Sandstein hat die Farbe aufgesogen und müsste wohl für Tausende Franken abgeschliffen oder übermalt werden.“ Die Kantonspolizei Thurgau führt derzeit Ermittlungen in beiden Fällen durch.

Im Hafen sind an zahlreichen Stellen Überwachungskameras installiert. Bilder der Kamera zeigen einen vermummten Mann, der mit Handschuhen und Mütze am Hafen herumschleicht. Ebensolche Gartenhandschuhe liegen bei der mit blau-weißer Farbe beschmierten Hafenmole. Am Tatort sind weitere Spuren zu sehen: leere Bierdosen sowie Abfälle. Die Polizei kommentiert die Fälle vorerst nicht.

Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt wünscht sich von den Dieben und Chaoten nur, dass die Navigationsgeräte zurückgebracht werden. „Aber so viel Anstand wird die betreffende Person wohl nicht haben“, sagt Markus Wilda. Dass sich jemand meldet, um die Schmierereien wegzuputzen, hält Wilda für sehr unwahrscheinlich: „Die Schifffahrtsgesellschaft bleibt wieder einmal auf den Rechnungen und Umständen sitzen.“

Unterdessen wurden die FCZ-Malereien bereits wieder übermalt: Jetzt ist die Innenseite der Mole grün-weiß, die Farben des FC St. Gallen. Die dafür Verantwortlichen bemalten auch die amtlichen Hafenschilder mit grüner Farbe – was die SBS nun dazu zwingt, viel Geld für deren Reinigung in die Hand zu nehmen. Dass die Täter von Videokameras aufgenommen wurden, scheint ihnen entgangen zu sein.

Raphael Rohner ist Autor unserer Partnerzeitung ‚St. Galler Tagblatt‘.