Am nördlichen Rand des mittelalterlichen „Flecken“ Bad Zurzach ist eine Großüberbauung mit Tiefgarage geplant. Deswegen untersucht das Grabungsteam der Kantonsarchäologie aktuell die betroffene Fläche von rund 2000 Quadratmetern. In der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christus lag dieses Gebiet unmittelbar südlich von mehreren römischen, zeitlich aufeinanderfolgenden Militärlagern.
Hier lagen die Militärlager der Römer
Die Militärlager lagen hier an strategisch wichtiger Position und dienten unter anderem der Sicherung des Rheinübergangs von Tenedo (Bad Zurzach). Die Lager sind aufgrund mehrerer Ausgrabungen im Zusammenhang mit dem Bau der Nordumfahrung von Bad Zurzach in den Jahren 1982 bis 1987 und einer Ausgrabung im Jahre 1990 bekannt. Dort konnte man Teile der Befestigungsanlagen dieser Militärlager sowie Ausschnitte der Innenbebauung dokumentieren.
Auch eine zivile Siedlung ist belegt
Aufgrund von großflächigen Ausgrabungen zwischen 2004 und 2007 westlich des Schlossparks „Himmelrych“ in der Flur „Uf Raine“ ist erwiesen, dass dort zeitgleich zu den Militärlagern eine zivile Siedlung bestand. Auch nach der Aufgabe des Militärstützpunkts um die Mitte des ersten Jahrhunderts nach Christus wurde dort weiter gesiedelt, Handwerk und Gewerbe betrieben.
Seit November 2024 kommt mehr zum Vorschein
In den seit Ende November 2024 ausgegrabenen Feldern konnte auf einer Länge von rund 30 Metern das mehrphasige Spitzgrabensystem des südlichen Befestigungsrings der Militärlager dokumentiert werden.
In dichter Folge haben die hier stationierten Truppen offenbar mehrere, sich teilweise überlappende v-förmige Spitzgräben von rund drei bis vier Metern Breite und eineinhalb bis zwei Metern Tiefe sowie flache, u-förmige Sohlgräben ausgehoben. Gemäß den Auswertungsergebnissen aus dem Jahre 1994 gehört dieses Befestigungssystem zu mehreren sich ablösenden Hilfstruppen-Lagern von maximal rund 1,8 Hektar Größe.
Im unmittelbaren südlichen Anschluss an die Lagerbefestigung folgen zwei parallel verlaufende, rund ein Meter breite, v-förmige Gräbchen, bei denen es sich um Straßengräben einer rund fünf Meter breiten Straße handeln dürfte. Zeitgleich befanden sich südlich der mutmaßlichen Straße Gruben, Drainagegräben und einzelne Baustrukturen in Leichtbauweise.
Zahlreiche Münzen, Ausrüstungsgegenstände und mehr
Die Präsenz des römischen Militärs in der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christus manifestiert sich in zahlreichen Münzfunden, darunter vielen halbierten Exemplaren, sowie militärischen Ausrüstungsgegenständen. Dazu kommen zahlreiche Scherben von Keramikgefäßen, vereinzelte Scherben von Glasgefäßen, Tierknochen und einzelne Funde aus Eisen, Blei und Buntmetall. Zudem deuten Neben- und Abfallprodukte von Metallverarbeitung auf handwerkliche Aktivitäten hin.
Aber keine Hinweise auf eine spätrömische Besiedlung
Trotz der Entfernung von lediglich 250 Metern zum Verenamünster beziehungsweise 480 Metern zum spätrömischen Doppelkastell von Kirchlibuck-Sidelen bleiben Hinweise auf eine spätrömische Begehung oder gar Besiedlung bislang komplett aus. Auch mittelalterlich-neuzeitliche Besiedlungsspuren fehlen vollständig.
Bis zur Überbauung mit zwei Wohnhäusern und einer Gärtnerei im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts blieb das Gebiet offenkundig unbebaut. Direkt nördlich davon verläuft seit 1876 die Bahnstrecke Winterthur–Koblenz. Der im selben Jahr eröffnete Bahnhof von Bad Zurzach liegt östlich des Ausgrabungsareals.
Der Beitrag ist zuerst in der „Aargauer Zeitung“ erschienen.