Die Kantonsarchäologie führt seit Anfang Mai in der Kaiseraugster „Schürmatt“ eine Rettungsgrabung durch. Ein zwölfköpfiges Team untersucht den Grund nach Überresten der ehemaligen Koloniestadt Augusta Raurica, dokumentiert diese und sichert die Funde. Der Grund: Voraussichtlich im Spätsommer 2025 startet dort der Bau von drei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage und Unterkellerung.
Auf einer 1800 Quadratmeter großen Fläche
Die rund 1800 Quadratmeter große Fläche liegt außerhalb des alten Dorfkerns und tangiert die Nordwestunterstadt der römischen Kolonie Augusta Raurica und nachmalige Vorstadt des spätantiken Kastells. Da die betroffenen Parzellen seit der Antike unbebaut und lediglich landwirtschaftlich genutzt wurden, ist davon auszugehen, dass die archäologischen Hinterlassenschaften ungestört sind.
Die Grabung bringt die erwarteten Ergebnisse
Gemäß Grabungsleiter Jakob Baerlocher entsprechen die Fundergebnisse kurz vor Halbzeit der Grabung den Erwartungen, die man aufgrund der Sondierungen hatte. „Wir haben etwa zwei gut erhaltene Keller entdeckt“, sagt er. Dies seien eindrückliche Funde, auf die man nicht alle Tage stoße. Zudem hat das Grabungsteam eine römische Straße und Reste der angrenzenden Bebauung freigelegt.
Sie liefern ein Verständnis der Siedlungsstruktur
Die Befunde und Funde in der „Schürmatt“ ermöglichen ein vertieftes Verständnis der Siedlungsstruktur des Quartiers der römischen Stadt. Speziell an der Ausgrabung sei die Größe der Fläche, die man untersuche, sagt Baerlocher. „Dadurch bekommen wir einen Eindruck von der antiken Parzellierung, der Organisation der Grundstücke, wie sich das Quartier entwickelt hat oder wie der bewohnte Teil mit den dazugehörenden Hinterhöfen aufgeteilt wurde.“ Dies sei ein spannender Einblick in diesen Bereich der antiken Stadt, den man so noch nie hatte.
Die Bebauung stammt wohl vom Ende des 1. Jahrhunderts
Gemäß Baerlocher ließe sich der Beginn der Bebauung auf Ende des 1. Jahrhunderts datieren. „Die Siedlung dürfte bis ins 3. Jahrhundert Bestand gehabt haben.“ Jedoch zeugten viele Funde aus der Spätantike wie römische Münzen davon, dass die Römer das Areal auch nach Aufgabe der Häuser bis ins 4. Jahrhundert noch nutzten.
Welcher römische Kaiser hat die Münzen prägen lassen?
Im Gegensatz zu den freigelegten römischen Strukturen wie etwa Keller, Straße oder Brunnen, die durch den Neubau der drei Mehrfamilienhäuser dereinst zerstört werden, kommen die römischen Münzen in die Sammlung von August Raurica. Sie werden restauriert und datiert. „So lässt sich genau bestimmen, welcher römische Kaiser die Münzen prägen ließ“, so Baerlocher. Das Grabungsteam wird noch bis Ende März 2025 vor Ort sein.
Eine Führung an der Grabungsstelle
Ein Zelt über der Grabungsstelle schützt das Grabungsteam vor garstiger Witterung und ermöglicht auch im Winter das Fortführen der Arbeiten. „Dadurch sparen wir Zeit und Kosten“, sagt Baerlocher. Bereits am Mittwoch, 30. Oktober, findet um 18 Uhr eine öffentliche Grabungsführung statt, bei der die freigelegten Befunde präsentiert werden. Daneben werden die bisherigen Fundhighlights vorgestellt, die einen Einblick in das Alltagsleben der damaligen Bewohner und Bewohnerinnen von Augusta Raurica geben.
Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.