Die Hochrechnung der Schweizer Covid-Taskforce hat sich bislang nicht bewahrheitet. Zum befürchteten Anstieg der Zahl der Hospitalisierungen und der Intensivpatienten ist es bis jetzt nicht gekommen. Ob das ein Grund zum Aufatmen ist, darüber sind sich selbst Schweizer Experten uneins. Wie sich die Pandemie weiter entwickeln wird, scheint unklar. Nun hat der Bundesrat die zuletzt verschärften Maßnahmen bis Ende März verlängert.
„Ist das der Höhepunkt der fünften Welle? Wir hoffen es, aber wir wissen es nicht“, sagt Gesundheitsminister Alain Berset. „Wir müssen vorsichtig bleiben“, mahnt er. Auch deshalb hält der Bundesrat an den strengeren 2G-Regeln und 2G-Plus-Regeln fest, die erst im Dezember eingeführt wurden. Von weiteren Verschärfungen aber sieht der Bundesrat ab.

Die stark steigenden Infektionszahlen weisen darauf hin, dass das Expertengremium der Taskforce mit seiner Prognose richtig liegen könnte. Erwartet worden war, dass sich binnen einer Woche bis zu einem Drittel der Schweizer anstecken könnten mit der inzwischen dominanten Omikronvariante. Bis Ende Februar spätestens sollen sich mehr als die Hälfte der Schweizer mit dem Virus infiziert haben, wenn sie nicht schon geimpft sind.
Auch Berset geht davon aus, dass die Situation auch in den nächsten Wochen „angespannt“ bleibe. Innerhalb 24 Stunden infizierten sich mehr als 38.000 Schweizer, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei 2203,2 pro 100.000 Einwohner: der höchste Wert in zwei Jahren Pandemie. Seit deren Beginn haben sich 20 Prozent aller Schweizer mit Corona infiziert. Zum Vergleich: In Deutschland beläuft sich die Rate auf 9,8 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Die Auslastung der Schweizer Intensivstationen mit Covid-Patienten geht derweil trotz der steigenden Corona-Infektionszahlen wieder zurück, ist mit mehr als 28 Prozent aber immer noch hoch.
Neue Varianten möglich
Die Impfquote der Eidgenosse stagniert dabei weiter. Etwas mehr als 67 Prozent der Schweizer sind vollständig geimpft, knapp 35 Prozent haben eine Boosterimpfung. Weil das Virus insbesondere unter Ungeimpften zirkulieren kann, fürchtet die Aargauer Infektiologin Barbara Jakopp: „Damit steigt das Risiko für ungünstige Mutationen.“ Sie ist nicht überzeugt, dass die bislang mildere Omikron-Variante, die in der Schweiz vor allem Jüngere trifft, das Ende der Pandemie einläutet.
Viriginie Masserey, Covid-Expertin vom Bundesamt für Gesundheit, will die derzeit stabile Lage auf den Intensivstationen trotzdem nicht überbewerten. „Wir können annehmen, dass es Modellierungen sind, die sich nicht bewahrheitet haben. Aber wir müssen noch sehr vorsichtig sein. Wir wissen nicht, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickeln wird“, sagt sie. Die Lage könne sich schnell ändern.
Hohe Dunkelziffer
Schon jetzt kommt es vielerorts zu Testengpässen. Deshalb gilt bei den Tests nun eine Priorisierung für besonders gefährdete Menschen oder mit Symptomen, die Kontakt zu Infizierten hatten, für Senioren- und Pflegeheime und in den wichtigsten Infrastrukturen. Auch Menschen, die ein Testzertifikat brauchen, weil sie nicht geimpft sind, können dies weiter tun.
Das BAG geht schon jetzt von einer hohen Dunkelziffer aus, weil sich viele Schweizer selbst mit Symptomen nicht testen ließen. Dafür spreche, dass die Positivrate bei PCR-Tests teilweise über 50 Prozent betrage, erklärte Masserey.
Ob der von der Taskforce für Januar prognostizierte Höchststand der Infektionen schon erreicht ist, ist unklar. Die Meldeverzögerungen und die hohe Dunkelziffer lassen keine präzisen Prognosen zu. Diese hatte aber auch angekündigt, dass die Entwicklung stark davon abhänge, ob sich die Eidgenossen an die Maßnahmen hielten und Kontakte einschränkten.
Klarheit darüber wird es wohl erst in einigen Wochen geben – Anfang Februar will der Bundesrat die Lage erneut bewerten.