In Tiengen soll beim Pflegeheim Haus am Vitibuck bis in etwa zwei Jahren das erste stationäre Hospiz im Landkreis Waldshut entstehen. Deshalb wurde 2020 der Förderverein Hospiz gegründet. Dieser soll das jährliche Betriebsdefizit durch Spenden auffangen. Zu den Mitgliedern des Vereins gehören der Landkreis Waldshut sowie alle Landkreisgemeinden.

Blick über die Grenze in die Schweiz

Ebenfalls als Verein konstituiert ist Hospiz Aargau, bestehend aus dem Hospiz Stationär Palliative Care in Brugg, dem Hospiz Ambulant und dem Hospiz Trauertreff. Trauertreffs gibt es im Kanton Aargau insgesamt vier: in Bad Zurzach gegenüber Waldshut, Aarau, Brugg und ab dem 11. Januar 2022 in Rheinfelden. Das Hospiz in Brugg befindet sich auf dem Gelände des medizinischen Zentrums in der Innenstadt.

Was das Hospiz Aargau mit demjenigen in Tiengen gemeinsam hat, sind nebst dem Vereinsstatus die zehn Plätze. Den Unterschied macht die Finanzierung aus. „Wir sind immer zu einem Großteil auf Spenden angewiesen“, berichtet Dieter Hermann, seit sechs Jahren Geschäftsführer von Hospiz Aargau, außerdem Vorstandsmitglied im Dachverband Hospize Schweiz sowie im Gönnerverein Hospize Schweiz. Hermann, ein gebürtiger Deutscher, spricht von rund 2,3 Millionen Franken jährlichen Betriebskosten in Brugg. „40 Prozent generieren wir an Spenden“, sagt er. Hinzu kommen rund 40 000 Franken Mitgliedsbeiträge: Hospiz Aargau hat rund 1000 Mitglieder, der Jahresbeitrag für Einzelpersonen beträgt 40 Franken.

Dieter Hermann stellt klar: „Wir werden nie in den Bereich einer Vollfinanzierung kommen.“ Den drei anderen Hospizen in der Schweiz ergehe es gleich, sagt er. Auch sie landen bei jährlichen Defiziten von 40 bis 60 Prozent, auch sie müssen die Einnahmen überwiegend aus Spenden erwirtschaften. Krankenkassen, wie in Deutschland, steuern nur geringe Beiträge (circa 10 Prozent) im Rahmen von vergüteten Pflegeleistungen bei. Laut Hermann verfügt die Schweiz mit ihren 8,7 Millionen Einwohnern über insgesamt 41 Hospizbetten – für ihn ein nicht hinnehmbarer Zustand, denn der Bedarf an Hospizen nimmt zu.

Das Hospiz ist ein Komplettanbieter

Hospiz Aargau in Brugg versteht sich als „Komplettanbieter“. Konkret: Die zehn Plätze im Hospiz in Brugg bilden nur einen Teil des Ganzen. Dieter Hermann: „Wir haben einen ambulanten Entlastungsdienst und sind spezialisiert auf Nachteinsätze.“ Denn viele Menschen wollen zuhause sterben. Doch dafür braucht es ausgebildete Sterbebegleiter, die die Nacht bei den Patienten verbringen. „Wir unterstützen und entlasten die pflegenden Angehörigen zuhause, das ist ein kostenfreies Angebot für Betroffene“, so Hermann.

Kostenfrei ist auch ein anderer Baustein von Hospiz Aargau: der Trauertreff. Dieser soll ein Begegnungsort für trauernde Menschen sein, die beispielsweise einen Verlust in der Familie erlitten haben und sich in einem geschützten, mitfühlenden und vertrauensvollen Umfeld austauschen möchten. Dabei werden sie von ausgebildeten Freiwilligen auf dem Weg des Trauerprozesses begleitet. Die Teilnahme am Trauertreff ist kostenlos und erfordert keine Anmeldung. „Es ist kein therapeutisches Angebot, sondern ein Austauschangebot“, erklärt Dieter Hermann, „wir stellen das Podium und die Rahmenbedingungen zur Verfügung“.

Trauernde sollen ihre Wege selbst gestalten

Im Fokus stehen das selbstbestimmte Gespräch und der Austausch der Trauernden untereinander. Dadurch kann ein Trauertreff eine eigene Dynamik entwickeln, in die die Trauerbegleiter unter Umständen nicht eingreifen. Schließlich sollen die Trauernden ihre Wege selber gestalten.

An den bisherigen drei Trauertreffs, also auch in Bad Zurzach, sei der Bedarf vorhanden, berichtet Dieter Hermann. „Es gibt Personen, die seit mehreren Jahren die Trauertreffs besuchen“, weiß er, „und es haben sich daraus eigendynamisch unterstützende WhatsApp-Gruppen oder persönliche Beziehungen entwickelt“. Der neue Trauertreff in Rheinfelden hat ein eigenes Team aus Trauerbegleitern. Sie arbeiten auf ehrenamtlicher Basis. Die Idee, einen Trauertreff im Fricktal aufzubauen, ist nicht neu. Aber erst im Herbst 2021 ging die Saat auf, nachdem der Stadtrat von Rheinfelden seine Unterstützung signalisierte. Das Ergebnis: Hospiz Aargau darf den für den Trauertreff vorgesehenen Raum im Roten Haus nahe der Altstadt kostenfrei benutzen.

Der Trauertreff in Rheinfelden soll, wie es im Hospiz Aargau üblich ist, multikulturell agieren. Weder religiöse Gesinnung noch Staatsangehörigkeit spielen eine Rolle. Wer daran teilnehmen will, muss nicht unbedingt den Wohnsitz in der Schweiz haben. Auch Personen mit Wohnsitz in Deutschland sind willkommen.

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