„Impfzwang für alle? Nein“, Zertifikat nur mit Dauerimpfen? Nein“, „Massenüberwachung? Nein“ – so lauten drei Slogans der Initiative gegen im März getroffene Änderungen am Covid-19-Gesetz in der Schweiz. Die Kritiker befürchten dadurch eine indirekte Impfpflicht und immer mehr Macht für den Staat, die Bürger zu überwachen.

Am 28. November stimmen die Eidgenossen zum zweiten Mal über einen Teil des Gesetzes ab. Diesmal steht ein wesentlicher Teil auf dem Spiel: Wird die Gesetzesänderung abgelehnt, steht ein Großteil der Corona-Politik der Schweiz auf der Kippe. Ein Gutteil des Gesetzes stand schon im Juni zum ersten Mal zur Abstimmung – damals wurde es von 60 Prozent der Bevölkerung angenommen. Weil im März dieses Jahres zusätzliche Änderungen vorgenommen wurden, steht das Gesetz nun erneut auf dem Prüfstand.

Covid-Zertifikat steht auf der Kippe

In der Abstimmungsvorlage des Bundesrates ist die Kritik der Gegner wiederzufinden. Ein Dorn im Auge ist den Kritikern das Schweizer Corona-Zertifikat, was einem 3G-Nachweis entspricht. Einschränkungen gelten dabei nicht für Ungeimpfte, sondern nur für Bürger ohne Test-, Impf- oder Genesungsnachweis. Im September hat der Bundesrat die 3G-Regel eingeführt, Restaurant, Fitnessstudio oder Schwimmbad können nur noch mit Zertifikat betreten werden. Dabei gibt es bislang jedoch keine 2G-Regel wie in der Alarmstufe in Baden-Württemberg, in der Ungeimpfte vieles nicht mehr tun können.

Dennoch argumentieren die Kritiker des Gesetzes, das Zertifikat diskriminiere, weil man ohne Nachweis am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teilnehmen könne.

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Das derzeitige Schutzkonzept der Schweiz baut jedoch auf dem Zertifikat auf. Fiele das Zertifikat weg, ließe sich nicht mehr sicherstellen, dass Besucher geimpft, genesen oder getestet sind. Somit wäre der Bundesrat zu anderen Mitteln gezwungen, um die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern: „Je nach Entwicklung der Pandemie müssten ohne Zertifikat Großveranstaltungen mit Publikum verboten und allenfalls sogar erneute Schließungen geprüft werden“, heißt es in einer Stellungnahme des Rats zu den Folgen einer Ablehnung des Gesetzes.

Das Zertifikat erleichtert zudem das Reisen, denn es wird auch in der EU anerkannt, die Systeme sind kompatibel. Ohne Zertifikat wäre das Reisen in Nachbarstaaten um einiges schwieriger. Für die Einreise nach Deutschland etwa wäre dann in jedem Fall ein negativer Test nötig. Ausnahmen gibt es nur für Pendler und Grenzgänger.

Keine Quarantäne für Geimpfte

Einen Vorteil haben Geimpfte und Genesene mit der Gesetzesänderung vom März: Nach dem Kontakt mit einem Infizierten müssen sie nicht mehr in Quarantäne – genauso wie hierzulande. Die Kritiker empfinden das allerdings als diskriminierend. Die Befreiung von der Quarantäne sei medizinisch nicht begründbar, da Geimpfte trotzdem ansteckend sein könnten. Daraus entstehe indirekt ein Impfzwang, argumentieren die Gegner.

Kontaktverfolgung oder Massenüberwachung?

Die Kritiker stören sich zudem an der Gesetzesänderung, wonach der Bund die Voraussetzungen für eine schweizweite funktionierende Kontaktverfolgung schaffen soll. Dies schaffe die Voraussetzungen für „chinesische Zustände“ und komme einer „Massenüberwachung“ gleich.

Der Bundesrat hält dem entgegen, dass der „strenge Datenschutz gewahrt“ bleibe. Das Gesundheitsamt ermittelt im Fall eines positiv Getesteten Kontakte und schickt diese für zehn Tage in Quarantäne. Die Nutzung der SwissCovid-App hingegen ist freiwillig, damit können Menschen anonym gewarnt werden, persönliche Daten werden nicht gespeichert.

Folgen einer Ablehnung

Werden die seit März geltenden Änderungen abgelehnt, läuft dieser Teil des Covid-19-Gesetzes nach einem Jahr aus. Ab März 2022 könnten dann keine Zertifikate ausgestellt werden. Das Schutzkonzept in der Schweiz müsste neu konzipiert werden. Die Maßnahmen, die besonders scharf kritisiert wurden, etwa Schließungen von Gastronomie oder Freizeitangeboten, wären aber trotzdem möglich.

Nach einer Ablehnung aber sieht es derzeit nicht aus. Eine Mehrheit von 69 Prozent ist laut einer Umfrage von Tamedia von Anfang November für das Gesetz.