Essengehen wird im neuen Jahr teurer. Denn viele Wirte erhöhen die Preise. Als Grund geben sie neben der Inflation an, dass eine wichtige Steuervergünstigung zum Jahreswechsel weggefallen ist. Seit ersten Januar gilt wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Speisen im Restaurant, statt der bisher üblichen sieben Prozent. Der Steuernachlass war den Wirten im Zuge der Corona-Krise für eine Dauer von rund dreieinhalb Jahren eingeräumt worden, um die Härten der Pandemie abzufedern.
Nun ist die Krise vorbei, also endet auch der Steuerbonus. Die Branche will das indes nicht hinnehmen. Laut Branchenverband Dehoga werden viele Wirte die Steuererhöhung an ihre Gäste weiterreichen. Muss das sein? Der SÜDKURIER hat einen Blick nach Österreich und in die Schweiz geworfen.
Österreich: Keine Gastropleiten, trotz weniger Staatshilfen im Land der Kulinarik
Österreich gilt als Land der Kulinarik und des Tourismus. In einzelnen Bundesländern kommt dem Wirtschaftssektor, etwa aufgrund der hohen Bedeutung des Wintersports, eine überragende Bedeutung zu. Gastronomie und Tourismus sind hier systemrelevant. Daher kümmert sich die Alpenrepublik auch um ihre Wirte.
Speisen, sowie Milchgetränke werden in Hotels und Gaststätten zwischen Bregenz und Wien generell niedriger besteuert als in Deutschland, nämlich mit 10 Prozent. Nur bei normalen Getränken wie etwa Cola oder Alkohol langt der Staat stärker zu – und kassiert 20 Prozent Mehrwertsteuer, was dem Normaltarif in Österreich entspricht.
In der Corona-Krise hat Österreich ähnlich wie Deutschland seinen Hoteliers und Wirten unter die Arme gegriffen. Allerdings deutlich kürzer. Für die Dauer von eineinhalb Jahren galt zwischen Juli 2020 bis Ende Dezember 2021 „ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von fünf Prozent auf alle im Gastgewerbe verabreichten Speisen und ausgeschenkten Getränke“, wie es von der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKO) heißt.
Auch Hotelübernachtungen wurden damals billiger. Dieser „verminderte Sondersatz“ sei aber von vornherein nur eine krisenbedingte Ausnahmeregelung gewesen, sagte Thomas Wolf, Geschäftsführer des WKO-Fachverbands Gastronomie dem SÜDKURIER. Dass er dauerhaft bestehen bleibe, sei „nicht wirklich realistisch“ gewesen, gibt WKO-Mann Wolf zu. Die Kosten für den Staat seien einfach zu hoch.
Geschadet hat die Steuer-Wiederanhebung Österreichs Wirten übrigens nicht. Trotz der Rückkehr zu den alten, höheren Steuersätzen sind die Gastro-Pleiten in unserem Nachbarland zurückgegangen. Kein Wunder, denn den österreichischen Wirten gelingt es gut, die Steuer auf die Kunden überzuwälzen und den Preis der Speisen anzuheben. Daher gilt die Gastronomie auch als einer der Haupttreiber der Inflation in Österreich.
- Fazit: Österreich besteuert seine Gastronomen geringer als Deutschland, gewährte ihnen aber während der Corona-Krise auch nur deutlich kürzer Subventionen.
Schweiz: Niedrige Steuern aber keine Subventionen für die Wirte
Die Schweiz ist Niedrigsteuerland. Die allermeisten Steuertarife liegen deutlich unter den Vergleichswerten in der EU. Die allgemeine Mehrwertsteuer beträgt beispielsweise seit Jahreswechsel 8,1 Prozent, zuvor waren es 7,7 Prozent. Für die Gastronomie gibt es keine Ausnahmen. In Kneipen und Gaststätten gereichte Speisen und Getränke aller Art werden normal besteuert. Daran sei auch im Zuge der Corona-Krise „nichts verändert worden“, wie ein Sprecher der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) dem SÜDKURIER sagt.
In der Schweiz muss sich jeder erst einmal selbst helfen, wenn es eng wird. Dass auch in Wirtschaftskrisen grundsätzlich nicht subventioniert wird, liegt deswegen sozusagen in der wirtschaftspolitischen DNA des Alpenlandes.
Geschadet hat das den Schweizer Wirten nicht. Insbesondere in den Städten brummt die Gastronomie. Die Zahl der Mitgliedsbetriebe von Gastro-Suisse, der Gastronomie-Branchenverband in der Eidgenossenschaft, ist stabil. Nichts deute darauf hin, dass „eine hohe Konkurswelle anrollt“, heißt es vom Verband.
Im Gegenteil: Das Gastgewerbe erfreue sich an einem „anhaltend hohen Interesse“. Ein Grund mag auch die vergleichsweise geringe Inflationsrate von zuletzt 1,4 Prozent sein. Sie hält Essengehen für Schweizer im Inland erschwinglich und deren Appetit hoch.
- Fazit: In der Schweiz gilt: Niedrige Steuersätze und eine geringe Inflation wirken positiv auf den Appetit.
Vor-Ort-Verzehr: Warum ist Essen mitnehmen günstiger?
Es ist in der Gastronomie ein Riesenthema – die Frage, warum Essen im Restaurant höher besteuert wird, als wenn man es sich dort nur zubereiten lässt, mitnimmt und dann zu Hause verzehrt (Take-Away). In Deutschland gilt in diesen Fällen – also etwa für die Lieferpizza, die Pommes zum Mitnehmen am Kiosk oder die Selbstabholung in Schnellrestaurants – der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Auch in der Schweiz gibt es eine ähnliche Regel für die sogenannten „Über-die-Gasse-Verkäufe“.
Dagegen laufen die alteingesessenen Gastronomen seit Jahren Sturm. Sie fürchten nicht nur die Konkurrenz von Pommesbuden, sondern auch von Supermarktketten, die immer mehr zubereitete Speisen zum reduzierten Mehrwertsteuersatz im Programm haben, die sich die Kunden zuhause einfach nur aufwärmen müssen.
Wer die Mikrowelle anwirft, sitzt nicht mehr im Restaurant, so die Furcht der Wirte in Deutschland und der Schweiz. In Österreich gibt es übrigens keinen steuerlichen Unterschied zwischen Gerichten zum Vor-Ort-Verzehr und zum Mitnehmen. Eine „wettbewerbsverzerrende Benachteiligung des Konsums im Lokal“ gibt es in Österreich nicht, sagt Wirtschaftskammer-Geschäftsführer Wolf.
Warum wird Essen im Restaurant in manchen Ländern überhaupt anders besteuert als Essen im Supermarkt?
Dafür gibt es zwei Erklärungen. Eine sozialpolitische und eine rein steuerliche. Sozialpolitisch gesehen stellt der Einkauf von Nahrungsmitteln ein Grundbedürfnis dar. Und dieses wird nur moderat besteuert. Im Restaurant essen zu gehen, ist aus dieser Sicht Luxus und wird daher voll besteuert.
Der zweite Erklärungsansatz: Steuerlich betrachtet stellt Essengehen im Restaurant eine ziemlich komplexe Dienstleistung dar. Sie umfasst beispielsweise die Zubereitung der Speisen und deren Lieferung von der Küche an den Tisch. Aber auch der Platz wird dem Gast bereitgestellt, und er wird durch das Personal beraten.
Alles in allem ist das „Leistungsbündel im Restaurant“ deutlich größer als beim bloßen Kauf der Waren oder deren Lieferung nach Hause, wie es im Stuttgarter Landesfinanzministerium heißt. Daher werde im Restaurant auch höher besteuert.